Leben in Bayern

Ein prüfender Blick von Marille Rüb: Der ehemalige Landshuter OB Hans Rampf ist auf den ersten Blick zu erkennen. (Alle Bilder: Bäumel-Schachtner)

23.03.2018

Ein Gipskopf namens Seehofer

Die niederbayerische Rentnerin Marille Rüb hat ein ausgefallenes Hobby: Sie formt Figuren der lokalen und überregionalen Politprominenz in Lebensgröße

Politiker haben es Marille Rüb angetan. Im Keller ihres Hauses leisten sie der Rentnerin Gesellschaft. Aus Gips wohnen dort nicht nur Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der ehemalige Landshuter OB Hans Rampf. Auch Horst Seehofer ist schon unter den Händen der kreativen Rentnerin entstanden. Bislang gibt es ihn zwar nur im Miniaturformat. Das aber wird nicht so bleiben. In einem großen Lehnstuhl sitzt sie da. Völlig reglos. Die braunen Locken toupiert, eine großrahmige Brille auf der Nase. In einem Keller im niederbayerischen Haselbach hat es sich Barbara Stamm gemütlich gemacht. Die Landtagspräsidentin trägt ein schwarzes Kleid und einen weißen Blazer, dazu eine Perlenkette um den Hals.

Barbara Stamm ist aus Gips. Und der Keller gehört zum Einfamilienhaus von Marille Rüb. Die Rentnerin hat die CSU-Politikerin in unzähligen Arbeitsstunden gefertigt. In Lebensgröße sind dort auch noch andere Gips-Promis aus Politik und Society versammelt. Denn seit Jahren schon sind die Leidenschaft der Hobbykünstlerin Gipsköpfe. Neben Stamm im Lehnstuhl steht der „Singende Wirt“ Stefan Dietl mit Mikro in der Hand – der Hotelier hat sich über den Landkreis Straubing-Bogen einen Namen in der Volksmusikszene gemacht. Und auch Hans Rampf, der langjährige Landshuter Oberbürgermeister, ist auf den ersten Blick zu erkennen.

Marille Rüb macht sich gerade an einer Figur mit schwarzer Anzugshose zu schaffen. Der halbe Oberkörper und der Kopf fehlen noch. Mit geschickter Hand streicht die Künstlerin Gipsbinden fest und formt so die Brust von einem, den in der Region ebenfalls jeder kennt. Der CSU-Landtagsabgeordnete Hans Ritt ist das nächste „Opfer“ der kreativen Rentnerin.

Arbeitet Rüb nicht in ihrem Keller, ist sie oft in Bayern unterwegs – und besucht politische Veranstaltungen. Aus Interesse, aber auch, um zu sehen, wen sie noch gipsen könnte. Hat sie einen neuen Kandidaten auserkoren, gießt Rüb nur selten dessen Gesicht ab. Meist formt sie die Köpfe eigenhändig. „Dazu vermesse ich auf einem Foto genau die Gesichtszüge, zum Beispiel die Abstände des Mundes und der Augen zur Nase“, erklärt Rüb, die betont: „Ich bin nur zufrieden, wenn alles absolut echt aussieht.“ Tut es das nicht, kann es schon mal vorkommen, dass sie den bemalten Kopf kurzerhand abschleift, um ihn dann noch einmal neu zu gestalten. Rüb: „Ich höre erst auf, wenn es mir gefällt.“

Wer nach Ritt kommt, weiß Rüb auch schon: Horst Seehofer soll in Lebensgröße aus Gips unter ihren Händen entstehen. In Miniaturform hat sie ihn schon mal gefertigt. Diese 30 Zentimeter kleine Figur hat kürzlich für etwas Aufsehen gesorgt. Beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau trug ihn Marille Rüb in der Halle herum. Und weil der echte Seehofer damals krankheitsbedingt nicht kommen konnte, war der kleine aus Gips ein begehrtes Fotomotiv.

