Landtag

Georg Elser (Christian Friedel) im Münchner Bürgerbräukeller. (Fotos: fbw, dpa, loh)

08.05.2015

Zivilcourage in 114 Minuten

Kino im Landtag: 70 Jahre nach dem Tod Georg Elsers zeigt der Landtag den Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“ und lädt zur Diskussion

Woher nahm Georg Elser den Mut, sich allein gegen die Nazi-Diktatur zu stellen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der achten Veranstaltung von Kino im Landtag. Politiker, Filmschaffende und Experten diskutierten dabei, was das missglückte Hitler-Attentat nachfolgende Generationen über Bürgermut lehrt.

Georg Elser war ein einfacher Mann vom schwäbischen Land. Dennoch hätte er es beinahe geschafft, einen Krieg zu verhindern. Am 8. November 1939 explodierte eine von dem damals 36-Jährigen im Münchner Bürgerbräukeller versteckte Bombe – 13 Minuten nachdem Adolf Hitler und seine Nazi-Schergen die Versammlung verlassen hatten. Obwohl das missglückte Attentat 75 Jahre zurückliegt, ist das Thema Zivilcourage angesichts ausländerfeindlicher Demonstrationen und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte wieder hochaktuell.

„Schaffen wir es, uns zu wehren, wenn im Namen des Volkes Hass gegen Fremde geschürt wird oder bleiben wir viel zu oft still?“, fragte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) vor der Filmvorführung von Elser – Er hätte die Welt verändert im Rahmen der Reihe Kino im Landtag. Der Film versucht zu ergründen, woher ein einzelner Mann den Mut genommen hat, sich ganz ohne Mitstreiter gegen die mörderische Nazi-Diktatur aufzulehnen, während sich viele seiner Zeitgenossen blenden ließen. „Es geht um die Frage, die uns letztlich alle umtreiben sollte: Was ist richtig, was ist falsch, und wann muss man eingreifen, wenn etwas falsch läuft?“, ergänzt Stamm. Doch beinahe wäre die Geschichte in der Versenkung verschwunden.

Sieben Jahre recherchierten Fred Breinersdorfer (Sophie Scholl – Die letzten Tage) und seine Tocher für das Drehbuch – nicht ohne Widerstände. „Bis heute ist es schwierig, in der Region Königsbronn zu wohnen und Elser zu heißen“, erläutert Breinersdorfer. Selbst sein Vater habe nie verstanden, warum er Filme über Widerstandskämpfer mache, die dem deutschen Volk „mit dem Dolch in den Rücken“ gefallen seien. So verwundert es nicht, dass der Hitler-Attentäter bis in die 1990er-Jahre kaum gewürdigt wurde.

Im Gegensatz zu Sophie Scholl spricht Elser laut Breinersdorfer verstärkt Schüler an. Dennoch sei die Erzählung kein pädagogischer Film. „Die gehen schief“, ist er überzeugt. Die Handlung gehe Jugendlichen so nahe, weil Georg Elser einer von ihnen sei – keine Ikone aus dem akademischen Milieu wie Sophie Scholl von der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Aus Sicht des Hauptdarstellers Christian Friedel (Das weiße Band) war Elser auch nicht politisch. „Er wollte nur die Freiheit verteidigen“, glaubt der 36-Jährige, der selbst einmal in der Nähe des Münchner Georg-Elser-Platzes gewohnt hat.

Im Vergleich zum Dritten Reich sei Rechtsextremismus allerdings heute viel subtiler, warnt Miriam Heigl von der Münchner Fachstelle gegen Rechtsextremismus. So trauten sich heute beispielsweise viele engagierte Bürger nicht, Anzeige gegen Neonazis zu erstatten. Grund: Dadurch kann der Gegenanwalt bei der Akteneinsicht ihre Adresse herausfinden, was Rechtsradikale häufig für Einschüchterungsversuche nutzten. „Wenn Dinge schleichend kippen, wird es schwierig“, mahnt Heigl.

Umso wichtiger sind Menschen mit Zivilcourage wie in Wunsiedel. Sie verwandelten den letzten Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in einen Spendenlauf gegen rechts. „Für jeden Meter, den Nazis gelaufen sind, gab es zehn Euro für das Aussteigerprogramm für Neonazis Exit“, erläutert Bürgermeister Karl-Willi Beck (CSU) die Idee. Die rechten Teilnehmer hätten erst zwei Minuten vorher davon erfahren. Zudem wurden Plakate aufgehängt und Bananen ausgelegt. Darüber stand: „Mein Mampf“.

Georg Elser hätte das sicher gefallen. Er erlebte die Kapitulation Deutschlands nicht mehr. Auf Anweisung Hitlers wurde der Widerstandskämpfer am 9. April 1945 im Konzentrationslager Dachau erschossen. (David Lohmann)

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