Landtag

Medien und Politik haben die Verantwortung für den politischen Diskurs einer Gesellschaft. Davon ist BR-Intendant Ulrich Wilhelm überzeugt. (Foto: dapd)

18.03.2011

Ode an den Qualitätsjournalismus

BR-Intendant Ulrich Wilhelm überzeugt beim Thema „Wandlungsprozesse: Demokratie und Medien“

Ist von dem Verhältnis zwischen alten und neuen Medien die Rede, entspinnt sich daraus meistens eine kulturpessimistische Diskussion, gerne mit militärischen Vokabeln: Von unausweichlichen Verdrängungskämpfen zwischen beiden Kategorien und dem unweigerlichen Rückzug der alten Informationsformate wird dann geunkt. Ganz anders bei der jüngsten Ausgabe der Gesprächsreihe, die die Tutzinger politische Akademie regelmäßig im bayerischen Landtag veranstaltet: Bevor der neue Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) Ulrich Wilhelm das Thema „Wandlungsprozesse: Demokratie und Medien“ für eine Ode an den Qualitätsjournalismus nutzte, definierten Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) und Akademieleiter Heinrich Oberreuther ihre Ansichten zum selben Topos.


Parlamentarische Arbeit wird zu wenig erklärt


Stamm ist davon überzeugt, dass erst „seriöse Berichterstattung die freie Meinungsbildung ermöglicht“. Und in dieser Tatsache erkennt sie wiederum die Chance der öffentlich-rechtlichen Medien. Als Inbegriff für qualitative Berichterstattung böten sie Orientierung im Internet, wo es weitgehend „keine redaktionelle Kontrolle gibt und jeder zum Reporter werden kann“. Dies sah Oberreuther ähnlich und zeigte sich besorgt darüber, dass die parlamentarische Öffentlichkeit zunehmend in Spartenprogrammen vorkommt.
Nach diesen Vorlagen überzeugte Wilhelm mit seiner rhetorisch gewieften Position, dass die klassischen Tugenden des Journalismus in den ebenso klassischen Formaten der Profession überdauern werden. „Wir müssen uns aber intensiv damit auseinandersetzen, wie das gemeinsame Bild, das unsere Gesellschaft zusammenhält, aussehen soll“, sagte er. Die öffentlich rechtlichen Anstalten sieht er dabei in der Rolle von Verantwortungsträgern für die Demokratie – derselbe Anspruch wie seit jeher.
Dennoch klingen Wilhelms Thesen weder gestrig und konservativ noch utopisch und naiv. „Man darf Entwicklungen nicht geißeln“, sagte er. Schließlich verkennt der erfahrene Medienakteur Wilhelm natürlich nicht die Macht von facebook & Co.: „Das klassische ,Sender/Empfänger-Prinzip’ ist auf den Kopf gestellt.“ Auch die Lebenssituation beruflich gestresster Zuschauer, die lieber Unterhaltungssendungen anschauen, versteht er. Allerdings: „Wir dürfen uns nicht fragen, ob ein objektiv wichtiges Thema den Zuschauern überhaupt zumutbar ist.“ Auch zukünftig müsse der Rezipient in Medienbeiträgen Dinge finden, „die er nicht unbedingt gesucht hat – aber auch nicht mehr missen möchte“.
Diesen Anspruch können Journalisten erfüllen, ist Wilhelm überzeugt. Seinen Kollegen bescheinigte er eine gute Ausbildung, Urteilskraft sowie: „Die politischen Seismographen funktionieren, die Alarmsysteme schlagen an.“ Allerdings stoße vor allem wegen Sparmaßnahmen in den Medienkonzernen „eine Armada an Öffentlichkeitsarbeitern auf ausgedünnte Redaktionen“. Eine Folge dieser Situation sei beispielsweise, dass die Berichterstattung aus parlamentarischen Ausschüssen seltener werde. Ohne diese aber erfahre der Bürger nicht, wie kleinteilig die politische Arbeit ist. Dass Politikinformation auch von großen Gesten – Willy Brandts Kniefall in Warschau – lebt, ist dem BR-Intendanten nicht zuwider, sofern „Dosis und Wahl der Mittel“ stimmen. Letzteres sei auch in Zukunft die gemeinsame Aufgabe für öffentlich-rechtliche Sender und Qualitätszeitungen. Beide begreift Wilhelm nämlich als sich „ergänzende Resonanzkörper“.
Es gibt eines, dem sich Wilhelm indes verweigert: der Ansicht, dass die Epoche des Postjournalismus begonnen habe: „Die teile ich nicht und damit könnte ich mich auch nicht abfinden.“ (Alexandra Kournioti)

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