Landtag

Die Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD), Markus Blume (CSU) und Christine Kamm (Grüne) mussten sich beim Schülerparlament den kritischen Fragen der insgesamt 120 Jugendlichen aus ganz Bayern stellen (von links). (Foto: LOH)

13.05.2016

CSU gegen alle – ist das normal?

Schülerparlament: Beim Planspiel „Der Landtag sind wir“ sollen Schüler lernen, wie Parlamentsarbeit funktioniert und spielerisch Vorurteile abbauen

Beim Planspiel „Der Landtag sind wir“ schlüpfen Jugendliche in den Rolle von Abgeordneten. Was sie dabei gelernt haben: wie aus einer Idee ein Gesetz wird. Wie wichtig Ausschüsse sind. Und dass die CSU immer gewinnt. Manche Fragen der Schüler bringen den echten CSU-Abgeordneten später dennoch ins Schwitzen. Lehrer ermahnen Schüler, sich ordentlich hinzusetzen, Mädchen mit blaugefärbten Haaren staunen über den Plenarsaal, und Jungs im Dandy-Look mit Hosenträgern schimpfen darüber, auf den Plätzen der Grünen sitzen zu müssen: Beim Planspiel zur Integrationspolitik „Der Landtag sind wir“ schlüpfen Jugendliche für einen Tag in die Rolle der Abgeordneten. Emanuel von der Anton-Balster-Mittelschule in Neustadt an der Donau erhofft sich dadurch, mehr Informationen über den Parlamentsbetrieb zu bekommen. „Zur Vorbereitung haben wir in der Schule über die verschiedenen Abgeordneten gesprochen und wer welche Rolle hat“, erklärt er der Staatszeitung.

Das Planspiel ist ein pädagogisches Angebot des Landtags, das vom Centrum für angewandte Politikforschung (C.A.P.) der Uni München entwickelt wurde und jährlich an 60 Schulen in ganz Bayern durchgeführt wird. Neben Emanuels Klasse waren Schüler vom Holbein-Gymnasium in Augsburg, vom Wolfgang-Borchert-Gymnasium in Langenzenn und vom Labenwolf-Gymnasium in Nürnberg dabei. Zu den insgesamt 120 Schülern gehörte auch eine kleine Gruppe mit Flüchtlingen aus einer Übergangsklasse der Mittelschule Kirchheim. Eingeladen wurden die Schüler von den asylpolitischen Sprechern der Fraktionen.

Ziel des Planspiels war diesmal, einen Gesetzesentwurf zur Integration von jugendlichen Flüchtlingen in Bayern zu erarbeiten. „So könnt ihr spielerisch lernen und dadurch Vorurteile abbauen“, ruft der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung Martin Neumeyer (CSU) den Schülern zu. Er habe extra auch Mittelschulen eingeladen, „weil Handwerker und Akademiker gleich wertvoll sind“. Im Laufe des Tages sollen die Jugendlichen aus der Perspektive von echten Abgeordneten in Fraktionssitzungen, Ausschüssen und Plenardebatten aus einer Idee ein Gesetz machen. „Vielleicht wird es ja besser als das, was wir gemacht haben“, sagt Neumeyer und lacht.

„Das ist wie im wahren Leben“, ruft der SPD-Mann

Tatsächlich diskutieren die jugendlichen „Abgeordneten“ im Gegensatz zu den echten nur wenige Stunden später eine Gesetzesvorlage, die mehr Förderlehrer mit einer Ausbildung in Deutsch als Zweitsprache, mehr Sozialpädagogen und Schulpsychologen sowie regelmäßige Weiterbildungen und Integrationszentren in ganz Bayern vorsieht. Auch ein alljährlicher Projekttag zur Stärkung des interkulturellen Miteinanders steht zur Debatte. Anschließend wird über die Änderungsanträge abgestimmt. Positiver Unterschied zu echten Plenardebatten: Alle Wortmeldungen werden fraktionsübergreifend mit Applaus bedacht.

Mit der Zeit wusste jedoch die „CSU“-Fraktion um ihre Stimmenmehrheit und begann, begleitet von großer Heiterkeit, zunehmend die Wünsche der Opposition abzulehnen. „Von der CSU geht immer eine gewisse Kompromisslosigkeit aus“, beklagt ein Schüler. „Das ist wie im wahren Leben“, ruft der echte parlamentarische Geschäftsführer der SPD Volkmar Halbleib in den Plenarsaal. Ob es diese „CSU gegen alle“-Mentalität auch im wahren Parlamentsalltag gebe, will ein anderer wissen. „Wir sind nicht kompromisslos, wir sind überzeugt“, versichert der ebenfalls anwesende Abgeordnete Markus Blume (CSU). Natürlich wolle seine Fraktion aber auch nicht der eigenen Regierung in den Rücken fallen. Immerhin konnte sich beim Planspiel zum Schluss einmal die Opposition durchsetzen, weil es bei der Frage, ob Flüchtlinge zusätzlich in Recht und Kultur unterrichtet werden sollen, innerhalb der CSU-Reihen Abweichler gab.

In der anschließenden Gesprächsrunde wurden die Fragen dann härter, als es den anwesenden Abgeordneten lieb gewesen sein dürfte. „Macht die CSU wirklich ohne die CDU Wahlkampf, oder war das nur so dahingesagt?“, fragt ein Schüler. „Ich schließe das nicht aus“, bestätigt Blume. Offiziell sei dies allerdings noch nicht diskutiert worden. „Es ist eben schwierig, wenn man Teil einer Regierung ist, aber nicht den Kanzler stellt.“ Von SPD-Mann Halbleib will einer wissen, warum die SPD so schlechte Umfragewerte hat. „Auch innerhalb der SPD-Anhänger gibt es unterschiedliche Meinungen bei der Frage der Flüchtlingsverteilung“, antwortet dieser. Die AfD sei nicht nur für konservative Parteien ein Problem. „Und wie wird mit abweichenden Meinungen innerhalb der CSU-Fraktion umgegangen?“, fragt ein anderer. „Wenn fünf eine andere Meinung haben, ist die Mehrheit trotzdem noch gesichert“, erwidert Blume. Bei zehn oder 15 müsse das Thema vertagt und ein neuer Weg gesucht werden. „Das Thema ,dritte Startbahn’ zeigt, dass auch wir bei bestimmten Fragen manchmal weit auseinander liegen.“ (David Lohmann)

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