Landtag

Dampf steigt aus dem Kühlturm des Kernkraftwerks Isar 2. Rechts steht das abgeschaltete Kernkraftwerk Isar 1. (Foto: dpa)

02.05.2014

Verstrahlte Bedingungen

Grüne Einwendungen zur Stilllegung von AKW Isar 1: Aus Sicht der Fraktion enthält der Antrag des Betreibers Eon unzumutbare Forderungen

Es ist das bislang größte Stilllegungsprojekt einer Atomanlage in Bayern. Denn das niederbayerische Kernkraftwerk Isar 1, das 2011 vom Netz ging, hatte nicht nur eine enorme Leistung. „Mit 34 Jahren Betriebszeit war es wesentlich länger am Netz als andere Atomkraftwerke“, erklärt Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Bayerischen Landtag. „Und je länger ein Kraftwerk in Betrieb ist, desto höher ist die radioaktive Verseuchung.“ Was nun mit dem Atommüll geschehen soll, ist eine der großen Fragen.

Gefahr für die Bürger?

Weil die in dem Antrag auf Stilllegung und Abbau des Atomkraftwerks Isar 1, das der Betreiber Eon beim bayerischen Umweltministerium eingereicht hat, nicht ausreichend beantwortet wird, will sich die Landtagsfraktion der Grünen am Genehmigungsverfahren mit Einwendungen beteiligen. Der Plan des Energiekonzerns Eon zum Abriss – er könnte 2016 beginnen – stellt ihrer Ansicht nach eine Gefahr für Umwelt und Bevölkerung dar. Denn erstens lasse der Energiekonzern offen, wann und wie der Abriss genau ablaufen solle. Zweitens hat Eon beantragt, beim Abbau die doppelte Menge an Radioaktivität freisetzen zu dürfen, wie sie für den noch im Betrieb befindlichen Meiler Isar 2 bei laufendem Betrieb genehmigt ist. „Diese Obergrenze aber ist viel zu hoch“, kritisierte die Grüne Rosi Steinberger, die als Landshuter Abgeordnete „seit Jahrzehnten mit dem Kraftwerk vor der Haustüre“ lebt. Was ihr vor allem Sorge bereitet: Im Abklingbecken des Atomkraftwerks liegen rund 1700 abgebrannte Brennelemente – also mehr als 300 Tonnen hochradioaktiver Atommüll befinden sich in einem „Schwimmbecken“, das stellenweise nur von einer 40 Zentimeter dicken Mauer geschützt ist. „Die von Eon geplanten Abbaumaßnahmen, darunter Schweißarbeiten, sollen ganz in der Nähe dieser Brennelemente stattfinden“, kritisierte Steinberger. „Das ist ein großes Sicherheitsrisiko.“ Ihre Forderung: „Die Brennelemente müssen dringend vor Beginn der Arbeiten entfernt werden.“
Rund 1000 Brennelemente seien bereits jetzt so weit abgekühlt, dass sie verpackt werden könnten, erklärte Steinberger. Doch es fehlen die Castoren. Derzeit werden keine neuen gebaut, da die Genehmigungen fehlen. Die Herstellerfirma GNS ist hier Monopolist und nicht nur Tochterfirma der vier Atomkraftwerksbetreiber. „Eon besitzt über direkte und indirekte Beteiligung eine Mehrheit über 50 Prozent“, betonte Steinberger. „Der Energiekonzern hätte es also in der Hand, Gas zu geben und das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.“ Und auch die Staatsregierung nahm sie in die Pflicht: „Die hat seit Jahren nichts getan.
Die Grünen glauben ohnehin, dass es Eon mit seinen Abrissplänen nicht ganz ernst meine. „Eon hält daran fest, den Reaktor weiter betreiben zu wollen“, sagte Stümpfig. Immerhin hat Eon 2011 wegen des Atomausstiegsbeschlusses eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Bevor die nicht geklärt ist, will der Konzern nicht abreißen. Und noch eine weitere Bedingung steht im Eon-Antrag: Abgerissen werden soll nur, wenn die Bundesregierung ein Endlager zur Verfügung stellt. „Hier geht es allein darum, Geld zu sparen, denn sonst müsste der Atommüll aufwendig in ein Zwischenlager transportiert werden“, kritisierte Stümpfig.
„Es darf nicht sein, dass das Umweltministerium ein Verfahren, das so sehr im Ungefähren schwebt, einfach weiterlaufen lässt“, klagte Steinberger, die an den nicht anwesenden Umweltminister appellierte: „Herr Huber. lassen Sie sich nicht weiter von Eon am Nasenring durch die Manege führen.“ Das Umweltministerium müsse auf einen bedingungslosen Antrag drängen – mit klaren Angaben zu Zeit und Methodik. (Angelika Kahl) INFO: Kernkraftwerk Isar
In Niederbayern, direkt an der Isar, vierzehn Kilometer flussabwärts von Landshut liegen die Blöcke 1 und 2 des Kraftwerks Isar in den Gemeinden Essenbach und Niederaichbach – mit zwei bautechnisch völlig unterschiedlichen Reaktoren. Isar 1 mit seinem Siedewasser-Reaktor wurde im Jahr 1979 in Betrieb genommen. Bei Siedewasser-Reaktoren ist der Kreislauf des radioaktiv belasteten Kühlmittels nicht auf den Sicherheitsbehälter beschränkt und die Radioaktivität deshalb weiträumiger verteilt als zum Beispiel bei Druckwasser-Reaktoren. Letzteren besitzt Isar 2, das 1988 ans Netz ging und jährlich im Schnitt zwölf Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Das entspricht einem Anteil von etwa 16 Prozent an der gesamten bayerischen Stromerzeugung.
Isar 1 wurde am 17. März 2011 im Rahmen des beschlossenen Ausstiegs aus der Atomkraft und der Abschaltung von insgesamt acht Kernkraftwerken in Deutschland vom Netz genommen und verlor mit Beschluss der Bundesregierung vom 30. Juni die Berechtigung zum Leistungsbetrieb. Am 10. Mai 2012 wurde vom Betreiber Eon der Rückbau des Kraftwerks beantragt.
Am 17. März 2014 begann das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zur Stilllegung von Isar 1. Mit einer Bekanntmachung hat das Umweltministerium am 28. Februar die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens eingeleitet. Bis zum 14. Mai können Einwendungen erhoben werden. Eon rechnet mit einer Genehmigung 2016.

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