Landtag

Ein Sinnbild für die Kultur: Masken. (Foto: Bilderbox)

15.07.2011

Kultur aus der Region für die Metropole

Podiumsdiskussion: Kultur als Standortfaktor und Integrationsmittel

Es ist ein Klassiker der deutschen Kinderliteratur, der nicht nur die Kleinen über Generationen hinweg amüsiert: Die kleine Hexe von Otfried Preußler. Dass man den Text für die Bühne auch so inszenieren kann, dass einzelne Szenen das multikulturelle Publikum rühren, erzählte Markus Trabusch, stellvertretender Intendant des Theaters Augsburg beim Kultursalon der CSU im Steinernen Saal des Landtags. Mitten im Stück habe die türkischstämmige Hauptdarstellerin ein sentimentales Lied aus ihrer Heimat angestimmt. Obwohl die deutschen Zuschauer die Worte der Weise nicht verstanden haben, verfehlte diese ihre Wirkung nicht. „Im Gegenteil, so haben die Kinder ihren Begriff von Heimat erweitert“, sagte Trabusch.


Die Region als Quelle für künstlerische Kreativität


Damit beantwortete der Kulturschaffende eine der Fragestellungen des Abends anschaulich: „Was bringen Migranten in die Kultur ein? Wie kann man sie daran beteiligen?“ Zwei weitere Aspekte diskutierte Moderator Andreas Bönte, Programmbeauftragter für das Bayerische Fernsehen, mit seinen Gästen aus dem Bereich der Kultur: Michael Henker, Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen, Django Asül, Kabarettist, Ingrid Schrader, Intendantin und Geschäftsführerin der Hofer Symphoniker und eben Trabusch. Von Seiten der Politik nahmen Bernd Sibler, Vorsitzender des Kulturausschusses im bayerischen Landtag, und Thomas Goppel, Sprecher des Kontaktkreises der CSU für Politik, Kunst und Kultur, an der Diskussion teil. Der hatte man einen „heimeligen“ Titel verpasst: „Auf der Couch: Diskurs der Kulturfamilie“.
Der für seine verbale Bissigkeit bekannte Django Asül geriet ins Schwärmen: Die Provinz ist in seinen Augen der ideale Ort sowohl für Integration als auch für Kreativität. Nachdem ihn Goppel darum bat, als Synonym für Provinz das seiner Meinung nach positiver besetzte Region zu nutzen, tat Asül artig den Gefallen. „In der Region gibt es von Haus aus nicht so viele Möglichkeiten“, stellte er fest. Wenn Jugendliche dort von einem engagierten Umfeld auf Sport oder eben Kultur aufmerksam gemacht würden, könnten sie sich darauf konzentrieren und daraus etwas entwickeln.
So sei es bei ihm mit dem Tennis und später mit dem Kabarett-Spiel gewesen. Noch heute lebt der türkischstämmige Künstler in der Region und beherrscht das niederbayerische Idiom ebenso gut wie Sibler. Dieser wiederum nutzte die Gelegenheit, um zu betonen, dass mit Mitteln aus dem Kulturfonds vor allem kleinere kulturelle Aktionen wie das Kulturfestival in Plattling unterstützt würden. Dass besagter Topf in diesem Jahr erneut gedeckelt wurde, erwähnte er indes nicht.
Schrader redete dagegen Tacheles. „Wenn es unsere Institution nicht mehr geben würde, dann gäbe es bei uns keine elementare Kultureinrichtung mehr“, sagte die Chefin der Hofer Symphoniker selbstbewusst. Immerhin spielen diese rein rechnerisch für ein Einzugsgebiet von 200 000 menschen. Offenbar müssen die Oberfranken aber nicht befürchten, dass ihnen dereinst der Geldhahn zugedreht wird: „Das haben die Hofer ganz geschickt gemacht und an ihr Orchester eine Musikschule angegliedert – da traut sich der Landtag nicht, Hand anzulegen“, sagte Goppel, der ehemalige Kulturminister Bayerns.
Schrader äußerte sich mit einem konkreten Beispiel auch zum Thema Kultur als Standortfaktor: In Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern hätten Letztere ihr versichert, dass sich nur dann Ingenieure für die Provinz/Region anwerben ließen, wenn man auf ein kulturelles Angebot vor Ort verweisen könne.
Während Asül die Meinung vertrat, dass es nicht so schlimm sei, dass er und seine Kabarett-Kollegen zumindest keine institutionalisierte staatliche Förderung erhielten („Wir sind eher Einzelkämpfer.“), merkte Trabusch an: „Häufig scheitern unsere Überredungskünste, um sehr gute Schauspieler für unser Haus zu gewinnen, am Geld.“ Dabei habe man in Augsburg mit rund 240 000 Zuschauern im Jahr ein gewichtiges Argument für Förderung. „Außerdem sind wir das einzige Musikspielhaus zwischen Augsburg und Bodensee“, sagte Trabusch.
Während Sibler die Ansicht vertritt, dass „Augsburg natürlich ein Dauerthema sei“, davon unabhängig aber die Fördergelder „einigermaßen gerecht über Bayern verteilt würden“, sagte Goppel recht emotional: „Wenn weniger Geld in den Länderfinanzausgleich und dafür mehr in die Kultur fließen würde, wäre ich selig.“ Er sieht in Theater, Konzerten, Kabarett & Co. Verankerungsgründe speziell für Alleinerziehende und -stehende.
Henker wiederum betonte, dass in den Museen mehr pro Integration getan werden müsse: „Beispielsweise gibt es in den Häusern keine italienischen und türkischen Hinweisschilder.“ Obwohl es hierzulande viele Migranten dieser Herkunft gibt.
Goppel hatte für die Kulturschaffenden einen Tipp, wie sie stärker auf sich aufmerksam machen könnten: Auf Bildschirmen in Zügen ihrer Region sollten sie die Resienden auf Veranstaltungen in ihren Häusern aufmerksam machen. (Alexandra Kournioti)

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