Kultur

Unbetitelte Kohlezeichnung von Hans Jürgen Kallmann - hier ein Ausschnitt, die Gesamtansicht finden Sie in der Bildergalerie am Ende des Beitrags. (Foto: VG Bild-Kunst)

13.11.2017

Wertvoller Speicherfund

Frühe Zeichnungen von Hans Jürgen Kallmann erstmals in Ismaning zu sehen

Ein Großteil des Frühwerks von Hans Jürgen Kallmann (1908 bis 1991) ist im Zweiten
Weltkrieg verloren gegangen. Erst vor Kurzem aber sind auf einem Dachboden 55
Zeichnungen wiederaufgetaucht, die Kallmann 1932 für die „Mitteldeutsche
Illustrierte“ in Halle anfertigte. Diese Blätter werden nun erstmals in Ismaning gezeigt. Die Ausstellung im Kallmann-Museum zeigt zudem einen umfassenden Überblick über das erhaltene Frühwerk des
Künstlers. Darunter sind auch einige Zeichnungen, die Kallmann noch in seiner Schulzeit anfertigte - auch sie waren bislang noch nicht öffentlich gezeigt worden. Hans Jürgen Kallmann, der 1908 in Wollstein (damals preußische Provinz Posen) geboren
wurde, zog mit seiner Familie nach dem Ersten Weltkrieg nach Halle an der Saale. Dort
verbrachte er seine Jugend und begann 1925 ein Medizinstudium, das er allerdings nach
acht Semestern abbrach. Bereits in dieser Zeit veröffentlichte der künstlerische Autodidakt
Kallmann in der Saale-Zeitung und den Halleschen Nachrichten Zeichnungen, die allerdings verloren gegangen sind.

Schwierige Berliner Jahre

Der Wunsch, Künstler zu werden, führte dazu, dass Kallmann 1930 nach Berlin
zog, wo er ein Studium in der Meisterklasse bei Emil Orlik an den „Vereinigten Staatsschulen
für freie und angewandte Kunst“ begann. Auch dieses Studium brach er ab – nach nur einem
Semester. In Berlin knüpfte Kallmann wichtige Kontakte in die Kunstszene und wurde von
Maler-Persönlichkeiten wie Max Slevogt gefördert. Trotz beginnender Anerkennung als
Künstler lebte Kallmann unter schwierigsten sozialen Bedingungen in der Großstadt. Ein wenig Geld verdiente er mit Zeichnungen, die er für die „Mitteldeutsche Illustrierte“ in Halle
anfertigte, wohin er regelmäßig fuhr. Es ist ein Glücksfall, dass 55 dieser frühen
Zeichnungen erhalten geblieben sind und nun erstmals in einer Auswahl in Ismaning gezeigt
werden können. Diese skizzenhaften, in Kohle und Tusche gefertigten „Reportagen“, wie
Kallmann sie selbst nannte, entstanden in der Zeit um 1932 und zeigen Alltagsszenen aus
der Stadt Halle und ihrer Umgebung, Tiere im Halleschen Zoo oder Eindrücke aus der
Arbeitswelt. Kurt Sommer, Feuilleton-Chef der Illustrierten sowie Freund und Förderer
Kallmanns, bewahrte sie auf. Erst kürzlich wurden Sie im Haus einer Tochter Kurt Sommers
auf dem Dachboden wiederentdeckt. In den Jahren nach 1932 erlangte Hans Jürgen Kallmann als Maler größere Erfolge, er
erhielt Preise und Stipendien, u.a. für die Villa Massimo in Rom, wo er 1934/35 lebte und
arbeitete. Seine Werke wurden in Ausstellungen präsentiert und von Museen angekauft, bis
1937 sechs seiner Arbeiten im Zuge der NS-Aktion „Entartete Kunst“ aus Museen in Berlin
und Köln beschlagnahmt wurden, wodurch Kallmanns Karriere wie die so vieler seiner
Zeitgenossen einen entscheidenden Einschnitt erfuhr. Zwar konnte Kallmann im
Geheimen weiter malen und gelegentlich auch einzelne Werke öffentlich zeigen, aber er
blieb als Künstler praktisch isoliert.

Atem des Grauens

In den darauffolgenden Wirren des Zweiten Weltkrieges ging ein Großteil seines Frühwerks verloren, doch zeugen die erhaltenen Arbeiten von Kallmanns starker Schaffenskraft in dieser Phase seines Wirkens. Im Vordergrund seines künstlerischen Interesses stand für ihn dabei nicht die naturalistische Darstellung des
Gesehenen, sondern viel eher eine dem emotionalen Erleben entnommene, ausdrucksstarke
Charakterisierung von Mensch und Natur. Die reduzierte Palette, die wenige Buntfarben
umfasst, trägt wesentlich zum schweren und unheilvollen Charakter vieler früher Arbeiten
Kallmanns bei. Er selbst erkannte im Zusammenhang mit seinen in der Kriegszeit
entstandenen Werken den „Atem des Grauens, die Aschenfarbe des Verhängnisses“. (BSZ) Information: 18. November bis 18. Januar. Kallmann-Museum, Schloßstr. 3b, 85737 Ismaning.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.