Politik

Ilse Aigner (CSU) steht in Miesbach mit Horst Seehofer auf der Bühne - und der lobt sie als "Mannschaftspielerin". (Foto: dpa)

29.06.2015

Aigner und die Seehofer-Nachfolge

Es ist ein unübersehbares Zeichen der oberbayerischen CSU: Der mitgliederstärkste Bezirksverband erhebt den Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt

Sie hören ihr nicht zu, aber sie wählen sie. Als Wirtschaftsministerin Ilse Aigner am Samstag beim Bezirksparteitag der CSU-Oberbayern ihren Rechenschaftsbericht abgibt, herrscht eine fast respektlose Geräuschkulisse. Viele der knapp 400 Delegierten unterhalten sich im Waitzinger Keller von Miesbach, andere kauen ihre Weißwürste. Nur vereinzelt gibt es mahnende Worte zu mehr Ruhe.

Doch als es darum geht, die Bezirksvorsitzende im Amt zu bestätigen, stehen die Parteifreunde geschlossen hinter Aigner. Mit dem Traumergebnis von 96,3 Prozent wird die 50-Jährige im Amt bestätigt -ein Votum, mit dem sie im parteiinternen Wettbewerb um die Nachfolge von Ministerpräsident Horst Seehofer mehr als nur im Rennen bleibt. Der Parteichef will bekanntlich in drei Jahren seine Posten räumen.

"Super super", diktiert Seehofer Journalisten zu Aigners Wahlergebnis in die Notizblöcke. Und macht eine Rechnung auf: Zu Parteitagen der wesentlich kleineren CSU-Bezirksverbände - es gibt zehn in Bayern -würden oft keine 100 Delegierten entsandt. "Dies aber ist der größte Parteitag", betont Seehofer die Bedeutung des 96-Prozent-Ergebnisses.

Die Macht des mitgliederstärksten CSU-Bezirksverbandes ist ein Pfund

Die Macht des mitgliederstärksten CSU-Bezirksverbandes ist das Pfund, mit dem Aigner im Rennen um Seehofers Erbe gegen ihren schärfsten Konkurrenten, den aus Franken kommenden Finanzminister Markus Söder, wuchern will. "Wenn der Spitzenkandidat aus Oberbayern kommt, ist das Ergebnis besser", ruft Aigner den Delegierten zu, die bei diesem Satz ausnahmsweise einmal zuhören und klatschen.

Zwar ist der Satz aus ihrem Munde nicht neu, aber sie bezieht ihn dieses Mal unmissverständlich auf ihre Person - will heißen: Wenn die CSU die Landtagswahlen 2018 gewinnen will, muss sie mich, die Oberbayerin Aigner, zur Spitzenkandidatin machen. Zum Beweis für ihre These führt sie dann auch noch den Oberbayern Seehofer an.

Der Parteichef aus Ingolstadt - er spricht unmittelbar nach Aigner - nimmt den Ball gerne auf. "In Oberbayern werden die Wahlen gewonnen", sagt er. Zwar sei der CSU jeder Bezirksverband wichtig, aber der aus Oberbayern eben doch am wichtigsten, streichelt er die Delegiertenseele. Und listet anschließend auf, wie viele Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister die CSU in Oberbayern stellt.

Seehofer lobt Aigner als Mannschaftsspielerin

Erst am Schluss seiner gut einstündigen Rede kommt er auf "die Ilse" zu sprechen. Seehofer lobt Aigner als Mannschaftsspielerin. "Die Ilse ist eine grundehrliche Politikerin", sagt er und wendet sich direkt an sie: "Ich kann mich blind auf Dich verlassen, Ilse." Den Namen Söder nimmt Seehofer kein einziges Mal in den Mund, aber zumindest so mancher Delegierte im Saal wird an Söder gedacht haben, als der CSU-Chef sagt, Aigner setze nicht die Inszenierung in den Vordergrund, sondern betreibe lieber Sachpolitik.

Sachlichkeit honorieren die Delegierten auch bei der Wahl von Staatskanzleichef Marcel Huber als einer von vier Vizechefs der Oberbayern-CSU. Der lieber im Stillen arbeitende Tierarzt und Feuerwehrmann Huber bekommt mit 98,9 Prozent noch mehr Stimmen als Aigner und löst als Vize Christine Haderthauer ab, die über die Modellautoaffäre gestürzt war.

Einen Dämpfer muss wie schon vor zwei Jahren Alexander Dobrindt einstecken. Obwohl Seehofer ihm eigens noch den Rücken im Kampf um die Durchsetzung der Pkw-Maut gegen die Bedenken der Europäischen Kommission gestärkt hatte, bekommt der Bundesverkehrsminister nur 88,3 Prozent - immerhin ein leichter Zuwachs. Vor zwei Jahren hatte er lediglich 86,9 Prozent erzielt.

Am Ende verlässt eine zufriedene Ilse Aigner den Bezirksparteitag. Sie hat erneut ein Ergebnis deutlich über 90 Prozent geholt. Und dass der Franke Söder vor zwei Wochen bei seiner Wiederwahl als Chef des CSU-Bezirks Nürnberg-Fürth-Schwabach 98 Prozent erreichte, interessiert Aigner und die Delegierten an diesem Tag kaum. Sie vertrauen auf die Größe ihres Bezirksverbandes. (Paul Winterer, dpa)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 29.06.2015
    So wird man was, allein die Stimmen zählen, nicht die Leistung. Oder fällt einem geneigten Leser etwas ein, was die Oberbayerin Ilse in ihrer politischen Tätigkeit gut gemacht hat? Für vergleichbare Skandale in ihrer Zeit als Landwirtschafts- und Verbraucherministerin hat früher Frau Stamm als Ministerin zurücktreten müssen. Für Oberbayern gelten halt andere Maßstäbe.
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