Landtag

In seiner letzten Plenarsitzung hat der Landtag zahlreiche Gesetzesinitiativen beraten. (Foto: DPA)

19.07.2013

Gesetzesmarathon zum Ende der Legislaturperiode

Plenum: Abgeordnete stimmen über Verhaltensregeln, Blindengeld, eigenverantwortliche Schule und Mediengesetz ab

Die letzte Plenarwoche vor einer Landtagswahl ist traditionell ein Gesetzesmarathon. Kurz vor Toresschluss muss noch über alles beraten und entschieden werden, was in den vergangenen fünf Jahren liegengeblieben ist oder noch dringend geregelt werden sollte. 21 Gesetzentwürfe standen diese Woche zur zweiten Lesung an, vom neuen Fraktionsgesetz über die Regelungen für das Blindengeld bis hin zum Versammlungsrecht.
Gescheitert: SPD-Forderung nach Mindestlohn
Obwohl sie nur einen kleinen Personenkreis betreffen, sorgten die neuen Regeln für die Abgeordneten für das größte Aufsehen. So erlaubt das neue, von der Regierungskoalition eingebrachte Fraktionsgesetz erstmals ausdrücklich die Zahlung von Zulagen an führende Fraktionsmitglieder. Deren Höhe bleibt der Entscheidung jeder einzelnen Fraktion überlassen, Grüne und Freie Wähler konnten sich mit ihren Forderungen nach einer Obergrenze nicht durchsetzen. Die fehlende Rechtsgrundlage und das Ausmaß der Zahlungen hatte zuletzt der Oberste Rechnungshof bemängelt.
Im Zuge des Fraktionsgesetzes wurden die neuen Verhaltensregeln für Abgeordnete mitberaten. Diese müssen künftig ihre Nebeneinkünfte nach dem im deutschen Bundestag gültigen Stufenmodell offenlegen, auch für die Annahme von persönlichen Spenden wurden Regeln geschaffen. Der Opposition gingen die Vorschläge von Christsozialen und Liberalen aus verschiedenen Gründen nicht weit genug.
Mit großer Mehrheit verabschiedete der Landtag Änderungen am Blindengeldgesetz. Diese sollen die Lage der gut 100 taubblinden Menschen in Bayern verbessern. Für Blinde mit vollständigem Hörverlust oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit wird das monatliche Blindengeld von 534 Euro nun in doppelter Höhe ausbezahlt, um die Hilfsmittel für ein möglichst selbstbestimmtes Leben bezahlen zu können. Keinen Aufschlag gibt es dagegen für die im Großraum München tätigen Beamten. Die SPD scheiterte mit ihrem Vorstoß, die seit 1998 unveränderte Ballungsraumzulage von monatlich 75 Euro wegen der seither stark gestiegenen Lebenshaltungs- und Mietkosten auf 150 Euro zu verdoppeln. Analog sollte es einen Aufschlag für Beamtenanwärter und den Kinderzuschlag geben.
Ab dem kommenden Schuljahr erhalten Bayerns staatliche Schulen mehr eigene Kompetenzen. Mit einer Ergänzung des Bildungs- und Erziehungsgesetzes will die Koalition die eigenverantwortliche Schule stärken. Konkret geht es um die Umorganisierung in der Schulleitung, die Ausweitung der Mitwirkungsrechte von Eltern und Schülern sowie die Pflicht zur Erarbeitung eines Schulentwicklungsprogramms für jede Schule als Mittel der Qualitätssicherung. Die Opposition forderte vergeblich eine weitergehende Autonomie der Schulen von der Kultusbürokratie.
Um der Debatte um mehr weibliche Führungskräfte neuen Schwung zu verleihen, hatte die SPD eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes eingebracht, mit der der bisher unterproportionale Anteil von Frauen in Führungsposition der öffentlichen Verwaltung deutlich erhöht werden sollte. Der öffentliche Dienst sollte damit zum Vorbild für die Privatwirtschaft werden. Die SPD hatte einen umfassenden Maßnahmenkatalog erarbeitet, für den sie allerdings keine Unterstützer fand. CSU, FDP und Freie Wähler sprachen sich gegen gängelnde Vorgaben aus, die Grünen für noch klarere Regeln.
Zur Begrenzung des Klimawandels hatte die SPD den Entwurf eines bayerischen Klimaschutzgesetzes erarbeitet. Darin enthalten war die gesetzliche Vorgabe, den Ausstoß des Treibhausgases CO2 in Bayern bis 2020 verbindlich auf unter sechs Tonnen je Einwohner zu senken. Bislang ist dies nur eine Absichtserklärung der Staatsregierung. CSU und FDP hielten das auch für ausreichend. Auf Vorschlag von SPD und Grünen stand zudem eine Präzisierung des Versammlungsrechts zur Abstimmung. Darin aufgenommen werden sollte eine Klarstellung, dass – nachdem es hier zuletzt zu Irritationen gekommen war – Arbeitskampfmaßnahmen wie Streiks nicht dem Versammlungsrecht unterliegen. Außerdem sollten die Vorgaben für Video-Aufzeichnungen von Demonstrationen durch die Polizei neu geregelt und die Bannmeile um den Landtag abgeschafft werden. CSU, FDP und Freie Wähler sahen für all das keine Notwendigkeit.
Keine Mehrheit fanden zudem zwei weitere Gesetzentwürfe der SPD. Im ersten ging es um die Durchsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro in Bayern und vor allem um dessen Gewährleistung und die Tariftreue bei öffentlichen Auftragsvergaben, wie das in anderen Bundesländern bereits der Fall ist. CSU und FDP setzten dagegen mehr auf tarifrechtliche Lösungen, die Freien Wähler warnten vor zu viel neuer Bürokratie für die Unternehmen.
Außerdem scheiterte der Entwurf für die Änderung des bayerischen Mediengesetzes, wonach es landesweit ausgestrahlten TV-Programmen untersagt werden sollte, zum Schutz örtlicher Presseorgane regionale Werbespots auszustrahlen. Regionale Fernsehwerbung sollte nach Ansicht der SPD– unterstützt von Freien Wählern und Grünen – nur dort erlaubt sein, wo auch regionale und lokale Berichterstattung stattfindet. (Jürgen Umlauft)

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