Kultur

Aus der fotografischen Schatzkiste des Kunstarchivs stammt auch diese Aufnahme von 1907, die den Umkreis des Satiremagazins "Simplicissimus" (mit Karl Arnold) zeigt. (DKA)

17.10.2014

Virtueller Ausstellungsbesuch

Das Deutsche Kunstarchiv feiert 50-jähriges Jubiläum mit einer Online-Präsentation seiner Schätze

Seit 2008 heißt es Deutsches Kunstarchiv, aber mit all seinen Vorformen ist diese zentrale Anlauf- und Archivierungsstelle für die Quellenforschung zur Bildenden Kunst schon ein halbes Jahrhundert alt. Und das feiert es am 22. Oktober im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg mit einem Rückblick auf die Zentralkartei deutschsprachiger Künstlerkorrespondenz, auf die Sammelstelle für private Nachlässe von Künstlern und Kunstwissenschaftlern sowie den Erwerb zahlreicher schriftlicher Nachlässe.
Der Blick geht an diesem Tag auch in die Zukunft: mit der Freischaltung der virtuellen Ausstellung Die Gesichter des Deutschen Kunstarchivs. Sie beinhaltet 460 der 33 000 Porträts von Kunstschaffenden, davon 4000 aus den Nürnberger Beständen, digitalisiert und durch zahlreiche Links höchst effektiv miteinander verbunden.
Seit 2007 ist Birgit Jooss Leiterin des Deutschen Kunstarchivs. Mit ihr hat die reale und die virtuelle Seite dieses Projekts einen Standard erreicht, der die Nürnberger Einrichtung neben entsprechende Institutionen in Marbach (Literatur) und Berlin (alle Kunstbereiche) stellt: „Wir gehören zum Forschungsservice des Germanischen Nationalmuseums“, sagt Jooss und verweist mit berechtigtem Stolz auf das „Exzellent“-Prädikat bei der letzten Evaluierung. Kunsthistoriker, Fachangestellte für Archiv und Medien, für die Betreuung des Lesesaals und Sekretärinnen gehören zum Team der Archivspezialistin Jooss, die 1391 Bestände auf laufenden 2, 86 Kilometern Regalfläche verwaltet und nutzbar macht: lauter Quellenmaterial zu kunsthistorischen Forschungen.

Zeitraubende Rechtsfragen

Der Zweck des Deutschen Kunstarchivs: „Wir halten schriftliche Nachlässe aus dem künstlerischen Bereich bereit, wir aquirieren neue Bestände, verzeichnen sie, halten sie für jeden, der ein berechtigtes Interesse bekundet, bereit“, skizziert Birgit Jooss. Eine kurze schriftliche Anfrage, die Formulierung eines Forschungsvorhabens genügen, dann werden die Archivalien im Depot herausgesucht und im Lesesaal vorgelegt.
Natürlich ist ein solches Archiv ein work in progress: Durchschnittlich 90 laufende Meter Archivmaterial werden jährlich angenommen. Allerdings können mit dem vorhandenen Personal nur 60 verzeichnet und bearbeitet werden.
In der Regel bekommen noch lebende Künstler oder ihre Erben für das überlassene Material kein Geld – dafür aber als Gegenleistung die sachgemäße Aufbewahrung und Aufbereitung. Mittel für einen besonders spektakulären Nachlass müssten von speziellen Sponsoren kommen: „Schließlich sind wir ja auch in der Lage, den Ruhm des Nachlassgebers aufrechtzuerhalten.“
Zwar gibt es in Akademien, Stadtarchiven, Stiftungen kleinere und lokal spezialisierte Archive, aber Nürnberg ist neben der Akademie der Künste in Berlin und dem Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels die wichtigste Einrichtung dieser Art. Besonders seit mit Beginn der Provenienzforschung ein besonders wichtiges Thema aufgegriffen wurde, das sich nur mit den Beständen aus vernetzten Archiven bearbeiten lässt. Die digitalisierte Kartei der Münchner Galerie Heinemann durch das Deutsche Kunstarchiv hatte hier wegweisenden Charakter. Deshalb ist das Kunstarchiv auch in verschiedene Netze weltweit eingebunden: in „koop litera“, nächstens in das „European art net“.
Nicht nur das Image des Archivs hat sich in den 50 Jahren geändert, auch das der Archivare: „Durch die Bank angenehme Menschen ohne Ellenbogendenken, serviceorientiert und keineswegs grau und verstaubt“, lobt Birgit Jooss ihr Team. Schade, dass sich diese benutzerbetonte Arbeit viel mit rechtlichen Problemen der Urheberrechte herumschlagen muss, wenn die 70 Jahre Schutzfrist noch nicht abgelaufen sind: Nichts kann ins Netz gestellt werden, wozu die Erben oder Rechteinhaber nicht ihre Einwilligung gegeben haben: „Die Klärung von Rechten ist ein ganz großer Teil unserer Arbeit, der zum eigentlichen Ertrag des Archivs ja eigentlich nichts beiträgt. Eine Art Abgeltungsgesellschaft könnte hier in Zukunft das Archivpersonal von unnötiger Arbeit entlasten.“
Zum Benutzerservice des Deutschen Kunstarchivs, auch darauf ist dessen Leiterin stolz, gehört auch eine gut besuchte Vortragsreihe, zuletzt mit der 25. Veranstaltung und einer Lesung von Briefen von Otto Dix.
Natürlich will man auch wissen, was es in letzter Zeit an prominenten Zugängen im Archiv gegeben hat: Emil Cimiotti, Johannes Grützke, Stefan Moses. Der neueste ist der Nachlass von Christian Wolters (1912 bis 1998), dem ehemaligen Leiter des Doerner-Instituts in München, das die Bestände der Bayerischen Staatsgemäldesamlungen restauratorisch betreut. (Uwe Mitsching) Die Ausstellung Gesichter des Deutschen Kunstarchivs wird am 22. Oktober freigeschaltet: www.gnm.de/dka Abbildungen (Fotos: DKA)
Eines der Motive, auf das man in der Online-Ausstellung stößt: das Ehepaar Maria und Franz Marc, fotografiert von Josef Pöhlmann um 1910. Die versierte Kunsthistorikerin Birgitt Jooss leitet seit 2007 das Deutsche Kunstarchiv. 

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