Landtag

„Film ab!“: Bis es soweit ist, müssen Film- und Fernsehschaffende diverse Hürden nehmen. (Foto: DAPD)

08.07.2011

SPD-Filmgespräch: "Für eine Handvoll Dollar – Arbeitsbedingungen in der Filmbranche"

Manchmal verdienen Kühe mehr als Schauspieler

Wir kriegen meistens mehr als ein Hund, aber definitiv weniger als eine Kuh.“ Plastischer hätte Schauspieler Antoine Monot Junior die für seine Zunft meist dürftige Entlohnung nicht beschreiben können. Moderatorin Isabell Zacharias – kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion – stimmte ihm zu: „Es ist bekannt, dass viele Leute für fünf, sechs Euro die Stunde am Set arbeiten“, sagte sie. Auch der Titel der Veranstaltung war eindeutig: „Für eine Handvoll Dollar – Arbeitsbedingungen in der Filmbranche“. Das Podiumsgespräch hätte indes genauso gut heißen können: „Braucht die Film- und Fernsehbranche einen Mindestlohn?“ Obwohl Zacharias den Podiumsgästen einige Vorlagen lieferte, äußerten sich Katharina Schöde, Peider A. Defilla und Jürgen Rotter (siehe Infokasten) nicht direkt.


Arbeiten, so lange man gesund ist


Diese Zögerlichkeit erinnerte an die Zurückhaltung beim SPD-Filmgespräch im vergangenen Jahr: Damals hatte Zacharias Kreative aus Film und Fernsehen gefragt, ob eine Frauenquote in Entscheidungsgremien vonnöten sei. Die Antworten, die sie von den Podiumsgästen erhielt, klangen nach Jein. Jeder müsse halt kämpfen und beweisen, was in ihm steckt, lautete damals der Tenor.
Auch diesmal war viel die Rede von „Selbermachen“. Allerdings zeigte sich Monot, der gewerkschaftlich engagiert ist , vergleichsweise kämpferisch – wenngleich auch er sagte: „Was wir wollen, ist kein Mindestlohn, sondern eine Art Anfänger-Gage.“
Ein großes Problem für Schauspieler sei, dass sie in der Regel so wenig sozialversicherungspflichtige Tage aufweisen könnten. 85 Prozent der Darsteller hätten nämlich nicht mehr als drei Drehtage im Jahr. Nicht wenige von ihnen verdienten „nicht einmal 100 Euro am Tag“; sogar ein gut beschäftigter Mime komme auf nicht mehr als 30 Drehtage pro Jahr. Für den drehfreien Zeitraum seien Schauspieler verpflichtet, sich arbeitslos zu melden, um dereinst einen regulären Versicherungsverlauf nachweisen zu können. Finanzielle Unterstützung vom Staat bekämen die meisten Schauspieler indes nicht, weil sie zu wenig Arbeitstage angeben können. „Wir fordern Arbeitslosengeld“, sagte Monot. Außerdem sollten pro Drehtag drei sozialversicherungspflichtige Tage angerechnet werden. Vor dem Dreh gebe es nämlich Einsätze, die zurzeit nicht zur Geltung kämen: Kostüm- und Rollenproben zählten dazu. Angesichts dieser Tatsachen sei die Angst vor Altersarmut in der Branche weit verbreitet.
Als eine gute Alternative zum herkömmlichen Renten- und Krankenversicherungssystem brachte Schöde die Künstler- und Sozialkasse (KSK) ins Gespräch. Dem stimmten die anderen zu. „Es gibt leider viele, die die KSK abschaffen wollen“, war man sich einig. Monot wandte allerdings ein, dass es für Schauspieler schwierig sei, bei der KSK aufgenommen zu werden.
Rotter betonte, dass die Arbeitsbedingungen bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten in der Regel humaner seien als auf dem freien Markt. Generell bemerke er eine Bewusstseinsveränderung bei den Arbeitszeiten; diese seien nicht mehr so lang wie in der Vergangenheit. Seine Prognose für seinen Lebensabend sieht allerdings düster aus: „Ich werde wohl so lange arbeiten müssen, wie ich gesund bin.“ Auch sein Kollege Defilla betonte die besseren Arbeitsbedingungen bei den öffentlichen-rechtlichen Anstalten.
Monot gab zu verstehen, dass es am Münchner Stachus demnächst zu einer ähnlichen Aktion kommen könnte wie vor Kurzem: Unter dem zweideutigen Motto „Wir gehen baden“ sprangen Schauspieler in den Brunnen am Karlsplatz. (Alexandra Kournioti)

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