Leben in Bayern

Wir essen zu viel Zucker, besonders in der Advents- und Weihnachtszeit. (Foto: dpa)

16.11.2017

Böser Zucker

In der Adventszeit steigt der Zuckerkonsum - zu Lasten der Gesundheit. Verbraucherschützer und Ärzte halten das seit langem für bedenklich - doch eine nationale Strategie zur Zuckerreduktion ist trotz des steigenden Konsums der Verbraucher nicht in Sicht.

Adventszeit ist Zuckerzeit. Für die wenigsten Leute ist die Vorweihnachtszeit ohne Lebkuchen, Plätzchen oder Glühwein vorstellbar. Im November und Dezember konsumieren die Deutschen mehr Süßes als im restlichen Jahr - und nehmen häufig zu.

Für die Gesundheit ist das bedenklich, fürs Geschäft aber ein Glück: Die beiden letzten Monate des Jahres sind traditionell die umsatzstärksten für Süßigkeiten, weiß das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK zu berichten. 2016 entfielen demnach 23 Prozent des jährlichen Süßwaren-Umsatzes auf diese beiden Monate.

Kein Wunder, dass auch für die Zuckerindustrie der November der umsatzstärkste Monat ist, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen. 2016 lag der Umsatz von Betrieben, in denen Zucker verarbeitet wird, mit 276 Millionen Euro um 27 Prozent und damit deutlich über dem monatlichen Durchschnitt von 217 Millionen Euro. 2015 waren es 29 Prozent mehr als im restlichen Jahr.

Nicht mehr als 25 Gramm Zucker am Tag

"Der Süßigkeits- und damit Zuckerkonsum ist in der Vor- und Weihnachtszeit besonders hoch", sagt Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München. "Viele Menschen legen in diesen Wochen signifikant an Gewicht zu."

Schon im Jahresdurchschnitt halten Ärzte und Gesundheitsverbände den Zuckerkonsum für zu hoch. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Zufuhr zugesetzten Zuckers auf 5 Prozent der Tagesenergiezufuhr zu begrenzen. Das entspräche etwa 25 Gramm.

Doch die Deutschen konsumieren im Schnitt mehr als doppelt so viel zugesetzte Zuckerarten: Nach Informationen des Max Rubner-Instituts für Ernährung und Lebensmittel kommen Männer in Deutschland auf etwa 78 Gramm pro Tag, Frauen auf 61 Gramm.

Zucker ist ein billiger Füllstoff

In Süßwaren stecken nicht nur herkömmlicher Haushaltszucker, sondern auch andere Zuckersorten. Deren Verbrauch steigt seit Jahrzehnten. Zusammengerechnet hat sich der Pro-Kopf-Konsum von Haushaltszucker (Saccharose), Glukose (Traubenzucker) und Isoglukose (Gemisch aus Fruchtzucker und Traubenzucker) zwischen 1970 (37,1 Kilogramm) und 2010 (45,9 Kilogramm) um rund 24 Prozent erhöht, wie Daten des Bundesministeriums für Ernährung zeigen.

"Zucker ist ein billiger Füllstoff, der viele Lebensmittel fülliger und wohlschmeckender macht", erklärt Hauner. In kleinen Mengen sei das zwar ungefährlich. Doch Lebensmittel wie Weihnachtsgebäck gewönnen erst durch Zucker an Attraktivität: "Denken Sie nur an Süßwaren, bei denen es sich um eine Kombination aus meist aromatragenden Fettkomponenten und Zucker handelt."

Die negativen Auswirkungen von zu viel Zucker auf die Gesundheit sind bekannt. "Die aktuelle Datenlage spricht sehr dafür, dass ein hoher Zuckerkonsum vor allem Adipositas, Typ 2 Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Karies fördert", sagt Hauner. "Trotzdem verfügt Deutschland bisher über keine nationale Strategie zur Zuckerreduktion", beklagt das Max Rubner-Institut für Ernährung.

Eine Zuckersteuer lehnt die Bundesregierung ab

Unter anderem die WHO und die Verbraucherorganisation Foodwatch sowie der Kinder- und Jugendärzteverband fordern seit langem eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke. In Frankreich gilt seit 2012 eine Zusatzsteuer von sieben Cent pro Liter, Großbritannien führt 2018 eine Zuckersteuer ein.

Für die Bundesregierung ist das aber keine Option: "Die Politik hat die Aufgabe, die Bürger zu schützen, aber nicht, sie zu bevormunden", sagt eine Sprecherin des Ernährungsministeriums. "Wir wollen die Menschen motivieren und vor allem überzeugen, sich ausgewogen zu ernähren und sich ausreichend zu bewegen."

Doch nach der Weihnachtszeit dürfte das noch schwieriger sein als ohnehin schon. "Es gibt einen Gewöhnungseffekt, der es schwer macht, den Konsum einzuschränken oder aufzugeben", sagt Hauner. "Eine solche Gewohnheit aufzugeben, dauert dann!"
(dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.