Landtag

Zum Oktoberfest steigt die Zahl der Prostituierten in München. (Foto: DPA)

10.05.2013

Keine amtlichen Daten erhoben

Schriftliche Anfrage: Christine Kamm hat sich über Prostitution in Bayern informiert

Prostitution hat sich in Bayern im Laufe der Jahre stark verändert. Das schreibt die Abgeordnete Christine Kamm (Grüne) in ihrer schriftlichen Anfrage rund um das Thema. „So sollen nach Auskunft der Polizei vermehrt osteuropäische Prostituierte arbeiten, der Anteil deutscher Prostituierter gehe zurück“, merkt die Politikerin an. Wie viele Personen im Freistaat diesem Gewerbe nachgehen, erfährt sie vom Innenministerium indes nicht. Vielmehr basiert die dürftige Datenlage auf regionalen Statistiken, die die bayerische Polizei bei so genannten Kontrolltätigkeiten zusammengetragen hat (siehe Info am Ende des Texts).

Schwierige Ermittlungen

Wie viele Prostituierte in Bayern krankenversichert sind, kann das Ressort von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auch nicht mitteilen. Grund: „Für versicherungspflichtig Beschäftigte erhalten die gesetzlichen Krankenkassen vom jeweiligen Arbeitgeber grundsätzlich die Angaben zur ausgeübten Tätigkeit über den Tätigkeitsschlüssel der Meldung zur Sozialversicherung.“ Für Prostituierte gelte die Ziffer „913“. Unter diese falle aber auch eine Vielzahl von Berufen und Tätigkeiten, „die im Wesentlichen dem Hotel- und Gaststättenbereich zuzuordnen sind“. Auch die Berufe von Familienversicherten und freiwilligen Mitgliedern – einige von ihnen könnten der Prostitution nachgehen – seien den gesetzlichen Krankenkassen nicht bekannt. Ebenfalls eine Unbekannte: Wie viele Prostituierte in den vergangenen Jahren Klagen auf Bezahlung ihrer Dienstleistung eingereicht haben. Auch nach amtlichen Zahlen zu den Opfern von Zwangsprostitution hat Kamm gefragt. Die gibt es indirekt über die Fachberatungsstellen von Jadwiga und Solwodi für das Jahr 2011. Demnach sind von diesen beiden Anlaufstellen insgesamt 137 Opfer von Zwangsprostitution betreut worden.
Offensichtlich hat sich deren Angebot bewährt, denn: Im Jahr 2013 habe man den für die beiden Einrichtungen vorgesehenen Haushaltsposten um 80 000 Euro erhöht, teilt das Ministerium mit. Weitere Anlaufstellen in Bayern für Prostituierte sind unter anderem „Mimikry – Unterstützung für Frauen in der Prostitution“ und „Marikas – Anlauf- und Beratungsstelle für anschaffende junge Männer“.
Zurück zu den Zahlen zeigt sich immerhin: In der polizeilichen Kriminalstatistik des Freistaats (PKS) sind Fallzahlen aus dem Jahr 2012 zu folgenden vier Straftatbeständen angegeben: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (16), Ausbeuten von Prostituierten (2), Zuhälterei (7) und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (40). Selten würden die Fälle von den potenziellen Opfern selber angezeigt, sondern: „Ermittlungsverfahren beruhen zumeist auf polizeilichen Kontrollen.“ Weitere Aspekte erschweren laut Ministerium die Ermittlungsarbeit beispielsweise im Bereich möglicher Zwangsprostitution. So lebe der Kopf einer Bande häufig im Ausland. Auch seien beispielsweise im Fall von Zuhälterei verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wie Telefonüberwachung nicht gestattet. Was ebenfalls vorkomme: „Die oft mittellosen Opfer sind von ihren Zuhältern emotional oder wirtschaftlich abhängig sowie durch Androhung von Gewalt oder sonstiger Repressalien eingeschüchtert worden.“
Von dem im Jahr 2002 in Kraft getreten Prostitutionsgesetz scheint man im Hause Herrmann nicht viel zu halten. Aus polizeilicher Sicht sei damit die Position von Bordellbesitzern und Zuhältern gegenüber Prostituierten gestärkt worden. Beispielsweise gebe es keine speziellen „Melde-, Erlaubnis- und sonstige Pflichten für Bordellbetreiber“.(Alexandra Kournioti)

INFO

Genaue Zahlen, wie viele Prostituierte in welchen bayerischen Kommunen „ihre Tätigkeit als selbständig und sozialversicherungsrechtlich relevant angemeldet haben“: Die wollte die Abgeordnete Christine Kamm (Grüne) vom Innenministerium haben. Dem liegen solche nach eigener Aussage aber nicht vor, denn: „Selbständige Prostitution ist kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, sodass eine Pflicht zur Gewerbean-, ab- oder -ummeldung nicht besteht“, steht in der schriftlichen Entgegnung.
Dafür werden Daten angegeben, die die Polizeipräsidien München und Mittelfranken aufgrund von „aktiven Kontrolltätigkeiten“ zusammengetragen haben. So zählten die Gesetzeshüter aus der Landeshauptstadt im Jahr 2011 insgesamt 2881 Prostituierte. Von ihnen seien 2749 weiblich gewesen. 2012 verzeichnete man 2760 Prostituierte, darunter 2631 Frauen. Hauptsächlich stammen sie aus den Ländern Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Tschechien, Thailand und Polen. In den Stadtgebieten Nürnberg, Erlangen und Fürth wurden 2011 insgesamt 1359 Prostituierte gezählt, davon 1318 weibliche. Im Jahr darauf waren es in denselben Städten 1460, darunter 1430 Frauen.
Interessant ist Folgendes: „Der Aufenthalt legaler Prostituierter unterliegt einer ständigen, bundesländerübergreifenden Fluktuation.“ Beispielsweise würden einige Prostituierte nur während des Münchner Oktoberfests ihre Dienste in der Landeshauptstadt anbieten. Für das Jahr 2011 seien im Freistaat 78 Fälle illegaler Prostitution aktenkundig geworden. (aki)

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