Politik

Markus Söders neues Home Office, ein Bau von Sep Ruf, kostet 850 000 Euro Miete im Jahr.

21.02.2014

Regierungssitz mit Retro-Charme

Das neu gegründete Heimatministerium in Nürnberg wurde offiziell eingeweiht - die Opposition lästert über den „PR-Gag“

Finanzminister Markus Söder ist selten um einen Superlativ verlegen. Weshalb er die am Donnerstag offiziell eröffnete Außenstelle seines Hauses in Nürnberg auch gleich mal in historischen Bezug gesetzt hat. Erstmals seit 1806 habe ein bayerisches Ministerium einen Dienstsitz außerhalb Münchens. Das Jahr 1806 zitiert der Franke nicht ohne Grund. Damals nämlich verleibte sich das Königreich Bayern die fränkischen Provinzen ein und zentralisierte unter dem Grafen Montgelas seine Verwaltung in München. Der Schmerz darüber ist in Franken noch immer nicht verwunden. Dass in den Revolutionswirren des Jahres 1919 sogar einmal die komplette bayerische Regierung für zwei Monate in Bamberg residierte – jedoch ohne die in München zurückgebliebene Beamtenschar –, ist da nur ein schwacher Trost. Jetzt also schafft Söder nachhaltige Linderung. Die Eröffnung des zweiten Dienstsitzes in Nürnberg „bedeutet ganz klar eine Aufwertung Nordbayerns“, sagt er.

Söder wird sentimental


Mit dem Festakt in Nürnberg löst Söder ein zentrales Wahlversprechen von Ministerpräsident Horst Seehofer zumindest teilweise ein. Der hatte vor rund einem Jahr angekündigt, ein Heimatministerium für die Belange des ländlichen Raums einzurichten. Ein eigenes Ministerium ist dann nach der Wahl zwar nicht daraus geworden, aber die Zuständigkeiten für Landesentwicklung, Breitbandausbau und demographischen Wandel wurden in Söders Finanzministerium gebündelt und unter dem Begriff „Heimat“ subsummiert. Genau diese Bereiche und der fränkische Teil der staatlichen Schlösserverwaltung sollen jetzt von Nürnberg aus gesteuert werden. Für Söders Heimatstaatssekretär Albert Füracker wird die Außenstelle erster Dienstsitz. Aber auch Söder hat sich in dem für vorerst 15 Jahre hinter der Nürnberger Lorenzkirche angemieteten Gebäude ein Büro einrichten lassen. Mindestens einmal pro Woche will er von dort aus regieren, kündigt er an.
Der Freistaat lässt sich den zweiten Ministeriumsstandort einiges kosten. 5000 Quadratmeter pachtet man in dem denkmalgeschützten Bau der ehemaligen Bayerischen Staatsbank, für 14,10 Euro warm pro Quadratmeter und Monat. Macht also fast 850 000 Euro im Jahr. Im Finanzministerium legt man aber Wert auf die Feststellung, dass der Mietzins „unter dem für vergleichbare Objekte“ liegt. In Nürnberg seien das bis zu 15 Euro kalt. Zudem werde das Gebäude vom Eigentümer in renoviertem Zustand und barrierefrei übergeben. Die frühere Eingangshalle wurde zum Veranstaltungsraum umgebaut, im Sommer soll dort auch einmal der Ministerrat tagen.
Söder gerät schnell ins Schwärmen über den Dienstsitz in seiner Heimatstadt. „Er ist repräsentativ, aber nicht protzig“, betont er. Die Architektur seines Erbauers Sep Ruf habe ihm schon immer gefallen, das Gebäude verbinde im jetzigen Zustand „Modernität mit Tradition“ – passend zu den Kompetenzen des Ministeriums für Breitbandausbau bis Heimat. „Das Gebäude hat etwas den Retro-Charme der 50-er Jahre, da schwingen bei mir auch Kindheitserinnerungen mit“, sagt Söder, Jahrgang 1967, fast sentimental.

Ein Zuckerl für Umzugswillige


Zudem verweist Söder auf die strukturpolitischen Akzente. Er setzt zum Beispiel darauf, dass einige Ministerialbeamte ihre fränkischen Wurzeln wiederentdecken und zurück in den Norden Bayerns ziehen, anstatt zwischen München und der Frankenmetropole zu pendeln. Der Plan ist ohnehin, dass von den rund 100 Mitarbeitern in Nürnberg je ein Drittel aus München abgezogen, aus fränkischen Behörden rekrutiert und neu eingestellt wird. Für aus München wechselwillige Beamte hält Söder ein Zuckerl parat. Ihnen stellt er verbesserte Aufstiegschancen in der Staatsverwaltung in Aussicht.
Die Grünen haben sich von all diesen Aussichten nicht überzeugen lassen. „Geldverschwendung“, urteilt Haushälter Thomas Mütze knapp. Mit den Mitteln, die nun jährlich für die Miete gebraucht würden, könnte man „vernünftigere Dinge“ machen. Auch bei der SPD ist man skeptisch. Fraktionschef Markus Rinderspacher hält das Heimatministerium für einen „PR-Gag“ und lästert über den Nürnberger Amtssitz als „Söders Home-Office“. Historisches kann er darin nicht erkennen.
(Jürgen Umlauft)

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