Landtag

Wie wichtig ehrenamtliches Engagement ist, wurde zuletzt bei der Flutkatastrophe deutlich. Jetzt soll es als Staatsziel in die Verfassung kommen. (Foto: DPA)

30.08.2013

Hehre Ziele ohne Rechtsanspruch

Verfassungsänderungen: Die CSU lobt die Stärkung des Landtags bei EU-Entscheidungen, die FW die des Ehrenamts – für die Grünen ist alles nur „Schaufensterpolitik“

Wenn am 15. September  Bayern wählt, entscheiden die Bürger nicht nur über die Besetzung des neuen Landtags. Sie stimmen auch über fünf Verfassungsänderungen ab. Eine davon liegt Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet (CSU)  ganz besonders am Herzen: die Stärkung der Mitwirkungsrechte des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union. Im Maximilianeum erläuterte er die Bedeutung der geplanten Verfassungsänderung. „In den vergangenen Jahrzehnten wurden mit der europäischen Integration die Landesparlamente in ihren Kompetenzen  ausgehöhlt“, sagte Bocklet. Der Landtag soll deshalb per Gesetz die  Staatsregierung an ein bestimmtes Abstimmungsverhalten im Bundesrat binden können – wenn es um eine Übertragung von Landeskompetenzen auf die EU geht. Auch ein Volksentscheid dazu soll künftig möglich sein.

„Da soll den Menschen etwas untergejubelt werden, ohne dass es zuvor eine richtige Debatte gab“, empörte sich die Grüne Christine Stahl. Die Landtagsvizepräsidentin lud ebenfalls zum Thema ins Maximilianeum. Die Grünen hatten im Juni als einzige Fraktion gegen die Verfassungsänderungen gestimmt. Die Festschreibung von Mitbestimmungsrechten des Landtags sieht Stahl schlicht als „verfassungswidrig“ an – und verweist auf „zahlreiche Experten“. Bocklet hatte seinen Experten dagegen gleich dabei. Rudolf Streinz, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht und Europarecht an der LMU, kommt in einem von Bocklet in Auftrag gegebenen Gutachten zu dem Schluss, dass die Änderung „sowohl europa- als auch verfassungsrechtkonform ist“. Er räumte jedoch ein, dass das selbst an seiner Fakultät umstritten sei. „Hier bewahrheitet sich eben: „Zwei Juristen, drei Meinungen.“

Aber auch inwieweit tatsächlich die Mitsprachemöglichkeit der Bürger bei EU-Entscheidungen gestärkt würde, ist strittig. Denn wenn die Staatsregierung – per Volksentscheid an ein bestimmtes Handeln im Bundesrat gebunden – dort überstimmt wird, ist es um den Volkswillen geschehen.

Für Stahl sind ohnehin alle geplanten Verfassungsänderungen „reine Schaufensterpolitik“, da von der Festschreibung der Staatsziele explizit keine Rechtsansprüche abzuleiten sind. Konkrete politische Maßnahmen in den letzten fünf Jahren wären laut Stahl weit sinnvoller gewesen als „diese Schönwettersätze“. „Nun müssen die Bürger und Bürgerinnen entscheiden, ob sie mit der Alibiveranstaltung des Ministerpräsidenten und dem wabernden Wohlfühl-Wahlkampf ganz mitgehen oder besser auf einklagbare Rechte setzen.“ Stahl warnte: Die Verfassung habe einen zu hohen Stellenwert, um beliebig Änderungen vorzunehmen, die nichts bewirken. „Sie ist kein Spielball.“

Ganz konkrete Erwartungen haben dagegen die Freien Wähler an die Verfassungsänderungen. Auf ihren Druck hin wurde die Förderung des ehrenamtlichen Engagements aufgenommen. Hans Jürgen Fahn betonte diese Woche im Landtag, dass die Verankerung in der Verfassung nicht bloß ein Satz sein sollte, sondern durch dauerhafte Finanzierung untermauert werden müsse. Bislang habe die Staatsregierung dies immer mit Verweis auf den Haushaltsrahmen ablehnen können. „Dies funktioniert dann künftig nicht mehr“, gab sich Fahn optimistisch.

Konkret forderte Fahn, dass die rund 50 Koordinierungszentren für bürgerliches Engagement in den Landratsämtern länger als drei Jahre vom Staat mitfinanziert werden. Auch die Ehrenamtskarte, mit der Ehrenamtliche Vergünstigungen bei einigen Firmen und Veranstaltern bekommen, müsse stärker gefördert werden – die Kosten dürften aber nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Das Engagement  in Sachen Ehrenamt sei viel zu dürftig. Fahn: „Die bisher angedachten 100 000 Euro aus dem Etat des Sozialministeriums sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein – und es gilt: Ohne Moos nix los.“ (Angelika Kahl, David Lohmann)

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