Landtag

Der Entbürokrator: Der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber kämpft gegen die Brüsseler Bürokratie.(Foto DDP)

21.05.2010

Herkules berichtet aus dem Augiasstall

High Level Group-Vorsitzender Edmund Stoiber legt 260 Vorschläge zur europaweiten Entbürokratisierung vor

Edmund Stoiber sagt, er wolle nur kurz Bilanz ziehen seiner nun gut zweijährigen Arbeit als Chef der ehrenamtlichen „High Level Group“ zum Bürokratieabbau in Europa. „Der schriftliche Bericht mit unseren 260 Vorschlägen liegt Ihnen ja vor“, verweist der Ministerpräsident a.D. die Abgeordneten im Europaausschuss auf den mitgebrachten Unterlagenstapel. Stoiber wäre aber nicht Stoiber, würde er dann nicht doch en detail, und auch die Nöte bayerischer Schnupftabakhersteller nicht auslassend, über seine Tätigkeit in dem 15-köpfigen Expertengremium berichten. Zumal ihm der SPD-Abgeordnete Linus Förster die Steilvorlage liefert, noch einmal in die Rolle des europäischen Staatsmannes zu schlüpfen mit seiner Bitte, doch auch seine Einschätzung aus Brüsseler Sicht zum Verfall des Euro kundzutun. 260 Vorschläge zur Entbürokratisierung besonders bürokratieträchtiger Rechtsbereiche hat Stoibers Gruppe also vorgelegt. Würden diese allesamt umgesetzt, wäre das ein „kostenloses Konjunkturprogramm“, schwärmt er. Die in der EU registrierten 23 Millionen Unternehmen könnten 41 Milliarden Euro im Jahr einsparen, etwa 800 000 davon entfielen auf Betriebe in Bayern. Man sei auf einem guten Weg, denn 8 der 41 Milliarden seien umgesetzt, weitere 31 Milliarden seien von der EU-Kommission abgesegnet, es fehle nur noch die Zustimmung von Europäischem Rat und Europa-Parlament. Vor allem bei Letzterem sehe er wie bei der Kommission eine zunehmende Sensiblität für Fragen des Bürokratieabbaus. Die Bürokratiefolgenabschätzung werde bei neuen Richtlinien allmählich Standard. Er lässt dabei nicht unerwähnt, dass diese Entwicklung natürlich auch Folge seiner Arbeit sei. In der Attitüde des schlachtenerfahrenen Kämpen schildert Stoiber, welchen Kampf es bedeute, sich mit seiner ehrenamtlichen Entbürokratisierertruppe gegen das Brüsseler Beamtenheer durchzusetzen. Aber man habe „wuchtige Erfolge“ erzielt. So entfalle künftig die Erstellung einer zusätzlichen EU-Handelsbilanz für Kleinbetriebe, was diesen europaweit sechs Milliarden Euro einspare. Auch müssten die Kleinlaster von Handwerkern bald nicht mehr mit digitalen Fahrtenschreibern ausgerüstet werden, was pro Fahrzeug bis 4500 Euro gekostet habe. Und dass Unternehmen ihre Rechnungen künftig nicht mehr in Papierform, sondern elektronisch bei den Finanzbehörden vorlegen könnten, spare bis zu 18 Milliarden Euro. „Es gibt zu viele Bestimmungen, bei denen nicht nur ein Gürtel die Hose hält, sondern auch noch Hosenträger und Sicherheitsnadeln“, sagt Stoiber. Nicht ohne Stolz verkündet Stoiber, dass EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das Mandat der High Level Group um zwei weitere Jahre bis Ende 2012 verlängert und sie mit zusätzlichen Aufgaben ausgestattet habe. Nun soll die Truppe auch die restlichen Rechtsgebiete durchforsten, alle Verwaltungsvereinfachungen auf EU-Ebene auf Plausibilität prüfen und europaweit nach „Best-Practice-Beispielen“ bei der möglichst verwaltungsfreundlichen Umsetzung von EU-Richtlinien fahnden. Das alles drohe den Rahmen der Ehrenamtlichkeit zu sprengen, sagt Stoiber, doch natürlich werde er sich weiter für Gotteslohn in den Dienst der Sache stellen. Der Auftritt des wahlweise mit und ohne „a.D.“ titulierten früheren Ministerpräsidenten wird fraktionsübergreifend wohlwollend aufgenommen. „Ein von vielen bei seiner Einsetzung belächeltes Gremium zeigt doch erhebliche Wirkung“, bringt CSU-Fraktionsvize Alexander König die Stimmung auf den Punkt. Michael Piazolo (Freie Wähler) nimmt Stoibers Erfolgsbilanz zum Anlass, einen Dringlichkeitsantrag zur Einsetzung eines bayerischen Landesbeauftragten für Bürokratieabbau einzubringen. Stoiber geht noch ein Stück weiter. Er schlägt die Schaffung eines Parlamentsausschusses vor, wie dies in einigen EU-Staaten schon Praxis sei. (Jürgen Umlauft)

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