Leben in Bayern

2015 hielten Teilnehmer der Pegida Demonstration in Dresden einen gebastelten Galgen hoch, an dem Schilder mit der Aufschrift "Reserviert Angela ,Mutti' Merkel" und "Reserviert Siegmar ,Das Pack' Gabriel" zu sehen waren. (Foto: Nadine Lindner/dpa)

08.12.2017

"Freibrief für Gewaltandrohung und Einschüchterung"

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, kritisiert Justiz-Entscheidung zu "Merkel-Galgen"

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hat den Weiterverkauf von "Merkel-Galgen" verurteilt. "Viele werden hierin einen Freibrief für Gewaltandrohung und Einschüchterung sehen", sagte sie der "Heilbronner Stimme" und kritisierte damit die Einstellung des Ermittlungsverfahrens. Dadurch werde "die reale Gefahr durch die rechtsextreme Bedrohung" übersehen.

Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft hatte im Verkauf kleiner Galgen mit den Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) keinen Straftatbestand erfüllt gesehen und die Ermittlungen gegen den Anbieter eingestellt. Die Staatsanwälte hielten weder den Tatbestand der "öffentlichen Aufforderung zu Straftaten" noch eine Störung des "öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" für erfüllt. Dies setze voraus, dass der Beschuldigte "die Tötung der beiden Politiker in Aussicht gestellt und vorgegeben hätte, dies läge in seinem Einflussbereich". Bei objektiver Betrachtung könne das Verhalten auch dahingehend verstanden werden, "den genannten Politikern symbolisch den politischen Tod zu wünschen", hieß es. Bereits im Frühjahr hatte die Staatsanwaltschaft Dresden einen ähnlichen Fall nicht weiter verfolgt. Dabei ging es praktisch um das Original der jetzt zum Verkauf angebotenen Duplikate. Dessen Produzent hatte den Galgen 2015 auf einer Kundgebung der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung in die Höhe gehalten. Die Dresdner Staatsanwälte führten die gleichen Gründe für die Einstellung des Verfahrens an wie jetzt die Kollegen in Chemnitz.

"Die Großzügigkeit gegenüber
Rechtsextremismus in Teilen der Justiz ist erschreckend"

"Die Großzügigkeit gegenüber Rechtsextremismus in Teilen der Justiz ist erschreckend", sagte Knobloch dazu. "Versammlungs- und Demonstrationsverbote von Behörden gegenüber Neonazis werden kassiert, die antisemitischen Motive hinter Taten werden negiert oder relativiert." Dieses Vorgehen widerspreche ihrem Verständnis von einem wehrhaften Staat. Auch Politiker fanden klare Worte. Sachsens designierter Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) verwies bei Twitter zwar auf die Unabhängigkeit der Justiz, stellte zugleich aber klar: "Auch wenn die Staatsanwaltschaft keine Strafbarkeit sieht, halte ich es nicht nur für geschmacklos, Galgen mit Namen von Personen zu verkaufen. Diese Grenzüberschreitung vergiftet das Klima in unserem Land."

Grünen-Politikerin Renate Künast forderte die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden auf, die Galgen-Entscheidung zu prüfen: "Staatsanwälte dürfen sich nicht durch abgrundtiefe Naivität zum Steigbügelhalter von Rechtsextremen machen lassen", sagte sie der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung".

Auch die Initiative "Gesicht Zeigen!" befürchtet, dass die Entscheidung Nachahmer motiviert. "In Zeiten von hate speech und der Zunahme rechter Gewalttaten, des Mobbings gegen Geflüchtete und Andersdenkende ist das ein Fauxpas der deutschen Justiz", hieß es in einer Mitteilung der Organisation.
(dpa)

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