Landtag

Gerade auf dem Land bedarf es einiger Tricks, um mit seinem Handy wieder ins Netz zu kommen. (Foto: getty)

04.07.2014

Kein Bock auf kein Netz

Breitbandausbau: Weil das Internet an Schulen zu langsam ist und es der SPD auf dem Land zu viele Funklöcher gibt, startet die Fraktion jetzt eine große Aktion

Digitalisierung ist der Megatrend weltweit. Annette Karl vergleicht sie bei der SPD-Pressekonferenz zum Thema „Schulen und ländlicher Raum weiter Offline statt Online“ im Maximilianeum sogar mit der Industrialisierung. „So wie damals gibt es große Umwälzungen beim Arbeitsleben und bei den Herrschaftsverhältnissen“, erklärt die Sprecherin für Fragen des ländlichen Raums. „Wer die Daten hat, hat die Macht.“ Doch obwohl selbst die Staatsregierung die Digitalisierung als „Innovationsmotor“ des 21. Jahrhunderts bezeichnet, mangelt es vielerorts noch an einer ausreichenden Mobilfunknetz- und Internetversorgung.
Einem Fünftel der 6045 Schulen im Freistaat steht nur ein Internetanschluss mit einer Bandbreite von höchstens 1 MB/s zur Verfügung. Diese können in der Folge nicht einmal die Filmangebote der offiziellen Lernplattform des Landesmedienzentrums nutzen: Dafür wäre eine Verbindungsgeschwindigkeit von mindestens 1,6 MB/s notwendig. „Das ist doch ein Irrsinn!“, schimpft die Mutter von vier Kindern. Schüler müssten schließlich den Umgang mit dem Internet lernen, damit sie es verantwortungsbewusst nutzen können.

1115 Schulen im Freistaat surfen lediglich mit 1 MB/s


Momentan unterstützt das Medienministerium den Breitbandausbau mit 1,5 Milliarden Euro. Davon sind laut Karl allerdings erst 250 000 Euro bei den Kommunen angekommen. „Der Rest liegt nutzlos als reine Buchungsstelle im Haushaltsplan herum.“ Die Abgeordnete fordert daher, Gemeinden mit schwieriger Finanzlage besser zu unterstützen. „Viele können den Eigenanteil von zehn Prozent nicht aufbringen“, erläutert sie. Zudem solle Finanzminister Markus Söder (CSU) dafür sorgen, dass die seit Langem angekündigte Richtlinienänderung des Breitbandprogramms in Brüssel endlich genehmigt werde – am besten noch bevor die neuen EU-Kommissare gewählt werden. Darüber hinaus müsste die Staatsregierung bis spätestens 2020 ausnahmslos alle Schulen mit einem schnellen Internetanschluss versorgen und zusätzliche IT-Fachlehrkräfte einstellen.
Ein weiteres Ärgernis für die SPD-Fraktion sind die Funklöcher im Mobilfunkstandard LTE. „In den ländlichen Regionen oder im Umkreis mancher Ballungsräume braucht man nur fünf Schritte zu gehen, und schon bricht die Verbindung ab“, klagt sie. Dies sei im „Hightechland“ Bayern nicht hinnehmbar. Die Staatsregierung verweist in diesem Fall zwar auf eine fast vollständige LTE-Netzabdeckung von 1 MB/s. „Das ist aber nur ein statistischer Trick“, glaubt die SPD-Frau. „Denn eine Netzabdeckung ist schon ab 50 Prozent erreicht.“ Das bedeutet, dass ein Ort als mit LTE versorgt gilt, sobald ein Ortsteil eine Bandbreite von mindestens 1 MB/s hat. Ob dies für die restlichen Ortsteile zutrifft, ist dabei unerheblich. Aus diesem Grund soll die Staatsregierung jetzt beim Bundesminister für digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt (CSU), Druck machen, dass die prozentuale Kategorie im Breitbandatlas verkleinert wird, um die tatsächliche LTE-Verfügbarkeit ermitteln zu können.
Um den Missstand zu korrigieren, starten Karl und der Arbeitskreis Wirtschaft der SPD-Landesfraktion neben ihrem Antrag (siehe Infokasten) jetzt unter dem Motto „Kein Bock auf kein Netz“ eine Postkartenaktion. Jedes Mal, wenn Bürger ein Funkloch entdecken, sollen sie eine Postkarte an Karls Bürgerbüro schicken. Damit soll die reelle Mobilfunk-Verfügbarkeit in ganz Bayern ermittelt werden. „Eine Rückmeldung ist auch per E-Mail an buergerbuero@annettekarl.de mit dem Betreff ’Funkloch’ möglich“, erklärt die Abgeordnete. „Ein Versand könnte aber vielerorts am beklagenswerten Internetausbau scheitern.“
(David Lohmann) INFO: SPD-Antrag „Basisstationen für ein LTE-Netz aufrüsten“
Die SPD-Landtagsfraktion hat aktuell einen Antrag erarbeitet, damit die Basisstationen für ein LTE-Netz aufgerüstet werden. Die Abgeordneten Annette Karl, Natascha Kohnen, Andreas Lotte und Bernhard Roos fordern darin die Staatsregierung auf, „bei der Bundesnetzagentur darauf hinzuwirken, dass die bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin am 12. Juni 2014 angekündigte Versteigerung von Frequenzen (694 MHz – 790 MHz), die infolge der Umstellung von DVB-T auf DVB-T2 freigegeben werden, an eine Aufrüstungsverpflichtung der Basisstationen (Mobilfunksendeanlagen) geknüpft wird, welche die Basisstationen LTE-fähig macht“.
stationen LTE-fähig macht“.
In der Begründung der SPD-Abgeordneten heißt es, eine solche spezifische Aufrüstungsverpflichtung habe im Jahr 2010 bei der Frequenzversteigerung zur Digitalen Dividende I zum Auf- und Ausbau der deutschen LTE-Netze gefehlt. „Dies hat dazu geführt, dass, entgegen aller damaligen Ankündigungen, die so genannten ’weißen Flecken’ vor allem in den ländlichen Regionen Bayerns bis heute nur unzureichend geschlossen werden konnten“, argumentieren die Antragssteller. Dies lasse sich im Breitbandatlas unter bit.ly/Breitbandatlas selbst überprüfen.
Besonders unerschlossen sind demnach die östlichen Regionen von Rosenheim und Passau, das Gebiet zwischen Augsburg und Kempten, zwischen Aschaffenburg und Schweinfurth sowie der Landstrich rund um das Drei-Städte-Dreieck Bamberg – Bayreuth – Nürnberg. (LOH)

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