Landtag

Gustl Mollath vergangene Woche nach seiner Anhörung vor dem Landgericht Bayreuth. (Foto: dpa)

26.04.2013

Bewährungsprobe für den Rechtsstaat

Mollath-Untersuchungsausschuss: Aufklärung möglicher Fehler der Justiz- und Steuerbehörden

Der Landtag hat kurz vor Ende der Legislaturperiode auf Antrag der Oppositionsfraktionen noch einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung möglicher Behördenfehler im Fall Gustl Mollath eingesetzt. Der Nürnberger Kaufmann sitzt seit 2006 wegen vermeintlicher Wahnvorstellungen und Allgemeingefährlichkeit gegen seinen Willen in der Psychiatrie ein. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre verdichteten sich aber die Hinweise, dass dessen 2003 erhobene Schwarzgeldvorwürfe gegen die HypoVereinsbank, die den Wahn begründen sollen, in großen Teilen den Tatsachen entsprochen haben. Unter anderem deswegen hat die Staatsanwaltschaft Regensburg ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt.


Bis zu vier Mal die Woche soll getagt werden


Die strafrechtliche Aufarbeitung des Falles Mollath kann der Untersuchungsausschuss allerdings aus Gründen der Gewaltenteilung nicht vornehmen. Im Mittelpunkt von dessen Arbeit wird stehen, warum die bayerischen Justiz- und Steuerbehörden den Anzeigen Mollaths in Sachen unerlaubter Geldtransfers in die Schweiz und Steuerhinterziehung lange nicht nachgegangen sind und warum vor allem Justizministerin Beate Merk (CSU) dieses Verhalten bis zuletzt rechtfertigte. Geprüft werden soll dabei auch, ob Merk sowie leitende Staatsbeamte bei ihren bisherigen Berichten zum Fall Mollath im Landtag die Unwahrheit gesagt haben. Weitere Aspekte sind die Hintergründe für das lange Zögern der Justiz, den Fall Mollath noch einmal aufzurollen und die Umstände, unter denen das Verfahren gegen Mollath vor dem Landgericht Nürnberg abgelaufen ist. Im Mittelpunkt steht hier die Rolle des damaligen Vorsitzenden Richters.
Treibende Kraft zur Einsetzung des Ausschusses waren die Freien Wähler. Deren Abgeordneter Florian Streibl verwies darauf, dass seine Fraktion bereits nach Presseveröffentlichungen zum Fall Mollath Ende 2011 einen Untersuchungsausschuss gefordert habe. Dass die Aufklärungsarbeit nun unter großem Zeitdruck erfolgen müsse, liege vor allem daran, dass in den anderen Fraktionen die Erkenntnis erst habe reifen müssen. „Für die Wahrheit und die Aufklärung ist es aber nie zu spät“, betonte Streibl. Er warf der Staatsregierung und den mit dem Fall Mollath befassten Behörden vor, die Thematik mit „viel Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit“ behandelt zu haben. Die Hintergründe dafür müsse der Ausschuss aufarbeiten.
Inge Aures (SPD) sieht einen Schwerpunkt des Untersuchungsauftrages in der Frage, warum das Wiederaufnahmeverfahren erst jetzt in Angriff genommen werde. „Wir wollen aufklären, was da hinter den Kulissen gelaufen ist“, sagte sie. Eine besondere Pflicht zur Aufklärung habe dabei Justizministerin Merk. „Sie haben noch einiges auszuräumen und Licht in das Dunkel zu bringen“, wandte sich Aures direkt an die Ministerin. Grünen-Fraktionschef Martin Runge will vor allem die Rolle der Spitzenbeamten beleuchten. Diese hätten bei ihren bisherigen Auftritten den Landtag „mit der Unwahrheit bedient“ oder sich „zumindest sehr geirrt“. „Man muss die Frage stellen, ob ohne Not gelogen wird oder ob es dafür eine Notwendigkeit gibt“, erklärte Runge.
Der designierte Ausschussvorsitzende Florian Herrmann (CSU) versprach eine „objektive und sorgfältige Aufarbeitung“. Aus seiner Sicht wäre der Ausschuss aber nicht erforderlich gewesen, da die bisherige Befassung im Rechtsausschuss ausreichend gewesen sei. Herrmann warnte vor überzogenen Erwartungen. Der Ausschuss dürfe nicht in laufende Gerichtsverfahren eingreifen, auch könne er nicht klären, ob Mollath zurecht in der Psychiatrie sei. Andreas Fischer (FDP) erklärte, der Fall Mollath sei „zu einer Bewährungsprobe für den Rechtsstaat“ geworden. Es stünden Vorwürfe im Raum, „die geeignet sind, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erschüttern“. Der Untersuchungsausschuss müsse daher im Rahmen seiner Zuständigkeiten für Transparenz und Aufklärung sorgen.
Der Ausschuss wird seine Aufklärungsarbeit Mitte Mai aufnehmen, der Schlussbericht soll am 18. Juli vorliegen. Um die Fragen abzuarbeiten und ausreichend Zeugen hören zu können, will der Ausschuss bis zu viermal wöchentlich tagen. Der Ausschuss hat neun Mitglieder, fünf aus den Koalitions- und vier aus den Oppositionsfraktionen. Als Vorsitzender soll Florian Herrmann (CSU) fungieren, als  Stellvertreter Florian Streibl (FW).
(Jürgen Umlauft)

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