Kultur

Die Emily Fultz übernimmt die Rolle der Phaedra. (Foto: Peter Litvai)

11.04.2014

Wahnsinnige und Furien

Nach über 300 Jahren kommt Conradis "Ariadne" zurück

Ob er nach dieser Schönen und getreuen Ariadne bald wieder eine Barockoper dirigieren möchte? Am liebsten, antwortet Kai Röhrig, die anderen acht Opern von Johann Georg Conradi auch noch – wenn die nicht verschollen wären. Jetzt ist man in Passau, Straubing und Landshut erst mal gespannt, wie es mit dieser ersten europäischen Aufführung der Ariadne nach über 300 Jahren klappt. Komponiert wurde sie einst in Hamburg, wo Conradi Kapellmeister an der Oper war, bevor er in gleicher Position an den bayerischen Fürstenhof nach Oettingen ging und dort 1699 starb.

Vor der Schließung

Für das Niederbayerische Landestheater ist es die letzte Opernpremiere in den Stammhäusern, bevor das Passauer Theater für ein halbes Jahr wegen der Hochwasserschäden und das Landshuter wegen der Gesamtrenovierung auf unbestimmte Zeit geschlossen werden: Die Ausweichquartiere Nibelungenhalle oder Theaterzelt wird die Schöne und getreue Ariadne nicht mehr erleben.
Dass sie überhaupt auf dem Spielplan erscheint, ist Kai Röhrig zu verdanken: Monteverdi und Händel hat man schon erfolgreich ausprobiert, jetzt setzt er auf die deutsche Barockoper. Von Conradis Ariadne hat er sich eine kanadische CD-Aufnahme besorgt, die niederbayerische Skepsis war schnell verflogen angesichts Röhrigs Begeisterung – „auch der Regisseur war Feuer und Flamme.“ Kein Wunder, denn Jonathan Lunn aus England ist eigentlich Choreograf und freut sich über die vielen Balletteinladen bei Conradi.
Der Barockboom lebt – und Röhrig ist stolz, mit Conradi „einen durch und durch bayerischen Komponisten aus dieser Zeit“ vorstellen zu können. Obwohl er selbst aus Oberhausen stammt und seine Musikleidenschaft in Köln geweckt wurde: Inzwischen aber ist er im Niederbayrisch-Salzburgischen zuhause, 1. Kapellmeister der Niederbayerischen Philharmonie, Lehrer am Salzburger Mozarteums, er war Kapellmeister am Landestheater Salzburg, macht die Kinder-Entführung für die dortigen Festspiele und Gastspiel-Ausflüge an den Mattsee, nach Korea und in die alte Heimat.
In Passau/Straubing/Landshut darf er machen, was ihm liegt: eine Weinberg-Erstaufführung, einen Sciarrino und ein Kafka-Ballett nach Musik von Schnittke und Gorecki. Oder eben jetzt diese barocke Mischung aus extremer Tragik in Wahnsinns- und Furienarien, „feinen, innigen Nummern“ und mit vielen Buffo-Elementen. „Conradi, das ist kein abgekupferter Lully, sondern eine Mischung aus Französisch, Italienisch, Deutsch mit vielen Ensembles, extrem farbig gesetzt“, sagt Röhrig.
Allerdings: Auf „Naxos“ spielt diese Ariadne nicht – sie bleibt zuhause auf Kreta. Es ist ein Liebes- und Intrigenstück. Am Ende steht Theseus nach seinem Labyrinth-Abenteuer zwischen zwei Frauen, und Ariadne zwischen zwei Männern. Für Theseus waren sie und ihr Faden nur Mittel zum Zweck, und er macht sich mit Phädra davon – Ariadne bleibt zurück und nimmt den Mann, dem sie versprochen war.
Heute sieht man darin auch eine gute Portion Psychologie. Deswegen lässt Jonathan Lunn Siegmund Freud mitspielen. Der darf sich für das mythische Ende dann in den Gott Bacchus verwandeln. Und weil das finale Liebesduett nur ein paar Takte lang ist, gibt es noch eine barocke „Masque“ als lustvolles Finale: „Da kommt man optisch richtig auf seine Kosten. Denn das Stück ist prall von Liebe, Komik und Intrige, da muss es die Aufführung auch sein!“
Deswegen freut sich Röhrig auch über eine „kompetente Continuo-Truppe“, die der Opernetat mit Theorbe, Laute, Violone erlaubt hat – und auch noch einen Gast-Konzertmeister, der dem Orchester die richtigen Barocktöne beibringt. (Uwe Mitsching) Premieren in Passau/Straubing/Landshut am 12./22./25. April.

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