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Der Begriff Leitkultur geistert beharrlich durch Bayern: doch zugesicht bekommen habe dieses Gespenst noch nicht einmal die CSU, spottet die Grünen-Abgeordnete Christine Kamm. (Foto: dpa)

23.06.2016

Gespenstische "Leitkultur"

Im Integrationsgesetz will die Staatsregierung Einwanderern die Achtung vor der "Leitkultur" vorschreiben - doch was macht die Leitkultur aus? Die Antwort der Staatsregierung trägt nicht zur Klarheit bei

Der politisch heftig umkämpfte Begriff der deutschen "Leitkultur" für Einwanderer bleibt wolkig. Das Sozialministerium hat eine Anfrage der Grünen nach der Definition des Wortes quasi unbeantwortet gelassen, wie aus dem Papier hervorgeht. Somit bleibt auch unklar, an welchen "vorherrschenden Umgangsformen, Sitten und Gebräuchen" sich Flüchtlinge und in Bayern lebende Ausländer orientieren sollen. Die Staatsregierung will in ihrem Integrationsgesetz in Bayern lebende Ausländer zur Achtung der Leitkultur verpflichten.

Die Augsburger Grünen-Abgeordnete Christine Kamm wollte wissen, was damit gemeint war. Doch in der Antwort erläutert das Ministerium nicht den Begriff - sondern zitiert lediglich den Gesetzestext: "Ganz Bayern ist geformt von gewachsenem Brauchtum, von Sitten und Traditionen", heißt es in der Präambel unter anderem. Bayern sei "tief eingewurzelt in Werte und Traditionen des gemeinsamen christlichen Abendlands und weiß zugleich um den jüdischen Teil seiner Identität."

Die Grüne Kamm spottet: "Die Leitkultur ist ein Gespenst, das auch im CSU-Sozialministerium noch niemand zu Gesicht bekommen hat"

Die Grünen-Politikerin wollte weiter wissen, an welchen vorherrschenden Umgangsformen Einwanderer sich orientieren sollen. Antwort: "Die vorherrschenden Umgangsformen, Sitten und Gebräuche, die im Einklang mit Recht und Gesetz stehen, sind zu respektieren."

Der skurril wirkende Schriftwechsel zwischen Grünen und Ministerium hat einen ernsten juristischen Hintergrund: Ein wesentlicher Grundsatz des Rechtsstaats ist das Bestimmtheitsgebot - Regeln und Verbote sollen klar und eindeutig sein. Damit soll nicht zuletzt gewährleistet werden, dass Strafen nicht willkürlich verhängt werden können. Doch sogar in der CSU-Fraktion merken vereinzelte Skeptiker an, dass es dem Integrationsgesetz an Bestimmtheit fehle.

"Die Leitkultur ist ein Gespenst, das auch im CSU-Sozialministerium noch niemand zu Gesicht bekommen hat", spottete Kamm. "Wenn im Sozialministerium bei konkreten Fragen zur Leitkultur nur Sprach- und Ratlosigkeit herrscht, wie sollen dann Migrantinnen und Migranten auf diese verpflichtet werden können?" (dpa)

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