Landtag

Wird seit 2014 renoviert: die Münchner Theatinerkirche. Im Frühjahr soll sie wieder im alten Glanz erstrahlen. (Foto: dpa)

10.03.2017

Kostspielige Uraltvereinbarungen

Erhalt von kirchlichen Bauten: Neuer Vertrag zwischen Freistaat und Kirchen

Rund 26 Millionen Euro gibt der Freistaat jährlich für den Erhalt der Kirchen aus. Daran wird sich auch künftig nichts ändern, doch an die Stelle komplizierter Einzelabrechnungen treten Pauschalzahlungen. Die Haushälter im Landtag stimmten fraktionsübergreifend zu – die Opposition allerdings „nur mit Bauchgrimmen“. Die Finanzierung des Kirchenunterhalts in Bayern wird auf eine neue vertragliche Basis gestellt. Der Freistaat vereinbarte mit der katholischen und der evangelischen Kirche, das Zuschussverfahren für den Erhalt und die Renovierung von insgesamt 521 Kirchen, für die der Freistaat auf der Grundlage von bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Verträgen eine Baulastpflicht hat, auf eine neue Grundlage zu stellen. Komplizierte Einzelabrechnungen und Unstimmigkeiten über Art und Umfang von Baumaßnahmen sollen damit der Vergangenheit angehören. Den Anstoß dazu hatte 2005 der Oberste Rechnungshof gegeben.

Nach der Neuregelung, die am 1. April in Kraft treten soll, übernimmt der Freistaat künftig 95 Prozent der Sanierungsarbeiten an Stukkaturen und Fresken, alle anderen Arbeiten müssen im Regelfall bis auf einen Fünf-Prozent-Anteil von der jeweiligen Kirchengemeinde getragen werden. Im Haushaltsausschuss des Landtags nannte die im Wissenschaftsministerium zuständige Abteilungsleiterin Andrea Siems die Vereinbarung einen „weiteren Meilenstein in der Entflechtung der Vermögensbeziehungen von Staat und Kirche“. Die Lösung sei für die Vertragspartner kostenneutral, führe aber zu Rechtssicherheit und einer spürbaren Entbürokratisierung.

Aktuell gibt der Freistaat jährlich rund 26 Millionen Euro für den Erhalt der Kirchen aus, für die er die Baulastpflicht hat oder die seit der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seinem Besitz sind. Dazu kommen derzeit noch jährlich 3,6 Millionen Euro für Pfarrhäuser. Ursprünglich bestand für 571 Pfarrhäuser eine staatliche Baulastpflicht, seit 2006 hat sich der Freistaat davon aber in 129 Fällen mit einem Aufwand von 13 Millionen Euro „freigekauft“. Diese Ablösungen würden sukzessive fortgesetzt, erläuterte Siems. Heuer seien dafür weitere 800 000 Euro im Staatshaushalt eingeplant.

Nach Auskunft Siems’ sei es weiter das Ziel des Freistaats, bei allen kirchlichen Gebäuden die Baulastpflicht durch Entschädigungszahlungen abzugeben. Anders als bei den Pfarrhäusern wollten die Kirchen bei ihren Gotteshäusern wegen des hohen Kostenrisikos bei Renovierungen nicht auf die Zuschüsse des Freistaats verzichten. Eine „große Lösung“ sei deshalb nicht in Sicht. Diese wäre nach Ansicht Siems’ für den Freistaat auch sehr teuer und nur über viele Jahre gestreckt finanzierbar. Ähnlich der Neuregelung für die Kirchen soll nun aber auch eine Lösung für die Baulast bei den sieben bayerischen Dombauten an den Bischofssitzen gefunden werden.

Die Haushälter im Landtag stimmten dem Vertragswerk fraktionsübergreifend zu. Der Ausschussvorsitzende Peter Winter (CSU) sagte, es sei „erreicht worden, was machbar war“. Durch die Vereinfachungen dürfte das „Gewürge vor Ort in vielen Fällen aus der Welt sein“, erinnerte Winter an die bislang oft schwierigen Detailverhandlungen zwischen Staat und Kirchen. Die Trennung von Zuständigkeiten und die Pauschalzahlungen seien daher „gut und richtig“. Sein Fraktionskollege Karl Freller ergänzte, wegen der prägenden Bedeutung der Kirchenbauten für das Bild Bayerns sei es berechtigt, dass sich der Freistaat weiter an deren Erhalt beteilige. Durch die pragmatischen Lösungen in dem Vertrag würden Konfliktfälle bei der Renovierung entschärft und ein wichtiger Beitrag zur Entbürokratisierung geleistet.

Zurückhaltender äußerten sich Vertreter der Opposition. Herbert Kränzlein (SPD) bedauerte, dass es nicht gelungen sei, die nicht mehr in die heutige Zeit passenden „Uraltverträge“ mit den Kirchen gänzlich für obsolet zu erklären. Bei einer Kündigung des neuen Vertrages würden diese wieder uneingeschränkt gelten. Mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen habe er Zweifel, ob die Altverträge wirklich für „sakrosant“ hätten erklärt werden müssen. Seine Fraktion stimme der Vereinbarung deshalb „nur mit Bauchgrimmen“ zu.

Claudia Stamm (Grüne) erinnerte an einen Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2008, wonach Ziel der Verhandlungen die komplette Freistellung Bayerns von der Baulast sein sollte. Davon sei man noch immer „weit entfernt“. Auch sie bemängelte, dass die Kündigungsklausel nicht für die gewünschte Rechtssicherheit sorge. Als „Wert an sich“ bezeichnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) die vereinbarten Kompetenzaufteilungen. „Ob dieser Vertrag aber der große Wurf ist, muss sich noch zeigen. Pohl forderte die Staatsregierung auf, das Ziel der kompletten Ablösung der Baulastpflicht für Kirchengebäude nicht aus den Augen zu verlieren. (Jürgen Umlauft)

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