Nach einer Serie von Schulkonferenzen mit Eltern und Lehrern fordert die Landtags-SPD von der Staatsregierung einen milliardenschweren Masterplan zur digitalen Bildung. "Ohne spezielle Förderprogramme für die Kommunen, bayernweit verbindliche Standards für die Ausstattung und
Fortbildungen für die Lehrer droht ein weiteres Auseinanderdriften der Schulen zum Nachteil der Schüler", sagte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Martin Güll, der Deutschen Presse-Agentur in München zum Abschluss der ersten zehn Konferenzen.
Seit Anfang November reist Güll durch alle Regierungsbezirke und spricht mit Betroffenen über die größten Herausforderungen in Bayerns Bildungslandschaft. Dabei seien vier Themen benannt worden: Inklusion, Lehrerversorgung, Ganztag und Digitalisierung. "Da gehen Meinungen zwischen Stadt und Land und den Schularten weit auseinander." Während weiterführende Schulen schon meist relativ gut ausgestattet seien, gebe es bei kleineren Schulen oft große Probleme.
"Es gibt langsam eine Zweiklassengesellschaft. Die Schulträger, die Geld haben und in Digitalisierung investieren, also in Endgeräte, schnelle Internetanschlüsse, und die Schulträger, die dafür kein Geld haben", sagte Güll. Generell zeige sich ein Nord-Süd-Gefälle, aber auch in Oberbayern gebe es Kommunen, in denen die Schulen schlecht ausgestattet seien. Kürzlich hatten Bayerns Lehrer auch in einer Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) über die oft schlechte Ausstattung geklagt.
Kultusministerium: Masterplan gibt es längst
Damit die von der Staatsregierung in ihrer Zukunftsstrategie genannten Ziele erreicht werden könnten, brauche es einen umfassenden Masterplan. "Wenn der Staat Digitalisierung will, dann muss er auch darauf achten, dass die Ausstattungslevel überall gleich sind", betonte Güll. Auch der Städtetag habe angemerkt, dass sich viele Kommunen die Investitionen nicht leisten könnten. Hinzu komme, dass noch immer nicht alle Schulen am schnellen Internet angebunden seien.
"Bayernweit geht es nach einer Berechnung der Bertelsmann Stiftung um rund 1,8 Milliarden Euro, die für die flächendeckende Bereitstellung benötigt werden", sagte Güll. Keine Schule werde zusammenbrechen, wenn morgen noch keine digitale Bildung möglich sei, "aber in drei Jahren sollte es geschafft werden".
Das Kultusministerium wies die Kritik umgehend zurück: "Die im Masterplan "Bayern Digital II" der Bayerischen Staatsregierung vorgesehenen Investitionen werden sich über die kommenden Jahre auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag allein für das Schulwesen belaufen", sagte ein Sprecher. Für 2018 seien im Nachtragshaushalt bereits 162,5 Millionen Euro veranschlagt, die Kommunen würden also massiv unterstützt.
Güll: "Der Staat muss den Standard setzen"
Die Kosten dürften nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, sagte Güll. Er sieht hier den Staat in der Pflicht. "Wir müssen daher schnell definieren, welche Standards sollen bayernweit gelten." Im Moment laute die Devise an den rund 6000 Schulen im Land, dass jeder ein eigenes Konzept entwerfe oder eben gar nichts mache. Gerade kleine Schulen hätten weder die Ressourcen noch die Kapazitäten.
"Wie der Staat bei den Lehrplänen einen Standard vergibt, muss er auch bei der digitalen Bildung einen Standard setzen, an den sich die Schulträger halten können", sagte Güll. "Das haben die Eltern und Lehrer in den Gesprächen überall moniert."
Die Probleme gehen aber über das Geld für die Anschaffungen von Computern, Smartphones und Tablets hinaus. "Wer soll die Geräte und Netzwerke später betreuen? Das kann kein Lehrer nebenbei machen", so Güll. Lehrer seien Pädagogen, keine IT-Experten. "Wir brauchen deshalb eine feste Zahl von Fachleuten für die Landkreise, die ständig über alle Schulformen hinweg die Wartung übernehmen."
Ungeklärt ist laut Güll auch die Frage, inwiefern Eltern sich beteiligen müssten. "Schon jetzt haben manche Eltern das Problem, dass sie zuhause nicht mehr mithalten können, weil Sie keinen Internetanschluss haben, keinen Drucker, kein Tablet." Hier geht es um Bildungsgerechtigkeit und darum Stigmatisierungen zu verhindern.
Auch die Lehrer dürften nicht alleine gelassen werden. "Nahezu jeder Lehrer arbeitet zwar mit Computern, aber es ist was ganz anderes, das im Unterricht einzusetzen", betonte Güll. Es sei auch keine Schande, wenn ein Lehrer hier Weiterbildungen brauche. (
Marco Hadem, dpa)
Foto (BSZ): Martin Güll.
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