Kultur

Überragend als Sängerin und Schauspielerin: Tamara Banjesevic als Figaros Verlobte Susanna. (Foto: Gerhard Schlötzer)

07.10.2011

Vermessener Figaro

Die Sommeroper Bamberg überrascht mit einer musikalisch exquisiten Version von Mozarts "Nozze di Figaro"

Das spätsommerliche Opernprojekt unter dem Kürzel SOB ist ein erstaunliches Phänomen: kein amateurhaftes Musikercasting, sondern in der vierten Edition ein durch und durch professionelles Opernunternehmen, das längst überregionale Aufmerksamkeit erregt. Dafür bietet Bamberg als Heimstatt der Bayerischen Staatsphilharmonie zwar die beste orchestrale Atmosphäre, doch das auf E.T.A. Hoffmann getaufte Einspartenhaus hat nun einmal keine nennenswerte Tradition für das Musiktheater.
Um so neugieriger sind Bambergs Opernliebhaber nun auf das, was die Biennale SOB als Resultat einer mehrwöchigen Opernwerkstatt auf die Bühne bringt. Wenn man bedenkt, dass das Ensemble aus Hunderten von Instrumentalisten und Sängern des internationalen Nachwuchses erkoren wurde, kann das erreichte musikalische Ergebnis kaum noch wundern, ja es reicht sogar für eine alternierende Doppelbesetzung auf identischem – nämlich exzellentem – Niveau.
Das galt in der Premiere von Mozarts Le Nozze di Figaro in erster Linie für das vielbeschäftigte Grafenpaar Almaviva (Sonia Saric und Jisu Park) und den quirligen Figaro Yoshiaki Kimura, aber ebenso für die durchwegs überzeugend besetzten Nebenrollen. Stimmlich und schauspielerisch überragte den Abend allerdings Tamara Banjesevic als meistgeforderte Protagonistin in der Rolle der Susanna.
Till F. Weser, der „Erfinder“ und musikalische Leiter der SOB, hatte einmal mehr ein Instrumentalensemble zusammengestellt und geformt, das den spezifischen Anforderungen des frühklassischen Orchesterklangs in idealer Weise gerecht wird. Bemerkenswert ist die Begleitung der Secco-Rezitative durch die fulminant in die Tasten des Hammerflügels greifende Flóra Fábri.
In einem auf das Musikalische fokussierten Projekt sind keine regietheatralischen Kraftakte zu erwarten. Gespielt wird in historischer Kostümierung, und Uwe Ölkers hat ein praktisches Einheitsbühnenbild mit überdimensionalen Zitaten aus der Mozartzeit hingestellt. Intendant Rainer Lewandowski sorgt für eine schlüssige und schnörkellose Inszenierung und verzichtet auf die sonst obligatorischen Gags. Bis auf einen gleich eingangs: Wenn Figaro in der ersten Arie die ihm und Susanna vom Grafen zugedachte Bleibe ausmisst, wendet er die gefundenen Maße keck auf die erwünschten Dimensionen eines in diesem Plot nicht unwichtigen Körperteils an. Spätestens bei „quaranta-tre“ mag man das für vulgär oder für wahrlich „vermessen“ halten, aber es hat natürlich einen Hintersinn, denn Graf Almaviva hatte das Etablissement ja bewusst für das Paar ausgewählt, weil ihre vorteilhafte Lage seine auf Susanna gerichteten erotischen Absichten begünstigt hätten.  (Martin Köhl)

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