Landtag

Schnell, aber vor allem in Weibersbrunn, Tittling und Hengersberg nicht schnell genug: Rettungskräfte auf dem Weg zum Einsatz. (Foto: dpa)

24.02.2017

Verspätungen, die Menschenleben kosten können

Jedes zehnte Rettungsfahrzeug in Bayern braucht länger als gesetzlich vorgeschrieben

Der Rettungsdienst in Deutschland muss gemäß der gesetzlichen Hilfsfrist mindestens eine Viertelstunde nach dem Notruf am Einsatzort sein – häufig kommt er allerdings zu spät. Rund 1000 Menschenleben könnten jährlich bundesweit gerettet werden, wenn Rettungsdienste rechtzeitig kämen, glaubt Matthias Fischer vom Deutschen Rat für Wiederbelebung. In Bayern liegt die Hilfsfrist sogar bei nur zwölf Minuten. Der SPD-Landtagsabgeordnete Harry Scheuenstuhl wollte daher von der Staatsregierung wissen, wie oft die Zwölf-Minuten-Frist in Bayern in den letzten drei Jahren überschritten wurde.

Da gemäß bayerischem Rettungsdienstgesetz jeder Teil einer Gemeinde einer Rettungswache zugeordnet werden muss, gibt es laut Innenministerium kein Gebiet in Bayern, das ohne ständig besetzte Rettungswachen ist. Insgesamt existieren im Freistaat 333 Rettungswachen, die rund um die Uhr besetzt sind und 83 sogenannte Stellplätze, die nur eingeschränkte Öffnungszeiten haben. Sie dienen lediglich in bestimmten Gebieten dazu, in Spitzenzeiten auf den erhöhten Bedarf zu reagieren.

Trotzdem zeigt die Antwort des Ministeriums: Auch in Bayern kommen Rettungskräfte immer später am Einsatzort an. Die Quote der Einsätze, bei denen die Rettungskräfte innerhalb der Hilfsfrist von zwölf Minuten vor Ort waren, sank von 2013 bis 2015 teilweise um bis zu 3,5 Prozentpunkte. Im landesweiten Durchschnitt brauchte etwa jedes zehnte Einsatzfahrzeug länger als zwölf Minuten. In 14 von 26 Rettungsdienstbereichen liegt die angestrebte Quote unter 90 Prozent – 2013 waren es lediglich elf Rettungsdienstbereiche. Am schlechtesten schnitten 2015 die Versorgungsbereiche Weibersbrunn im Landkreis Aschaffenburg (63,8 Prozent), Tittling im Landkreis Passau (65 Prozent) und Hengersberg im Landkreis Deggendorf (69,3 Prozent) ab.

3,5 Prozent unpünktlicher als noch 2013

Die Gründe für die Verspätung kann das Ressort von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht nennen, da sie sich in jedem Einzelfall unterschieden. „In der Regel handelt es sich um infrastrukturelle Gründe, so zum Beispiel, wenn ein Gebiet ungünstig an das Verkehrsnetz angebunden ist oder die geografische Lage eine Zufahrt von mehreren Seiten verhindert“, heißt es in der Antwort. Hinzu kämen sogenannte Duplizitätsfälle, also das gleichzeitige Auftreten mehrerer Notfälle, welche die Einhaltung der Zwölf-Minuten Frist bei einem Voreinsatz aus einem weiter entfernten Bereich unmöglich machten.

Die Verantwortung für die Fristüberschreitung um zum Teil mehr als 20 Prozent sieht die Staatsregierung bei den jeweiligen Zweckverbänden für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung. Diese seien gemäß bayerischem Rettungsdienstgesetz dafür zuständig, die Versorgungsstruktur sicherzustellen und zu überprüfen. „Dies erfolgt im Rahmen des Trend- und Strukturgutachtens durch das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Ludwig-Maximilians-Universität München“, heißt es in der Antwort. Anschließend würden beispielsweise die Dispositionsstrategie geändert, Standorte verlegt oder ein neuer Stellplatz beziehungsweise eine neue Rettungswache eingerichtet.

SPD-Mann Scheuenstuhl reicht das nicht. Er räumt zwar ein, dass das Notfallwesen generell ein Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist. Die Stationierung und Zahl der Rettungsmittel wird also zwischen den kommunalen Zweckverbänden für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und den Krankenkassen ausgehandelt. Da es um die Gesundheit der bayerischen Bevölkerung gehe, bestehe bei diesem „negativen Trend“ dennoch dringender Handlungsbedarf. „Hier ist das Innenministerium als oberstes Aufsichtsorgan gefordert, regulierend einzugreifen.“ (David Lohmann)

Kommentare (1)

  1. rustyoldguy am 28.02.2017
    Gerade in ländlichen Gegenden eine nicht erfüllbare Forderung. Schön und gut wenn man dies morgens vor der Rusch Hour
    erreicht. Mitten im Berufsverkehr selbst mit noch so viel Rücksicht durch andere Verkehrsteilnehmer schwer machbar.
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