Kultur

Raus aus dem Atelier, malen in der freien Natur: Die Franzosen hatten die impressionistische Malweise erfunden – die Künstler in München und Dachau zeigten, dass sie das ebenfalls konnten. Hier Arthur Langhammers „Nausikaa“ (Ausschnitt). (Foto: Verein Bildender Künstler München – Münchener Secession)

28.07.2017

Versuchsanstalt der Talente

Eine Ausstellung in Dachau erinnert an die Gründung der Münchener Secession vor 125 Jahren

Im Frühjahr 1892 gab es in der Münchner Kunstszene einen Eklat: 96 Künstler waren aus der Münchner Künstlergenossenschaft ausgetreten. Sie folgten damit einem kämpferischen Aufruf Ludwig Dills zum Widerstand gegen den reaktionären Stil der Genossenschaft: „Wir, die Künstler, wollen Herren in unserem Hause sein! Wir wollen uns nicht länger von malenden Juristen und Parlamentariern bevormunden lassen!“ Das von 19 Künstlerkollegen unterzeichnete Schriftstück führte am 4. April 1892 zur Gründung des Vereins Bildender Künstler Münchens: der Münchener Secession. Mit diesem Schritt leiteten die 107 Gründungsmitglieder – unter ihnen Maler, Bildhauer, Kunstgewerbler, aber auch Professoren der Kunstakademie – eine Revolution in der Kunstentwicklung im deutschsprachigen Raum ein. Die Vereinigung griff die von der Künstlergenossenschaft geförderte, dem Historismus verhaftete, etablierte akademische Malerei an. Besonders fürchteten die jungen Künstler, vielfach Landschaftsmaler, den Anschluss an die „Moderne“ zu verlieren, die sich weg von der Ateliermalerei aus der Freilichtmalerei französischer Landschaftsmaler hin zum Impressionismus entwickelt hatte. Als die Künstlergenossenschaft 1889 auch noch ausländische Maler von der jährlichen Kunstausstellung im Glaspalast ausschloss und München seine hervorragende Bedeutung als Kunstmarkt zu verlieren drohte, kam das Fass endgültig zum Überlaufen. In ihren Statuten vom 17. Juni 1892 lehnte die neue Künstlervereinigung, die „Versuchsanstalt der Talente“, jegliche stilistische Festlegung ab und beschloss die Internationalisierung des künstlerischen Austausches mit neuen Ausstellungsmöglichkeiten.

Vorreiter für Berlin

Bereits im Juli des darauffolgenden Jahres eröffnete die Münchener Secession im eigens errichteten Ausstellungspavillon die erste internationale Jahresausstellung mit Beteiligung skandinavischer, französischer und italienischer Künstler. Damit wurde den impressionistischen Tendenzen, später auch dem Jugendstil, Tür und Tor geöffnet mit beispielloser Breitenwirkung: 1897 entstand die Wiener und 1899 die Berliner Secession. In allen Kunstzentren Deutschlands bildeten sich nach diesen Vorbildern Künstlerbünde. Kein Wunder, dass auch Dachau mit seiner Künstlerkolonie zu einem wichtigen Treffpunkt der Secessionisten wurde. Allein zwölf der 19 Unterzeichner des Dills-Aufrufs hielten sich zum Malen dort auf und von den 96 aus der Künstlergenossenschaft Ausgetretenen war seinerzeit mehr als ein Drittel auch in Dachau tätig. Zahlreiche namhafte Künstler, die sich später der Secession anschlossen, waren ebenfalls mit Dachau eng verbunden. Darunter Leo Putz, Max Slevogt, Hans von Hayek und Max Feldbauer. So ist es nur folgerichtig, dass die Gemäldegalerie Dachau zum 125. Gründungsjahr der Münchener Secession eine Sonderausstellung mit Werken aus der Sammlung des Vereins veranstaltet. Die Präsentation umfasst mit ihrer Auswahl nicht nur die Gemälde der mit dem Dachauer Umfeld verbundenen Künstler, sondern auch Werke anderer Secessionisten wie Franz von Stuck, Albert von Keller, Wilhelm Trübner und Gabriele Münter. Die Positionen heutiger Mitglieder des „Vereins Bildender Künstler Münchens e.V. Secession“ waren bis vor Kurzem in der Neuen Galerie Dachau zu sehen. (Reiner Oelwein) Information: Bis 3. September, Gemäldegalerie Dachau, Konrad-Adenauer-Straße 3, 85221 Dachau, Di. bis Fr. 11-17, Sa. und So. 13-17 Uhr.

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