Landtag

Kinder mit ADHS werden auch heute noch Zappelphilipp genannt. (Foto: dpa)

20.04.2018

Bis zu 15 Wochen Wartezeit

Jedes dritte Kind in Bayern ist psychisch auffällig – Therapeuten sind überlastet

„Er gaukelt und schaukelt, er trappelt und zappelt. Auf dem Stuhle hin und her. Philipp, das missfällt mir sehr!“ Die Geschichte vom Zappel-Philipp ist eine klassische Beschreibung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), erklärt der Ministerialrat im Gesundheitsministerium, Georg Walzel, dem Gesundheitsausschuss bei seinem Bericht zur Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bayern. Im Unterschied zu früher gebe es aber heute statt einer Tracht Prügel ein breites Beratungs- und Unterstützungsangebot. „Die Einstellung zur kindlichen Gesundheit – vor allem zur psychischen – hat sich dramatisch verbessert“, sagte Walzel.

Von den 1,7 Millionen Kindern und Jugendlichen in Bayern hatten 2017 rund 470 000 psychische Auffälligkeiten. In den frühen Lebensjahren sind es häufig Regulationsstörungen wie Fütterstörungen. Die meisten Diagnosen erhalten Kinder rund um die Einschulung – meistens sind es Sprachentwicklungsstörungen. Im Schulalter spielen ADHS und insbesondere bei Mädchen Essstörungen und Depressionen eine große Rolle. Walzel bewertet den Anstieg der Betroffenenzahlen in den letzten 20 Jahren positiv. „Kinder sind nicht kränker als früher“, erklärte er. „Eltern und Erzieher trauen sich jetzt nur endlich, das Problem beim Namen zu nennen und zu helfen.“

Bayern ist entweder über- oder unterversorgt

Die Hilfsmöglichkeiten für psychisch kranke Kinder und Jugendliche sind in Bayern sehr unterschiedlich verteilt. Vier der elf sogenannten Planungsregionen sind überversorgt. In Würzburg beispielsweise beträgt der Versorgungsgrad über 400 Prozent. Sieben Regionen sind regelversorgt beziehungsweise mit 50 Prozent knapp regelversorgt. Allein in Ingolstadt fehlen drei Ärzte. Zehn Prozent der Betroffenen gehen zu speziellen Kinder- und Jugendpsychiatern beziehungsweise -therapeuten. Die Wartezeiten liegen laut Ministerialrat zwischen sieben Tagen und 15 Wochen. „Die unregelmäßige Versorgung in Bayern ist ärgerlich“, räumte Walzel ein. Wenn psychische Störungen nicht rechtzeitig behandelt würden, könne das im Erwachsenenalter zu Drogenabhängigkeit, Kriminalität und schwierigen beruflichen Werdegängen führen.

Ausschussvize Bernhard Seidenath (CSU) kritisierte in der Aussprache, die Planungsparameter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns seien „nicht mehr ganz zeitgemäß“. Ruth Waldmann (SPD) mahnte, bei Erhebungen nicht nur die Zahl der Ärzte, sondern beispielsweise auch deren Öffnungszeiten zu berücksichtigen. Peter Bauer (Freie Wähler) beklagte, ein Versorgungsgrad von weniger als 70 Prozent sei nicht länger zu tolerieren. Kerstin Celina (Grüne) wies darauf hin, dass psychische Störungen in immer jüngeren Jahren einsetzten. „Wenn diese nicht schnell behandelt werden“, mahnte sie, „können sie chronisch werden und die Betroffenen ein Leben lang begleiten.“ (David Lohmann)

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