Kultur

Eine schwache Inszenierung – doch Gunter Sonneson und Rita Kapfhammer begeistern als Co-Co und Katisha. (Foto: Jochen Quast)

25.11.2011

Zitronensaure Komik

"Der Mikado" von Gilbert & Sullivan enttäuscht am Münchner Gärtnerplatztheater

Das englische Operetten-Erfolgsduo Gilbert & Sullivan hat 1885 mit Der Mikado nicht nur die damalige Japan-Manie in seinem Heimatland bedient, sondern – getreu seinem Vorbild Jacques Offenbach – in dieser Kostümierung seinem eigenen viktorianischen Gesellschaft den ironischen Zerrspiegel vorgehalten: Flirt verdient die Todesstrafe; verlogene Tugend tötet Eros und Sexus; Korruption allenthalben; Ämterhäufung bis zur Absurdität; das Rechtssystem ein Witz; Hinrichtungen als Unterhaltung für den Monarch … All das in süffige Melodien getaucht.
Auch wenn es aktuelle Anknüpfungspunkte gibt: Die Modernisierungsideen des Teams am Gärtnerplatztheater um Regisseur Holger Seitz, seine Dramaturgin und vor allem Choreografin Fiona Copley fügten sich nicht zusammen. Zu dunklen Lackwänden, roten Papierlampen und einer romantisierenden Fudshijama-Silhouette passte schon der Herrenchor als Businessmen mit Aktenkoffer und Handy samt hanebüchen automatisierten Bewegungen nicht.
Die Girls und das mehrfach begehrte Mündel Yam-Yam (enttäuschend: Frances Lucey) in befremdlichen Internatsröckchen samt Tennisschlägern führten in eine andere Richtung, ebenso der neu eingeführte Erzähler (für sich nett: Thomas Peters) in japanischem Kostüm, Schweinsmaske und Handpuppe, der jugendliche Liebhaber Nanki-Poo als schrill gestylter Popmusiker (akzeptabel Robert Sellier), der kaiserähnliche Mikado (aufgedreht Stefan Sevenich) aber wieder im japanischen Kostüm ...
Noch schlimmer der Mischmasch in Fiona Copleys Bewegungseinfällen. Was lustig wirken sollte, geriet zitronensauer. Der britische schwarze Humor konnte viel zu wenig mit dem Entsetzen Scherz treiben, hier etwa gipfelnd in der Einsicht, dass es „Subjekte gibt, deren Verlust einen Gewinn für die Gesellschaft darstellt“.
Auch aus dem Orchestergraben kam von Dirigent Benjamin Reiners nicht genügend operettenhaftes Ranschmeiß-Temperament.
So blieb neben der reizenden Pitti-Sing von Franziska Rabl nur die Freude an zwei „Bühnentieren“. Dem heillos zerrissenen Co-Co (eigene Verurteilung, Ernennung zum Scharfrichter, Liebe zum Mündel Yam-Yam) hauchte Gunter Sonneson mal atemloses Gejagtsein, mal pfiffiges Durchwuseln, mal frech berechnende Drohung ein.
Dann betrat die machtgierige Hofdame Katisha die Bühne – und Rita Kapfhammer in Mephista-Maske samt gefährlich rotem Leder-Kostüm attackierte furchterregend. In einem anrührend zurückgenommenen Liedteil gelang ihr dann aber auch die Klage einer einsamen Frau, die geliebt werden will.
Ansonsten aber: An den Erfolg der Gilbert & Sullivan’schen Piraten von Penzance kann diese Mikado-Produktion nicht anknüpfen. (Wolf-Dieter Peter)

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