Leben in Bayern

So soll der luxuriöse neue Bierkeller aussehen. (Foto: Contenance Club)

18.08.2017

Bitte draußen bleiben: Exklusive Zirkel in München

Tagelang geisterte die Geschichte von einem geheimen Club für Superreiche durch München: Wohl ein PR-Gag. Wo sich die Elite tatsächlich trifft

Für die Münchner Lokalpresse war die Nachricht ein gefundenes Fressen: Ein absolut geheimer Club für „Superreiche“ und „nur Männer“ soll es in der Landeshauptstadt geben. Für den schlappen Jahresbeitrag von 50 000 Euro. Die Räume, zu denen ein Geheimgang führt, seien nobel ausgestattet, prachtvoll und goldverziert. An den Wänden Porträts von Kaiser Franz Joseph und König Ludwig II. Zu trinken gibt es Champagner und BelugaVodka. Man isst mit goldenen Löffelchen. Frauen gibt es auch, berichten die Zeitungen. Gecastete Models, die nur sprechen, wenn man sie auffordert.

Contenance Club heißt das unterirdische Versteck, das wohl nichts weiter ist als ein PR-Gag. Dabei gibt es im Schatten derartiger greller Schlagzeilen durchaus exklusive Vereinigungen in München. Dazu gehört zum Beispiel das Peutinger-Collegium, ein Verein, der die Spitzen aus Politik, Adel, Wirtschaft und Wissenschaft einlädt und seine Veranstaltungen im Hotel Bayerischer Hof abhält. „Unter den zahlreichen Zirkeln in München zählt das Peutinger-Collegium zu den außergewöhnlichsten“, schrieb bereits 2001 die Welt und verglich das Collegium mit dem ehemalig exklusivsten Münchner Zirkel, dem „Herrenabend“ von Herzog Franz von Bayern auf Schloss Nymphenburg. Eine Gemeinsamkeit: Bei beiden Veranstaltungen bleiben Männer meist unter sich.

Auch das Selbstverständnis des Peutinger-Collegiums orientiert sich an vordemokratischer Zeit: an „dem außergewöhnlichen Wirken und der überragenden Persönlichkeit des Augsburgers Konrad Peutinger (1465 bis 1547).“ Der war in seiner Zeit Berater des Kaisers Maximilian I., Stadtschreiber von Augsburg, Herausgeber wichtiger Rechtstexte sowie in einer Person Rechtsgelehrter, Staatsmann, Historiker, Humanist und Universalgelehrter. Ein „Vordenker“, wie es auf der Homepage des Vereins heißt.

Das Peutinger-Collegium vereint die Spitzen aus Politik, Adel, Wirtschaft und Wissenschaft

Und so ist es auch heute ein Ziel des Collegiums, Vordenker zu exklusiven Vorträgen mit anschließendem „festlichen Abendessen“ zu laden. Demnächst – am 10. Oktober – auf dem Programm: Karl-Theodor zu Guttenberg, ehemaliger Bundesminister und Chairman von Spitzberg Partners, einer New Yorker Investment- und Beratungsfirma.

Derzeit umfasst der elitäre Zirkel etwa 200 „einflussreiche“ Mitglieder: „National und international tätige Persönlichkeiten der Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst, Politik, Diplomatie und Militär, Justiz und Verwaltung aus ganz Europa.“ Im Laufe der Jahre gaben sich schon mal Seine Königliche Hoheit Erzherzog Otto von Österreich, der tschechische Staatspräsident Václav Klaus, der ehemalige Bundesverfassungsrichter Klaus Kirchhof oder der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek die Ehre. Das 1969 gegründete Collegium ist aber nur einer von vielen privaten Zirkeln, in denen sich Eliten international vernetzen, eine „von öffentlichen Mitteln unabhängige interdisziplinäre Diskussionsplattform zum Informationsaustausch, der Meinungsbildung sowie der Pflege von gesellschaftlichen Kontakten“, so die Eigenbeschreibung des Collegiums. Man stehe für die europäische Völkerverständigung, für „freie Marktwirtschaft und den freien Welthandel, die christliche Toleranz und Nächstenliebe, die Verbundenheit mit Heimat, Sprache, Kultur und Natur und die Bodenständigkeit“. Als Präsident fungiert Bernd Grottel, Vorstandsmitglied der „KPMG Bayerische Treuhandgesellschaft AG“.

Und: Das Peutinger-Collegium gilt als CSU-nah. Was aber politische Abstecher in andere Gefilde absolut nicht ausschließt: Am 16. November zum Beispiel wird das Linken-Urgestein Gregor Gysi vor den Collegiums-Mitgliedern in München sprechen. (Rudolf Stumberger)

Kommentare (3)

  1. Ein Münchner Bürger am 13.11.2017
    Contenance Club München

    Wir leben in einer Zeit mit steigender sozialer Ungerechtigkeit und der daraus resultierenden zunehmenden Gewalt, globalen Megakonzernen, Steuerhinterziehung im großen Stil und arrogantem Egoismus. Spätestens in Zeiten wie diesen, mit bedenklichen Wahlerfolgen extremer Parteien in Europa, sollten Politik, Wirtschaft und jeder Einzelne das zukünftige Handeln überdenken und Maßnahmen für eine bessere, gerechtere Zukunft, als Vorbild für unsere Kinder, ins Auge fassen. Signale, wie sie dieser spätpupertierende, frauenfeindliche "geheime Contenance-Club" sendet, sind nicht nur destruktiv, sondern Wasser auf die Mühlen von Randgruppen der Gesellschaft. Traurig, dass diese Botschaft von Selbstdarstellern auch noch eine Plattform in den Medien findet. Ich bin Kleinunternehmer, engagiere mich im Rahmen meiner Möglichkeiten für die Stärkung des regionalen Gewerbes und Mittelstandes, lebe bescheiden, zahle meine Steuern und spende jedes Jahr 20% meines erwirtschafteten Unternehmensgewinns für gemeinnützige Zwecke (z.B. gegen Altersarmut) in München. Ein Bruchteil der Mitgliedsbeiträge dieses fragwürdigen Clubs würden da schon einiges bewirken. Ich bezweifle jedoch, ob diese "Herren" auch nur einen Gedanken an das Allgemeinwohl verschwenden, ohne sich davon nur steuerliche Vorteile zu erwarten. Gerade in den stillen Tagen sollte sich jeder hinterfragen, ob nicht soziales Engagement, Naturverbundenheit, ein wenig Demut und gemeinsame Anstrengungen für ein faires Miteinander, die langfristig bessere Alternative darstellen.
  2. Mark am 29.08.2017
    Leider gibt es das grotestke Freudenhaus tatsächlich - Lindwurmstraße 122, Hinterhof, Maienzeit.
  3. Charly am 26.08.2017
    Ganz schöne Plamage Hr. Stummberger,
    hätten Sie besser recherchiert oder den Club besucht, dann wüßten Sie das der Club existiert !
    Charly
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