Landtag

Bei schweren Verdachtsfällen erlaubt das Gesetz in Bayern jetzt eine unbegrenzte Präventivhaft. (Foto: dpa)

20.07.2017

Verdächtige unbegrenzt wegsperren

Präventivhaft, WhatsApp und Fußfessel: Polizei bekommt mehr Befugnisse

Als erstes Bundesland führt Bayern die elektronische Fußfessel für Gefährder ein. Mit den Stimmen der CSU verabschiedete der Landtag eine entsprechende Änderung des Polizeiaufgabengesetzes. Demnach kann die Polizei künftig bei Personen, von denen eine „drohende Gefahr“ für die innere Sicherheit ausgehen könnte, die elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen. Bei schweren Verdachtsfällen erlaubt das Gesetz eine unbegrenzte Präventivhaft, die allerdings alle drei Monate einer richterlichen Überprüfung bedarf. Bislang lag die Höchstdauer bei zwei Wochen. Des Weiteren schafft das Gesetz die rechtliche Voraussetzung, auf richterliche Anordnung auch Skype-Gespräche abzuhören oder WhatsApp-Chats mitzulesen.

 „Es ist die Pflicht des Staates, seine Gesetze laufend neuen Sicherheitsherausforderungen anzupassen“, erklärte Innenminister Joachim Herrmann. Bürgerrechte würden nicht vom Staat bedroht, sondern von Extremisten und Chaoten. Die neuen Rechte gäben der Polizei die Möglichkeit, schon im Vorfeld von Gefahrenlagen einzuschreiten. „Die effektivste Gefahrenabwehr ist, eine Gefahr gar nicht erst entstehen zu lassen“, sagte Herrmann. Der CSU-Innenpolitiker Florian Herrmann ergänzte, das Gesetz schaffe passgenau die rechtlichen Möglichkeiten für die Polizei, um besser präventiv tätig werden zu können. Durch die Kombination aus Präventivgewahrsam und Fußfessel stehe ein flexibles und abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung.

"Verfassungsrechtlich höchst fragwürdig"

Die neuen Befugnisse für die Polizei sind weiterhin fachlich wie politisch umstritten. So erklärte der SPD-Abgeordnete Peter Paul Gantzer, seine Fraktion sehe die grundsätzliche Notwendigkeit zur Anpassung von Sicherheitsgesetzen, doch habe man bei einigen Maßnahmen „große Bauchschmerzen“, weil die Freiheit der Bürger unangemessen zulasten der Sicherheit beschnitten werde. Die SPD enthielt sich deshalb. Das Gesetz müsse nach der Landtagswahl bezüglich Wirksamkeit und rechtspolitischer Folgen auf den Prüfstand, erklärte Gantzer. Klar gegen das Gesetz sprach sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze aus. Es sei „verfassungsrechtlich höchst fragwürdig“ und teilweise nicht praxistauglich. Die Fußfessel sei ein „Sicherheitsplacebo“, weil sich ein fanatischer Extremist durch diese kaum von einem Anschlag abhalten lasse. Eva Gottstein (Freie Wähler) sah das Gesetz zu unpräzise formuliert. Sie vermisst vor allem eine Einschränkung der Maßnahmen auf terroristische und extremistische Gefährder. In der jetzt verabschiedeten Form könne das Gesetz auf alle Bürger angewandt werden, von denen eine nicht näher definierte „drohende Gefahr“ ausgehen könnte, warnte Gottstein. (Jürgen Umlauft)

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