Leben in Bayern

Golftrainer Mark Stevenson (links) mit seinem ältesten Schüler, Heinz (83), im Golfclub Gut Rieden in Starnberg. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

11.10.2017

Golf für alle?

Es gilt als snobistisch und als Sport der oberen Zehntausend. Wer den Schläger schwingt, ist reich und alt, sagt das Klischee. Stimmt nicht, meinen dagegen Golfprofis

Wer noch kein Golfclubkenner ist, wird erstmal überwältigt von der Aussicht. Die Alpen, der Starnberger See, auf einer Anhöhe das Grün des Golfplatzes, das Clubhaus im oberbayerischen Stil. Zu Gast bei der Elite? "Es war ein Elitesport", sagt Mark Stevenson, in den USA erprobter Golfprofi und Trainer im Club Gut Rieden in Starnberg. Inzwischen gebe es "mehr Möglichkeiten auch für Normalverdiener, Golf zu spielen". Stevensons Anliegen: Golf für alle.

Der gebürtige Engländer kennt die Glamour-Seiten des Sports - er hat den alten und neuen FC-Bayern-Stars Franz Beckenbauer, Oliver Kahn und Thomas Müller genauso den perfekten Schwung gezeigt wie Tennis-Legende Boris Becker und Hollywood-Schauspieler Samuel L. Jackson - aber auch Kindern und Jugendlichen und ganz normalen Menschen aus der Region wie einem 83-Jährigen aus Grünwald. "Es geht mir nicht schlecht, aber ich war nie irgendwie reich. Aber ich hab Bekannte gehabt, die mir gesagt haben, Golf ist ein guter Sport", sagt er - inzwischen hält sich der alte Herr seit 20 Jahren mit Golf fit: "Ich bin an der frischen Luft, ich gehe auf weichen Böden. Und ich bin in netter Gesellschaft."

"Golf ist geeignet für jeden. Für das Alter ab vier bis fünf Jahren - und so lange, bis man stirbt" - das ist Stevensons Anliegen: Golf für alle, dem Elite-Ruf zum Trotz. In seiner Heimat oder auch den USA sei Golf Volkssport, Geschäftstermine würden auf dem Golfplatz gemacht. Und auch ein Anfänger könne mit den Profis spielen, erläutert der 51-Jährige. Becker und Beckenbauer hätten beim Spiel mit ihm vor längerer Zeit mit etwa acht und elf ein höheres Handicap gehabt als er, dennoch sei ein gemeinsames Spiel mit ihnen möglich gewesen.

"Auf dem Golfplatz spielt der Beruf keine Rolle"

"Das bedeutete: Wenn ich mit denen spiele, muss ich Boris Becker acht Schläge Vorsprung geben und Beckenbauer elf Schläge Vorsprung - wenn ich Handicap Null hab. So können wir ein wunderschönes Spiel machen. Aber versuchst du, gegen Boris Becker Tennis zu spielen oder gegen Beckenbauer Fußball zu spielen oder gegen Oliver Kahn ein Tor zu halten, hast du null Chancen. Im Golf kann trotzdem jeder mit jedem spielen. Auch der Beruf spielt auf dem Golfplatz keine Rolle - und auch nicht, ob du einen Maserati fährst oder einen Mini."

Stevenson beobachtet einen Imagewandel. "Das verändert sich langsam." Dem Profi-Trainer zufolge gibt es inzwischen mehr zeitsparende 9-Loch-Plätze und mehr Kurse auch für Anfänger mit weniger Geld. "Die Golfanlagen, die in den letzten Jahren entstanden sind, waren meist kleinere 9-Loch-Anlagen", weiß auch Patricia Heinlein, Sprecherin des Bayerischen Golfverbandes. "Die kompakteren, stadtnahen 9-Loch-Anlagen entstanden aufgrund des veränderten Freizeitverhaltens und aus dem Bedürfnis, auch schnell dem Golfsport nachgehen zu können."

Nach Angaben des Deutschen Golf Verbandes (DGV) gibt es bundesweit gut 643 000 Mitglieder auf 732 Golfanlagen, in Bayern etwa 140 000 Mitglieder. Auch öffentliche Plätze ohne Mitgliedszwang gibt es. "Die Zahl der Golfer steigt nach wie vor", sagt Heinlein. Dennoch: "Volkssport ist Golf leider immer noch nicht. Wir kämpfen hier und da immer noch mit negativen Vorurteilen."

Golf-Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche

Gerade für Kinder biete der Sport "wahnsinnig viele Vorteile", sagt Christoph Günther, Initiator und Vorsitzender des Vereins Birdies für Bildung aus Oberammergau. Günther ist selbst Profispieler und möchte mit dem Verein Golf-Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützen, die oft aus sozial benachteiligten Verhältnissen stammen. Golf stehe für Grundprinzipien wie Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, so Günther.

Wie stehen die Kinder zu der Sportart? "Kinder haben die wenigsten Berührungsängste. Leider wird Golf als Snob- und elitärer Sport dargestellt - das ist in Teilen berechtigt, es sind aber die wenigsten Clubs, die das verfolgen", glaubt Günther. Die Clubs müssten umdenken, findet er: Während es für junge Leute noch Förderprogramme und Ermäßigungen gebe, sei später meist der volle Mitgliedspreis zu zahlen, ein zu großer Kostenfaktor für die meisten.

Durchschnittlich kostet eine Jahres-Mitgliedschaft für beliebig viele Spiele in Deutschland laut DGV etwa 100 Euro im Monat. Manche Hobbyspieler zieht's eher auf die öffentlichen Plätze: Hier gebe es schon ab etwa 15 Euro pro Tag Spielmöglichkeiten. Schnupperkurse seien vielerorts bereits umsonst. Profispieler Günther von den Birdies favorisiert ungewöhnliche Aktionen, um mehr Otto Normalverbraucher aufs Green zu locken, Fußballgolf etwa oder kostenloses Billard. Wer einmal dabei war, bleibe ohnehin dran, glaubt Mark Stevenson: "Das Golfen ist wie eine Droge. Wenn du auf der Driving Range bist und du schlägst in den Boden und du toppst den Ball und dann plötzlich fliegt er, das ist wie. oh, geil. das will ich nochmal."
(dpa)

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