Landtag

Als Zeuge geladen: Horst Seehofer bei der Sitzung des Untersuchungsausschusses "Ei" im Landtag teil. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

19.03.2018

Bleibt am Ende bloße Ernüchterung?

Seit Monaten versucht der Untersuchungsausschuss des Landtags, Licht ins Dunkel des unappetitlichen Lebensmittelskandals bei der Firma Bayern-Ei zu bringen. Mit der Zeugenvernehmung Seehofers steht die Arbeit vor dem Abschluss

Mehr als 350 Fragen präsentierte die Opposition vor Beginn des Untersuchungsausschusses zum Bayern-Ei-Skandal im vergangenen Sommer. Hätte der folgenschwere Vertrieb von Eiern mit Salmonellen aus der niederbayerischen Firma verhindert werden können? Oder hätten selbst gute Kontrollen das kriminelle Handeln einzelner Mitarbeiter und Verantwortlicher nicht unterbinden können? Und wer ist politisch verantwortlich? Mit der Zeugenvernehmung des früheren Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und vier seiner ehemaligen Minister steht die Arbeit des parlamentarischen Kontrollgremiums vor dem Abschluss. Doch was hat das monatelange Prozedere gebracht?

Wer ist für den Skandal verantwortlich?

Keiner der gehörten Zeugen hat einen eindeutigen Verantwortlichen auf politischer Ebene benennen können. Weder der 2014 zum Zeitpunkt des Ausbruchs amtierende Umwelt- und Verbraucherschutzminister Marcel Huber noch seine Nachfolgerin Ulrike Scharf oder gar der nur ganz am Rande mit dem Fall betraute Agrarminister Helmut Brunner (alle CSU) übernahm die politische Verantwortung. "Das Ganze ist eine Verkettung tragischer und vielleicht sogar krimineller Umstände", sagte etwa Huber bei seiner Vernehmung. Auch auf kommunaler Ebene sprachen sich die gehörten Zeugen, darunter die Landräte der betroffenen Regionen, frei von jeglicher Verantwortung.

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer nahm das Umweltministerium vor Vorwürfen in Schutz. Er sei überzeugt, dass das Ministerium und die Behörden "nach Recht und Gesetz" gehandelt hätten. Die Bewertung und Sachbehandlung des Ministeriums sei nach dem damaligen Stand richtig gewesen - er habe auch heute keinen Anlass, daran zu zweifeln. Er sei mit dem Agieren zufrieden gewesen.

Nach Ansicht des obersten Lebensmittelkontrolleurs in Bayern, dem Präsidenten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf, hat auch seine Behörde keine Fehler gemacht. Auch Ministerin Scharf stellte sich erst bei ihrer eigenen Zeugenbefragung vor wenigen Tagen hinter Zapf. Aus Sicht der Opposition steht das LGL aber im Mittelpunkt des Skandals, Tests dauerten demnach zu lange, Kontrollen waren unzureichend und hygienische Versäumnisse wurden nicht ausreichend sanktioniert.

Was sind die bislang wichtigsten Erkenntnisse?
Die in den Zeugenvernehmungen gehörten Aussagen von Landräten und Behördenmitarbeitern zu generell fehlenden Stellen sowie unbesetzten oder gar gestrichenen Posten zeigten aus der Sicht von SPD, Grünen und Freien Wählern klar massive Mängel im bayerischen Kontrollsystem. Alleine beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit seien fast 100 Stellen abgebaut worden. Auch in den Landratsämtern habe es trotz Anzeigen beim Ministerium zu wenige Mitarbeiter gegeben. In der Folge seien nicht nur Kontrollen zu selten und unzureichend erfolgt, auch seien genommene Proben zu langsam untersucht und die Verbraucher dadurch unnötig gefährdet worden.

Möglich wurde der europaweite Handel mit den verdorbenen Eiern für die Opposition zudem auch durch Behördenfehler, zu langsame Probenanalysen, eine Unternehmensgröße, die nicht mehr kontrollierbar sei sowie einen gewissenlosen Unternehmer, dem keiner auf die Finger geschaut habe und der selbst bei nachgewiesenen Verstößen zu selten zur Rechenschaft gezogen worden sei. Teilweise sollen die Ställe mit bis zu 40 000 Tieren massiv überbelegt gewesen sein.

Kann sich ein solcher Skandal also jederzeit wiederholen?

Neben dem unzureichenden Kontrollsystem ist sicher die Erkenntnis am unbefriedigendsten, dass es keinen hundertprozentigen Schutz vor Salmonellenverunreinigungen geben kann. Einzige Frage ist daher, wie schnell im Fall der Fälle das Kontrollsystem Alarm schlägt und damit der Vertrieb verseuchter Eier verhindert werden kann. Die Staatsregierung verweist in dem Kontext gerne auf die seit Jahresbeginn greifende neue Kontrollstruktur mit mehr Personal in Bayern. Laut Scharf ist damit sichergestellt, dass jeder Lebensmittelproduzent in ausreichendem Maß kontrolliert werden kann.

Was passiert mit den gewonnenen Erkenntnissen?
Die Opposition dürfte der CSU alle Versäumnisse der Staatsregierung im Landtagswahlkampf stetig aufs Brot schmieren. Das klang bereits im Zwischenfazit an: "Die CSU behauptet, ihr Markenkern sei die innere Sicherheit, dazu gehört aber nicht nur die Polizei", sagte Bernhard Pohl (Freie Wähler). Zudem dürfte sie erkannte Probleme mit politischen Initiativen wieder in den Landtag bringen - etwa die Forderung nach mehr Kontrollpersonal. Und last but not least dürften die Parlamentarier ihre jeweiligen Abschlussberichte auch der Staatsanwaltschaft Regensburg zur Verfügung stellen.

Warum gibt es überhaupt diesen Untersuchungsausschuss?

Der Ausschuss soll die Hintergründe eines Salmonellenskandals im Jahr 2014 aufklären, für den die niederbayerische Firma Bayern-Ei verantwortlich gemacht wird. In mehreren europäischen Ländern waren damals Menschen an Salmonellen erkrankt; mindestens ein Mensch soll an den Folgen gestorben sein. Die Behörden und die Staatsregierung sehen sich unter anderem mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten früh von dem Skandal gewusst, die Bevölkerung aber nicht gewarnt.

Was wurde bislang im Ausschuss untersucht?
In unzähligen Stunden wurden bereits mehr als 60 Zeugen angehört und Akten gewälzt. Diese kamen bislang aus den Landratsämtern Straubing-Bogen, Deggendorf und Dingolfing-Landau, den Regierungen von Nieder- und Oberbayern, der Landesanstalt für Landwirtschaft, dem LGL und dem Umweltministerium sowie der Staatskanzlei. Die dem Ausschuss vorliegenden Akten umfassen rund 40 Gigabyte. (Marco Hadem, dpa)

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