Kultur

Einfach tierisch: Julia Maria Dan, Tareq Nazmi. (Foto: Wilfried Hösl)

15.06.2012

Weichgespülter Alptraum

Janáceks "Schlaues Füchslein" am Cuvilliéstheater München

Es ist schon ärgerlich, wenn sich zwei Opernhäuser in einer Stadt nicht austauschen. Nur so ist es zu erklären, dass nun in München gleich zwei Neuproduktionen von Leo Janáceks Oper Das schlaue Füchslein zu sehen sind. Am 19. Juni hebt sich der Vorhang im Prinzregentheater, wo das Gärtnerplatz-Theater wegen der Sanierungsarbeiten gastiert. Für seine jetzige Premiere ging hingegen das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper ins Cuvilliéstheater. Immerhin gibt es einen Unterschied: Im Cuvilliéstheater dirigierte Christopher Ward eine Bearbeitung für Kammerorchester von Jonathan Dove. Sonst aber fiel der Startschuss für den skurrilen Münchner Premieren-Wettbewerb dürftig aus.


Geklotzt, nicht gekleckert


Zwar ist es lobenswert, dass die Bayerische Staatsoper für ihren Sängernachwuchs nicht kleckerte, sondern klotzte: Schon auf der Stammbühne am Nationaltheater hatte Regisseur David Bösch inszeniert. Allerdings wurde er mit diesem Stoff nicht wirklich warm, obwohl sein Ansatz durchaus gut war. Statt ein nettes Märchen zu zeigen, in dem die Tiere menschlicher sind als die Menschen, wollte Bösch einen Alptraum inszenieren. In ihm gibt es kein Gut und Böse, allenthalben werden Abgründe entlarvt. Deswegen misshandeln nicht nur der Förster (Peter Mazalán) und die Försterin (Silvia Hauer) den Dackel Lapak (Dean Power): Auch die Mücke (Andrew Owens) schlürft mit Transfusionsgerät über die Bühne. Selbst das Füchslein Schlaukopf (Iulia Maria Dan) möchte man nicht unbedingt im Wald begegnen. Den Dachs (Tareq Nazmi) schlachtet sie mit der Kettensäge in einer Badewanne ab, und der Landstreicher Háraschta (Tim Kuypers) wird erschossen. Als das Füchslein die Hennen zur Revolution anstiftet, damit sie nicht mehr für die Menschen Eier legen, reißt es dem Hahn (Owens) den riesigen Gummi-Penis ab: Da wirkt Schlauköpfchens Liebe zum Fuchs Goldrücken (Golda Schultz) nicht gerade glaubwürdig. Weil aber Bösch nichts weiterdachte, blieb alles nur ein aufwendig dekorierter Comicstrip mit viel Aktionismus (Ausstattung: Patrick Bannwart, Falko Herold). Das galt auch für das Kettensägen-Massaker: Wenn man schon die Stuttgarter „Parsifal“-Inszenierung von Calixto Bieito zitieren möchte, dann sollte man es zumindest ordentlich krachen lassen. Die Kettensäge einfach nur hoch zu halten, hat etwas Verkrampftes. Dass zudem auf der Wanne, in der der Dachs abgeschlachtet wurde, das Wort „Dax“ prangte, war zwar ein netter Seitenhieb auf die Finanzmärkte: Leider wurde aber auch das nicht durchgeführt.
Dafür machte die Kammerfassung mit der Reduktion der Besetzung viele kostbare Details der Musik hörbar. Dabei leistete das Bayerische Staatsorchester Großes, zumal sich nahezu alle auch solistisch behaupten mussten (sehr stimmungsvoll: die Bratschen-Soli). Auch der Kinderchor der Staatsoper konnte sich großartig entfalten, wohingegen die Solisten die Vorteile der Kammerfassung stimmlich zu wenig nutzten. Obwohl sich diese Bearbeitung vortrefflich zur Stimmbildung und Stimmhygiene eignet, wurden keine herausragenden Leistungen erreicht.
Nicht unproblematisch war vor allem die Diktion und Textverständlichkeit: Hier war mitunter gewaltiger Nachholbedarf zu hören, was in dieser Form durchaus irritierte. Dafür aber glänzten die Solisten darstellerisch. Und nun darf man gespannt sein, wie das Publikum in Klagenfurt auf diese Produktion reagiert, denn: Für sie hat die Bayerische Staatsoper mit dem dortigen Stadttheater kooperiert. Dort leitet noch Josef Ernst Köpplinger das Haus, im Herbst wechselt er ans Gärtnerplatz-Theater. Offenbar hat sich Staatsopern-Intendant Nikolaus Bachler mit dem künftigen Gärtnerplatz-Chef ausgetauscht, nicht aber mit dem Noch-Intendanten Ulrich Peters. (Marco Frei)

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