Beim ersten Kinderparlament im Maximilianeum übernahmen Grundschüler die Arbeit der Abgeordneten. Die Nachwuchspolitiker debattierten über Themen wie Bildung, soziale Gerechtigkeit oder Umweltschutz. Die durchaus ernstgemeinten Ergebnisse überreichten sie zum Abschluss der Kinderkommission des Landtags.
Obwohl im bayerischen Landtag offiziell die Sommerpause begonnen hat, ist der Plenarsaal an diesem Freitag bis auf den letzten Platz besetzt. Wo sonst allerdings die Delegierten sitzen, haben es sich Viertklässler bequem gemacht und testen die Stühle der Volksvertreter auf ihre Strapazierfähigkeit. Der gewaltige Lärmpegel nimmt jedoch ein jähes Ende, als Landtagspräsidenten Barbara Stamm zur Glocke greift und das erste Kinderparlament im Maximilianeum eröffnet.
Die 160 teilnehmenden Grundschüler kommen aus allen sieben Regierungsbezirken des Freistaats und sollen an diesem Tag zusammen mit den Mitgliedern der Kinderkommission (Kiko) ihrer Generation eine Stimme verleihen.
„Was wünscht Ihr Euch, welche Verantwortung haben Lehrer und welche Pflichten haben wir als Politiker?“, will die Präsidentin zunächst von den jungen Repräsentanten wissen. Die erste Antwort wird Stamm von den Zehnjährigen sogleich auf einem selbstgemalten Plakat überreicht: „Rettet die kleinen Dorfkindergärten“ ist darauf zu lesen.
Um auf die anderen Fragen eingehen zu können, soll in fünf Arbeitsgruppen altersgemäß über Bildung, Gerechtigkeit, Umwelt, Gesundheit und das menschliche Miteinander diskutiert werden. „Der Landtag gehört Euch“, ruft Stamm den Nachwuchs-Abgeordneten zu, doch die rasen bereits in die verschiedenen Konferenzsäle.
Zusammen mit der Forschungsgruppe Jugend und Europa vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP), versuchen die Paten aus der Kiko den Schülern das entsprechende Thema und das politische Prozedere näher zu bringen. Während die Arbeitsgemeinschaft „In die Schule geh ich gerne!?“ schon von der Klassensprecherwahl die Wahlrechtsgrundsätze kennt, rätselt der Arbeitskreis „Das ist (un)gerecht“ noch, warum Justitia die Augen verbunden sind.
"Note sechs abschaffen!“
Die Gruppe „Natürliche Umwelt?!“ hat mit dem neunjährigen Johannes einen echten Fachmann im Bereich erneuerbare Energien, und der Fachzirkel von „Gesundheit – ja klar“ kann sich bereits nach kürzester Zeit auf erste Verbesserungsvorschläge einigen.
Nach fünf Stunden überreicht als erstes das Team „Alle miteinander?“ die Ergebnisse in einem dicken Umschlag ihrer Kiko-Patin, der Chefin des Sozialausschusses, Brigitte Meyer (FDP). Für ein besseres Zusammenleben verlangen sie vor allem die Abschaltung aller Atomkraftwerke und ein höheres Kindergeld für Arme.
Für echte Gerechtigkeit in Bayern müsse die Note 6 abgeschafft werden und jedes Jahr ein Kinderparlament abgehalten werden, beantragen die Jung-Delegierten rund um Simone Strohmayr (SPD). „Weniger Proben und mehr hitzefrei“ fordern dagegen die zehnjährigen Bildungspolitiker von Eva Gottstein (Freie Wähler).
Nach Meinung der Umweltaktivisten soll eine Persönlichkeit aus dem Maximilianeum Müll aufsammeln, um andere ebenso dazu zu animieren. Obwohl Claudia Stamm von den Grünen den Schienenausbau bevorzugen würde, unterstützt sie auch den zweiten Antrag für die verstärkte Förderung von Elektroautos.
Mehr saubere Toiletten
Den meisten Beifall erhielten der Vorstoß für frühabendliche Kinderdiscos zur Entlastung der Eltern sowie ein Antrag, in dem mehr Hygiene auf öffentlichen Toiletten gefordert wird. „Damit haben mir die Kinder direkt aus der Seele gesprochen“, sagt die CSU-Abgeordnete Petra Dettenhöfer beeindruckt.
Die Jungen und Mädchen seien sehr ruhig gewesen, hätten ernsthaft gearbeitet und nach einer guten Rede viel applaudiert, betont Landtagspräsidentin Stamm zum Abschluss. „Davon könnte sich so mancher Politiker noch einiges abschauen.“
Die Kinderkommission werde jetzt die vielen Vorschläge auswerten und mit in die parlamentarische Debatte einbringen. „Ihr seid nicht umsonst dagewesen“, verspricht Stamm den Teilnehmern.
Das waren sie allerdings sowieso nicht: „Von so viel Begeisterung wie heute können wir in der Schule nur träumen“, freut sich eine angereiste Lehrerin. Die Kids fühlten sich sehr ernst genommen und seien begeistert gewesen. Nur Justin aus Sonthofen war enttäuscht: „Eigentlich habe ich nix Neues gelernt und alles schon vorher gewusst“, moniert der Neunjährige.
(David Lohmann)
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