Landtag

Durch HbbTV können Zuschauer beim Fernsehen zwar das Internet nutzen, liefern gleichzeitig aber auch Benutzerdaten an die Sender. (Foto: dpa)

16.05.2014

Der Spion im Wohnzimmer

Schriftliche Anfrage der SPD: Datenweitergabe durch Smart-TVs

Die neue Generation Fernseher ist mit dem Standard HbbTV ausgestattet. Dieser erlaubt es den smarten Geräten, wie beim Videotext über das Fernsehsignal und das Internet zusätzliche Informationen des jeweiligen Senders zu empfangen. „Diese Verbindung ermöglicht nicht nur das Abspielen von Sendungen aus dem Internet, sondern kann ebenso Benutzerdaten sammeln und den Medienanstalten zur Verfügung stellen“, warnt Peter Paul Gantzer (SPD). Einige Sender würden dabei den Analysedienst „Google Analytics“ nutzen, um die gesammelten Daten auszuwerten. „Der Rücklauf der Benutzerdaten an die Sender und an Google geschieht jedoch ohne Kenntnis der Verbraucher“, schimpft der Abgeordnete. Er wollte daher von der Staatsregierung wissen, ob das Vorgehen der TV-Sender datenschutzrechtlich abgesichert ist und wie Fernsehzuschauer besser geschützt werden können.

Fernsehsender sammeln persönliche Zuschauerdaten

Das Medienministerium holte sich für die Beantwortung der Fragen Unterstützung beim bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (LDA). Dieses bestätigt die Nutzung von Google Analytics zur Reichweitenmessung. Gleichzeitig wird allerdings darauf hingewiesen, dass solche Verfahren laut Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder „beanstandungsfrei“ eingesetzt werden können. Dabei müssten lediglich gewisse Vorgaben eingehalten werden. Dazu gehöre beispielsweise, Nutzungsprofile nur unter Verwendung von Pseudonymen zu erstellen und die IP-Adresse zu anonymisieren. Außerdem „muss jeder Zuschauer im Rahmen der Datenschutzerklärung auf die Erstellung pseudonymer Nutzungsprofile und auf die Widerspruchsmöglichkeiten hingewiesen werden“, betont ein Sprecher des LDA. Darüber hinaus habe jeder Betroffene das Recht, Widerspruch gegen die Erstellung solcher Profile einzulegen und seine Nutzungsdaten löschen zu lassen.

Um personenbezogene Daten von Fernsehzuschauern zu sammeln, nutzen die Sender in erster Linie kleinen Textdateien, so genannte Tracking-Cookies, die Benutzer identifizieren können. Laut Telemediengesetz muss jeder Nutzer „zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten (...) in allgemein verständlicher Form unterrichtet werden“. Das bedeutet, spätestens beim Aufbau einer Internetverbindung muss über die Reichweitenmessung informiert werden. „Dies kann bei einem HbbTV-Angebot innerhalb des Menüs unter einem Link ’Datenschutzhinweise’, ’Datenschutzerklärung’ oder ’Datenschutzgrundsätze’ geschehen“, schreibt das LDA.

Konkrete Initiativen, die Daten der Fernsehzuseher besser zu schützen, existieren derzeit nicht. „Die Datenschutzaufsichtsbehörden, die unabhängigen Datenschutzbeauftragten der Landesmedienanstalten und die Rundfunkdatenschutzbeauftragten stehen in Gesprächen mit den Herstellern von Smart-TVs, den Sendern und weiteren Anbietern von HbbTV-Inhalten und sonstigen Online-Angeboten wie Apps und prüfen die Angebote“, wie das Ressort von Ilse Aigner (CSU) unter Berufung auf das LDA mitteilt.

Verbraucher müssten sich jedoch keine Sorgen machen, dass Google die gesammelten Daten ohne ihre Zustimmung verwendet. „Google ist durch den Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung vertraglich verpflichtet, sich an die Weisungen des Auftraggebers zu halten“, glaubt das LDA. Somit sei ein Datenumgang über die Erstellung der Statistiken hinaus nicht möglich. (David Lohmann)


INFO: Schutz für Fernsehnutzer

Betroffene Geräte: Alle 13 Millionen Fernseher in Deutschland mit HbbTV-Angebot und einer Internetverbindung. Damit ist in der Regel jedes ab November 2012 ausgelieferte Gerät ausgestattet.
Vorgehensweise: Sobald der Smart-TV eingeschaltet wird, ruft er im Hintergrund automatisch die Programminformationen des jeweiligen Kanals ab. Dabei werden periodisch Informationen an die jeweiligen Sender geschickt, wie Forscher von der Technischen Universität Darmstadt kürzlich herausfanden.
Datenweitergabe: Welche Daten übermittelt werden, hängt von den Sendern ab. Während öffentlich-rechtliche „nur“ den Gerätetyp abfragen, sammeln private Nutzungsdaten wie den ungefähren Standort und die Übertragungsdauer. Diese werden anschließend Dritt-anbietern wie Google Analytics, Chartbeat.com und Webtrekk zur Verfügung gestellt.
Hintergrund: Zweck des Datensammelns ist neben einer exakteren Quoten- und Klickzahlenmessung zielgenauere Werbung. So blendet beispielsweise der Privatsender Anixe neben Fernsehwerbung zusätzlich auf die Wohnregion abgestimmte Online-Werbung ein.
Schutzmöglichkeiten: Der einfachste Weg ist, auf den Mehrwert zu verzichten und die Internetverbindung zu kappen. Nur bei wenigen Modellen lässt sich HbbTV auch über das Menü deaktivieren oder Tracking-Cookies unter dem Punkt „Internetspeicher“ löschen.
Konsequenzen: Wissenschaftler fordern, die Datenübertragung erst nach Aktivierung der HbbTV-Funktion durch den Nutzer zu ermöglichen. (LOH)

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