Landtag

Die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Würzburg ist eine von 118 Einrichtungen dieser Art im Freistaat. (Foto: DAPD)

11.01.2013

Deutlich mehr Asylbewerber, deutlich weniger Personal

Schriftliche Anfrage: Christine Kamm (Grüne) hinterfragte die Umsetzung der Leitlinien zu Größe, Art und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber

In mehreren Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen wird längst davon abgesehen, Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Stattdessen bekommen die Flüchtlinge konventionellen Wohnraum auf dem freien Markt. Übrigens geschieht dies nicht nur aus humanen Gründen, sondern auch um Geld einzusparen. Dass diese Art der Unterbringung in aller Regel günstiger ist, hat beispielsweise die Stadt Leverkusen festgestellt, die Asylbewerber in gängigen Mietshäusern unterbringt. In einer „normalen Nachbarschaft“ gelingt es diesen Menschen schneller, die deutsche Sprache zu lernen und eine Arbeitsstelle zu finden.

"Postausgabe und Waschmaschinenzugang wird eingeschränkt."


In Bayern scheint dies – die Integration besagter Personengruppe – weiterhin nicht erwünscht zu sein. Die Rückführung steht im Mittelpunkt der bayerischen Asylpolitik. So lange diese Menschen im Freistaat leben, werden sie in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Ob sich dort die Lebensbedingungen verbessert haben, danach hat sich die Abgeordnete Christine Kamm (Grüne) erkundigt. Immerhin hatte das Sozialministerium zu diesem Zweck „Leitlinien zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber“ erarbeitet, die am 1. April 2010 in Kraft getreten sind.
„Wie war der jährliche Zugang der Flüchtlinge in Bayern seit 2007 bis Juli 2012, und wie entwickelten sich die Zahlen der beschäftigten Hausmeister und der Hausleiter jeweils?“ Ob die Antwort aus dem Ressort von Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) Zweckoptimismus verbreiten soll oder sprachlich verunglückt ist? Sollte sie ernst gemeint sein, ist sie verherrlichend: „Die Anzahl der Plätze in den Unterkünften konnte trotz Personalabbau 2011 um rund 900 aufgestockt werden.“ (siehe Infokasten).
Das bedeutet, dass weniger Personal mehr Menschen betreuen muss. Das dürfte für beide Seiten belastend sein. Kamm benennt zwei Probleme ob dieses Mangels: „Postausgabe und Waschmaschinenzugang wird eingeschränkt.“ Im Sozialministerium scheint man indes zufrieden zu sein: „Zum Stand 13. Dezember 2011 entsprachen mehr als drei Viertel aller Unterkünfte den Leitlinien“, heißt es in der schriftlichen Entgegnung.
Nach diesen festgelegten Maßgaben zu Größe, Art und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber „soll pro vorgehaltenem Platz eine durchschnittliche Wohn-/Schlafraumfläche von sieben Quadratmetern regelmäßig nicht unterschritten werden“. Dies sei in Teilbereichen von 38 Gesamtunterkünften nicht der Fall. 118 dieser Einrichtungen für Asylbewerber gibt es in ganz Bayern. In acht der Unterkünfte können die Sanitärräume für männliche und weibliche Bewohner nach wie vor nicht voneinander abgetrennt werden. In 85 von ihnen gibt es bis dato kein – wie in den Leitlinien gefordert – „Krankenzimmer zur kurzzeitigen Unterbringung erkrankter Bewohner“. Beschwichtigend wird argumentiert: „Je nach Lage des Einzelfalls wird aber eine geeignete Unterbringung in einem separaten Zimmer oder zum Beispiel in behindertengerechten Unterkünften sichergestellt.“
„Aus welchen Gründen werden in Bayern – anders als in anderen Bundesländern – Abschiebungen nach Afghanistan nicht ausgesetzt?“, fragte Kamm. Von so einer Praxis anderer Bundesländer wisse man nichts, erklärt das Ministerium. Vielmehr erfolge die Rückführung (...) afghanischer Staatsangehöriger im Einklang mit der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Ein weiteres Argument des Sozialministeriums: „Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen mit Urteil vom 31. Mai 2011 entschieden, dass in Afghanistan zumindest für junge männliche ledige und gesunde Rückkehrer keine extreme Gefahrenlage für Leib und Leben oder Freiheit besteht, die einer Abschiebung entgegenstünde.“ (Alexandra Kournioti)

INFO Die Situation der bayerischen Asylbewerber in Zahlen

Die Zahl der benötigten Plätze in bayerischen Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber ist seit 2007 kontinuierlich gestiegen: Der so genannte Zugang an Flüchtlingen nimmt nämlich zu. Ebenso kontinuierlich hat das Personal – wie Hausmeister und Heimleiter –, das für alle Asylbewerber zur Verfügung steht, abgenommen.
2007gab es 2966 Neuzugänge, das Gesamtpersonal umfasste exakt 555,20 Stellen. Das Personal wurde 2008 auf 493,10 Stellen zurückgefahren. Die Zahl der neuen Asylbewerber betrug im selben Jahr 3389. 2009 gab es 4234 neue Asylbewerber. Zugewiesene Personalstellen für das Jahr: 459,40. Im Jahr 2010 gab es 417,95 Posten; 6146 Menschen suchten neu Asyl. Für 2011 sieht das Verhältnis Neuzugänge respektive Gesamtpersonal so aus: 7020 Neuzugänge, 394,78 Stellen. Zum Juli 2012 wurden 4187 Neuzugänge unter den Asylbewerbern gerechnet. Das Personal ist zum gleichen Zeitpunkt auf 370,84 Stellen geschrumpft.
Aus diesen Zahlen lässt sich kein genaues Verhältnis zwischen Asylbewerbern und Personalstellen ableiten, weil nicht angegeben ist, wie hoch die Zahl aller Asylbewerber – neuer und bereits bestehender – in den betreffenden Zeiträumen war. Auch eine Aufteilung in Heimleiter, Hausmeister- und sonstige Stellen sei nicht möglich. Begründung des Sozialministeriums: „Der Einsatz des Personals in den einzelnen Einrichtungen wird entsprechend den dienstlichen Notwendigkeiten und den personellen Möglichkeiten von den Regierungen eigenständig vorgenommen.“ > aki

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