Eine tiefe Krise entfachte bei der Rentnerin die Kreativität

Überhaupt fing mit kleineren Figuren alles an. Und mit einer tiefen Krise. Die Tochter, die in der Nachbarschaft lebte, zog nach München. Zuvor hatte Rüb täglich ihre Enkelin betreut. „Ich fiel in so ein Loch, dass ich nicht mehr wusste, was ich mit mir anfangen sollte“, berichtet Rüb von dieser schwierigen Lebensphase. Doch dann beschloss die Rentnerin, die schon immer gern gemalt und auch geschrieben hatte, ihren Kummer mit Kreativität zu vertreiben. So entstanden zwei illustrierte Kinderbücher, eines über die Landshuter Hochzeit und eines über Agnes Bernauer. Und irgendwann kam ihr der Gedanke, zu diesen Büchern auch passende Figuren zu gestalten: „Ich habe mir gedacht, wenn man malen kann, dann kann man vielleicht auch formen, und habe es einfach probiert.“

Und so stellten die ersten Gips-puppen von Rüb ein kostbar gewandetes Herzogspaar der Landshuter Hochzeit dar. Auch die illustre Gesellschaft am Hof der Herzöge Ernst und Albrecht, in der Agnes Bernauer lebte, entstand im Kleinformat. Und all das ausschließlich in Handarbeit, jedes Kleid nähte Rüb selbst, jede der winzigen Perlen brachte sie einzeln an. Später ist auch winkend mit Hut der Bruder Straubinger – der Handwerksbursche repräsentiert die Stadt Straubing – entstanden. Er hat die Gesichtszüge des CSU-Stadtrats Holger Frischhut, der bei jedem Auszug zum Gäubodenfest den Bruder Straubinger gibt. Auch ein Trachtlerpaar, mit viel Spitze und Schmuck verziert, ist mittlerweile entstanden. Es sieht dem Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) und dessen Frau Carola zum Verwechseln ähnlich.

Das Modellieren der kleinen Puppen hatte sich Rüb noch selbst beigebracht. Für die lebensgroßen Figuren aber hat sie einen Kurs bei einer Puppenmacherin absolviert. Und sich auch eigene Techniken erarbeitet. Die Haare der Puppen zum Beispiel bestehen aus Echthaar, die Rüb von Übungsköpfen für Nachwuchsfriseure abschneidet. Jedes einzelne Haar wird von Hand mit einer Nadel durch den Schädel gezogen und so fixiert.

Langweilig wird Rüb ihr Hobby nicht. Sie hat noch jede Menge Pläne für weitere Figuren. „Unbedingt möchte ich demnächst Franz Josef Strauß formen“, erklärt sie. Und Ernst Hinsken, der über drei Jahrzehnte für die Region im Bundestag saß. Und noch einer darf aus Sicht der Künstlerin natürlich nicht fehlen: Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder.

Die nächsten Kandidaten: FJS und Markus Söder

Und vielleicht hat Söder ja Glück. Bisweilen verschenkt die Künstlerin ihre Werke, und dann meist an denjenigen, den sie nachgebildet hat. „Ich brauche sie nur dann leihweise zurück, wenn ich eine Ausstellung mache, was in Planung ist“, sagt Rüb. Die Figuren zu verkaufen, mache keinen Sinn, erklärt die Rentnerin. Denn sie seien aufgrund des hohen zeitlichen Aufwands unbezahlbar. „Vier bis fünf Wochen brauche ich schon für eine Figur“, so Rüb. Auf etwas Geld aber hofft sie dennoch: Rüb will für die Ausstellung Eintritt verlangen und das eingenommene Geld spenden – an den von ihr gegründeten Verein Kinderpalliativhilfe Niederbayern.

Rübs bevorzugte Arbeitszeit: spätabends und nachts. Es wird schon mal drei Uhr morgens, bis das Licht in der Werkstatt erlischt. Aber einsam fühlt sich Marille Rüb im Keller auch nachts nicht. Sie hat ja Gesellschaft: Barbara Stamm, der Singende Wirt, Hans Rampf schauen ihr bei der Arbeit zu. Und bald auch Horst Seehofer. (Melanie Bäumel-Schachtner) Bilder (Bäumel-Schachtner):
Ebenfalls unverkennbar: Barbara Stamm und Horst Seehofer

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