Landtag

Zu Besuch im Europaausschuss: Generalkonsulin Jennifer D. Gavito. (Foto Katja Helmö, Bayerischer Landtag)

23.06.2017

"America first", aber nicht "America only"

Europaausschuss: US-Generalkonsulin Jennifer D. Gavito über die Zukunft der bayerisch-amerikanischen Beziehungen

Was bedeutet der Amtswechsel im Weißen Haus für das Verhältnis der USA zum Freistaat? Wird sich die Wirtschafts- und Außenpolitik mit Trump grundlegend ändern? Jennifer D. Gavito bemüht sich, die Sorgen der Landtagsabgeordneten zu beschwichtigen. Allerdings: Viele Antworten kennt sie selbst nicht. In den vergangenen Monaten hat sie darin regelrecht Übung bekommen: Jennifer D. Gavito, US-Generalkonsulin in München, muss seit dem Wahlsieg Donald Trumps immer wieder besorgten Menschen in Bayern erklären, wie sich der Amtswechsel im Weißen Haus auf die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten auswirken werde. „America first“ meine nicht „nur Amerika“ oder eine Politik „zum Nachteil von anderen“, sagt sie dann.

Genau das hörten diese Woche auch die Abgeordneten im Europaausschuss, die Gavito zum Fachgespräch eingeladen hatten. Sie erklärte ihnen, dass die Schwerpunkte der Regierung Trumps die Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der eigenen Bevölkerung seien. Das sei schließlich eine Selbstverständlichkeit für jede Regierungsarbeit in Demokratien. Dabei bleibe aber die Zusammenarbeit mit den weltweiten Partnern für die USA weiterhin „essentiell“, betonte sie. Auch und gerade mit dem wichtigen Handelspartner Bayern. 780 bayerische Unternehmen seien in den USA vertreten. Und 240 amerikanische in Bayern.

Das Handelsabkommen könnte noch eine Zukunft haben. "America first" bedeute ja nicht, dass man nicht zu Kompromissen bereit sei

Die Sorgen und Bedenken der Abgeordneten konnte Gavito allerdings nicht ausräumen. Ausschusschef Franz Rieger (CSU) sah die Gefahr, dass die starken Länder Asiens im Welthandel die Oberhand gewinnen könnten, gingen USA und EU wirtschaftspolitisch getrennte Wege. Man müsse in der Handelspolitik gemeinsam Standards festlegen, betonte auch der Freie Wähler Joachim Hanisch. „Sonst werden die Chinesen sie uns diktieren. Und Leidtragende sind wir dann alle.“ Gavito erwiderte indes, dass es ja an Europa – und dort vor allem an Deutschland – gelegen habe, dass das transatlantische Handelsabkommen TTIP nicht während der Amtszeit Obamas zu Ende verhandelt werden konnte. Aber sie betonte auch: „Wenn Trump jetzt stattdessen von bilateralen Abkommen spricht, versteht er durchaus Europa als bilateralen Partner.“ Sie könne sich deshalb vorstellen, dass das Handelsabkommen noch eine Zukunft habe. „America first“ bedeute schließlich nicht, dass man nicht zu Kompromissen bereit sei.

Das Problem dabei: Trumps regelmäßige Salven – vor allem auf Twitter – zeugen nicht gerade von einer großen Kompromissbereitschaft. Mal bringt er Strafzölle ins Spiel. Oder er erklärt den Klimawandel zu Fake News, erfunden von China. Gavitos Rat an die Abgeordneten: „Fixieren Sie sich nicht so sehr auf Trumps Aussagen, sondern lieber auf die praktische Politik.“ Trump sei eben auch für eine bestimmte Art von Kommunikation gewählt worden, und auf diese Art kommuniziere er auf Twitter weiter. Adressat aber seien die eigenen Unterstützer, nicht die Partner in Europa. In der Handelspolitik habe sich bis jetzt doch auch gar nichts geändert.

„Außerdem hat unser Präsident nicht die umfassende Macht“, erklärte Gavito. Das System von „Checks and Balances“ funktioniere auch unter Trump. „Er kann etwas vorschlagen – und das macht er als politisches Signal.“ Aber zum einen könnte der Supreme Court Gesetze kassieren. Zum anderen ist es der Kongress, der das Budget bewilligt.

Appell an die Abgeordneten: Gehen Sie nach Washington. Sprechen Sie dort über den einzigartigen Wert der bayerisch-amerikanischen Freundschaft"

Aber Trump hatte die Macht, sich aus dem Pariser Klima-Abkommen zurückzuziehen. Er sah darin einen Nachteil für die amerikanische Wirtschaft. „Die USA sind neben China der weltgrößte Schadstofferzeuger“, sagte der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann. „Halten Sie es da für fair, dass Trump das Abkommen aufkündigt“, fragte er Gavito, die zuvor die amerikanische Forderung nach „fairen Handelsbeziehungen“ erläutert hatte. Gavito antwortete, dass diese Entscheidung auch in den USA umstritten sei. Die Mehrzahl der Bundesstaaten würden weiterhin dafür sorgen, dass Klimaziele erreicht werden. „Aber wir haben alle unsere Schwachpunkte“, sagte sie. Deutschland etwa habe eine größere Kohleindustrie als die USA.

Und was kommt als Nächstes? Gabi Schmidt (Freie Wähler) macht die Aussage Trumps Sorge, dass die USA wieder Vorreiter auf dem nuklearen Sektor werden möchten. „Werden dann an Stützpunkten in Bayern wieder Nuklearwaffen untergebracht?“, fragte sie. „Was im Wahlkampf gesagt wird, ist keine Politik“, versuchte Gavito erneut eine Ankündigung Trumps zu relativieren. Später schob sie aber nach: „Auch wir wollen Antworten.“

Christine Kamm von den Grünen brachte das Dilemma der Generalkonsulin auf den Punkt: „Das ist keine einfache Aufgabe, die Sie haben.“ Trumps Äußerungen immer richtig zu interpretieren sei schwer. „Für uns wie für Sie.“ Kamm forderte die USA auf, sich stärker beim Kampf gegen Fluchtursachen zu engagieren. Und Fluchtursache Nummer 1 sei der Klimawandel, betonte die Grüne.

Gavito versprach am Ende, die Forderungen der Abgeordneten weiterzugeben. Appellierte an die Anwesenden aber auch: „Gehen Sie damit auf jeden Fall auch selbst nach Washington. Und sprechen Sie dort über den einzigartigen Wert der bayerisch-amerikanischen Freundschaft.“
(Angelika Kahl)

Kommentare (1)

  1. Stars_an_Stripes am 23.06.2017
    warum sollte Trump gerade den Deutschen jetzt noch die Hand ausstrecken? wie der Mann hier verteufelt und diffamiert wurde, als habe er sich an die Macht geputscht statt in freien Wahlen gewonnen!
    Macron dagegen ist schon jetzt klüger als Merkel und der Rest der deutschen Politiker. Er sagt öffentlich kein böses Wort über den Amerikaner, trifft sich, lächelt, macht KOmplimente. Merkel aber entblödet sich nicht, Trump in einem Bierzelt zu beleidigen. Wir Deutschen werden noch arg unsanft aufwachen eines Tages aus unserer Arroganz. Schade, dass das USA Bashing der früheren Ostzone salonfähig geworden ist.
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