Leben in Bayern

Oberpfalz triff Fernost: Zen-Meditation im Kloster von Dietfurt. (Foto: dpa)

01.02.2017

Atempause am Chiemsee, Zen bei Franziskanern

Bayerns Klöster bieten jede Menge Möglichkeiten der Besinnung

„Wir müssen von Zeit zu Zeit eine Rast einlegen und warten, bis unsere Seelen uns wieder eingeholt haben.“ So lautet ein indianisches Sprichwort und ist für manche auch das richtige Motto, sein neues Jahr zu beginnen. Zum Beispiel in bayerischen Klöstern, die ein vielfältiges Angebot an „Besinnungszeiten“ gerade nach den hektischen Feiertagen bieten.

„Wenn ich die Entwicklungen im Bereich Stressbewältigung und Burnout-Prophylaxe beobachte, dann scheint es mir, dass die Seelen vieler Menschen nur noch hinter ihren Körpern herhecheln“, meint etwa Magdalena Unger. Die Münchner Atempädagogin bietet Kurse im Kloster Frauenwörth auf der Fraueninsel im Chiemsee an. Scheint die Sonne, dann zeigt sich der See tiefblau, während das Kloster im Abendlicht weiß leuchtet. Das Kloster stellt neun Zimmer für Gäste zur Verfügung, die in der Ruhe und Abgeschiedenheit der Abtei nach dem Trubel der Feiertage und des Jahreswechsel Entspannung und Besinnung suchen. Oder einfach über ihr Leben nachdenken wollen. „Atempause im Kloster“ heißt denn auch das Seminar, das Atemtherapeutin Unger dort anbietet, „Lebenshilfe aus der Benediktregel“ ist ein weiteres Angebot, das von Äbtissin Johanna Mayer geleitet wird.

Szenenwechsel nach Armstorf im Landkreis Erding. Im Garten des dortigen Franziskanerinnen-Klosters befindet sich ein kleines Gebäude – eine Klause für Eremiten auf Zeit. Dort gibt es kein Handy, keinen Fernseher und keinen Computer. Nur Stille und Andacht. Ein Gebetsraum, daneben eine Schlafgelegenheit und eine kleine Küchenzeile. Das ist alles. Manche kommen für ein Wochenende, andere bleiben bis zu drei Wochen. „Die meisten wollen innerlich zur Ruhe kommen“, sagt Schwester Annunciata. „Sie sind auf der Suche nach Innerlichkeit.“ Es ist ein klösterliches Angebot der Besinnung, das auf großes Interesse stößt. Denn immer mehr Menschen wollen dem Eingespanntsein in Beruf und Hektik entkommen. „Sich zurechtfinden und sich wiederfinden“, nennt das Schwester Annunciata. Das Klostergebäude war ursprünglich ein Schloss aus dem 17. Jahrhundert, das 1929 von Franziskanerinnen übernommen wurde. Heute arbeiten und leben dort an die zwölf Schwestern. In der Küche werden vorwiegend Gemüse, Kräuter und Obst aus dem eigenen Klostergarten verarbeitet. Im großen Klostergarten steht seit Herbst 2013 die Franziskusklause: Das Herzstück des kleinen Gebäudes bildet der weißgetünchte Gebetsraum, erhellt durch vier kleine Fenster. Am Boden findet sich eine Bibel und eine Kerze – mehr nicht. Auch der Raum nebenan ist schlicht ausgestattet: ein Bett, ein Tisch und ein Herd. Dazu noch Toilette und Dusche. „Es sind junge Leute und auch Ältere, die zu uns kommen“, sagt Schwester Annunciata, und es sind sowohl Frauen als auch Männer. Einmal blieb eine Frau aus Hamburg sogar 14 Tage. Zum Aufenthalt in der Einsiedelei gehört auch ein Gespräch, warum man die Einsamkeit sucht.

"Die Seelen vieler Menschen hecheln nur noch hinter ihren Körpern her"

Gut 130 Kilometer nordwestlich von Armstorf findet sich in Dietfurt ein weiterer Ort der Besinnung. Das Licht ist gedämpft in der weiten Meditationshalle; draußen ist es noch dunkel an diesem Wintermorgen kurz vor sieben Uhr. 30 Menschen haben sich zu früher Stunde im Raum versammelt, doch ihre Blicke treffen sich nicht. Man kniet auf Sitzkissen, der Raummitte den Rücken zugewandt. Kein Anlitz des anderen soll das tiefe Schweigen im Raume stören, das Hineinhören in den eigenen Körper. Das Wahrnehmen der Stille. „Man soll die Dinge in sich ausklingen lassen“, hatte der Pater gesagt. Nur er sitzt im Meditationssitz mit dem Gesicht den Meditierenden zugewandt.

Dietfurt ist eine kleine Gemeinde im Altmühltal. Das Kloster geht zurück auf das Jahr 1660. 1978 kam das Meditationshaus dazu – es ist im fernöstlichen Stile erbaut. „Die Menschen haben ein großes Bedürfnis, sich zu besinnen“, wissen die Franziskaner-Mönche. Sie bieten deshalb ganzjährig Zen-Meditationskurse. Die Menschen suchen den Schutz der alten Ordens-Mauern, obwohl die meisten „eher vom Rande der Kirchen“ herkommen, so die Mönche. Sie bieten ihnen eine Begegnung mit der Mystik sozusagen auf „neutralem Boden“.

Es ist ein leises Kling, das die 15-minütige Meditation beendet. Ein heller Ton, der plötzlich den Raum des Schweigens erfüllt und die Meditierenden zurück in diese Welt holt. Christentum und Zen-Meditation – das geht in Armstorf zusammen, nimmt doch die Kontemplation im Leben des Heiligen Franziskus eine zentrale Stellung ein. (Rudolf Stumberger) (Eher klassisch: Das Angebot im Kloster Frauenwörth. Foto: Stumberger)

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