Landtag

Die Polizei in Niedersachsen wirbt gezielt um die Einstellung junger Frauen und Männer mit Migrationshintergrund in den Staatsdienst. (Foto: dpa)

17.10.2014

Leistung statt interkultureller Öffnung

Ausschuss öffentlicher Dienst: Die SPD hätte gern mehr Migranten im Staatsdienst – doch das lässt das Beamtengesetz nicht zu

Jugendliche mit einem ausländischen Namen müssen sich für eine Einstellung siebenmal häufiger bewerben als ihre deutschen Kollegen. Das ist das Ergebnis der Studie „Diskriminierung am Arbeitsmarkt“ des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Die Auswertung ist insbesondere für den Freistaat ein Warnsignal, da rund 20 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben.

Die Ergebnisse sind zwar nicht eins zu eins auf den öffentlichen Dienst übertragbar. Der SPD-Integrationssprecher Arif Tasdelen sorgt sich dennoch um die interkulturelle Öffnung der Staatsverwaltung. „Eine Berücksichtigung dieser Faktenlage bei der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter in unserem Bundesland sind unumgänglich“, glaubt er. Der Abgeordnete forderte daher im Ausschuss öffentlicher Dienst einen Berichtsantrag der Staatsregierung, welche Maßnahmen eingeleitet wurden, um den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Staatsdienst zu steigern.

In der Aussprache hegt Mitberichterstatter Robert Brannekämper (CSU) zwar „große Sympathie“ für den Antrag. Doch in Bayern gelte nun mal das Leistungsprinzip: Ernennungen seien laut Beamtenstatusgesetz nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen, erklärt der Abgeordnete. „Wir dürfen also gar nicht nach Migrationshintergrund auswählen, sondern müssen uns strikt nach dem Punktekatalog richten.“ Außerdem habe der Zensus von 2011 ergeben, dass 10,6 Prozent der Menschen im öffentlichen Dienst in Bayern einen Migrationshintergrund haben. „Damit liegen wir sogar 0,7 Prozent über dem Bundesdurchschnitt“, frohlockt Brannekämper. Gleiches gelte für die Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund im Freistaat.

Anonymisierte Bewerbungen sind für die CSU ebenfalls keine Lösung. Gerade die Polizei suche speziell nach Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, damit diese im Konfliktfall die Sprache der Betroffenen sprechen können. „Wenn wir Bewerbungen jetzt komplett anonymisieren, tun wir den Leuten damit keinen Gefallen“, erläutert Brannekämper. Bei einem Pilotprojekt des Finanzministeriums sei darüber hinaus festgestellt worden, dass sich über Sonderprogramme zur Anwerbung von Menschen mit Migrationshintergrund nicht mehr Leute bewerben, als über die üblichen Methoden zur Personalgewinnung. „Wir sehen daher keine Notwendigkeit für einen solchen Antrag“, unterstreicht der CSU-Mann.

Unterstützung erhält Tasdelen hingegen von den Grünen: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir über einen Berichtsantrag diskutieren müssen“, schimpft Markus Ganserer. Es sei nicht zu viel verlangt, wenn die Staatsregierung die Ausführungen und Zahlen zu den Menschen mit Migrationshintergrund im Staatsdienst in Schriftform vorlegen würde. „Ich habe im Frühjahr auch einen Bericht zu Lehrern mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst erhalten“, ergänzt er. Wenn die aktuellen Zahlen nicht vorhanden seien, müssten sie eben einzeln von den Ministerien abgefragt werden – das würde den Überblick sogar leichter machen. Diese Meinung teilt ebenso Ausschussvize Günther Felbinger (Freie Wähler): „Wir brechen uns keinen Zacken aus der Krone, wenn wir bei 20 Prozent Migrationsanteil in Bayern überlegen, wie wir die Beschäftigtenzahlen öffentlichen Dienst weiter steigern können.“ Doch auch er findet bei den CSU-Abgeordneten kein Gehör.

Keine Quote für Migranten

Als der SPD-Antrag gerade zu scheitern droht, schaltet sich Ausschusschefin Ingrid Heckner (CSU) ein. Dieser sei „aller Ehren wert“, betont sie. Zwar halte auch sie nicht viel von anonymisierten Bewerbungen, weil dadurch zum Beispiel Frauen nicht mehr gefördert werden könnten. Außerdem dürfe es keine Quote für Menschen mit Migrationshintergrund, wie sie für Schwerbehinderte gilt, geben. Stattdessen müssten sich die Schulen etwas einfallen lassen, damit sie ihre Schüler bayernweit auf das gleiche Niveau bringen. Doch sollten alle von Tasdelen gewünschten Informationen, die keinen großen Erhebungsaufwand bedeuten, von der Staatsregierung beantwortet werden, verlangt Heckner.

Dazu gehören für Heckner die Fragen nach Programmen zur Vermittlung interkultureller Kompetenz, nach welchen Grundsätzen die interkulturelle Öffnung vorangetrieben wird, welche Maßnahmen zur Gewinnung von Menschen mit Migrationshintergrund durchgeführt und wie anonymisierte Bewerbungsverfahren beurteilt werden. Gestrichen wurde hingegen die Frage, wie viele Beschäftigte und Auszubildende im öffentlichen Dienst tätig sind. Dazu müssten sämtliche Personalakten eingesehen werden. „Wir sind im Zensus besser als der Bundesdurchschnitt“, schließt Heckner die Sitzung. „Das reicht.“ (David Lohmann)

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