Politik

"Alleinunterhalter" der Freien Wähler: Der Führungsstil Hubert Aiwangers kommt nicht bei jedem gut an. (Foto: dpa)

13.10.2017

Aiwanger: "Ich bin kein Diktator"

Immer wieder gibt es Turbulenzen bei den Freien Wählern – jüngst lief ein Abgeordneter zur FDP über. Woran liegt’s?

Den Freien Wählern im Landtag geht es gerade wie in der Geschichte von den zehn kleinen Negerlein. Erst kommt ihnen der Unterfranke Günther Felbinger wegen einer Betrugsanklage abhanden, jetzt hat sich Fraktionsvize Alexander Muthmann der FDP angeschlossen – da waren’s nur noch 17. Glaubt man dem wolfslächelnden FDP-Landeschef Albert Duin, war Muthmann nicht der letzte Überläufer. Es knirscht also in der Truppe von Hubert Aiwanger, und die Ursache dafür scheint der Chef zu sein. Muthmann jedenfalls macht keinen Hehl daraus, dass sein Wechsel zu den Liberalen „maßgeblich“ im Ärger über den Politikstil und einige rechtslastige Äußerungen Aiwangers begründet liegt.

Vor allem Aiwangers Kurs in der Flüchtlingspolitik habe er nicht mehr mittragen können, offenbart Muthmann. Statt „sachlich und ohne Ängste zu schüren“ auf eine pragmatische Politik der Mitte zu setzen, seien Aiwangers Positionen bedenklich nahe Richtung AfD gerückt.

Aiwanger hatte vor einiger Zeit eine noch niedrigere Obergrenze als die CSU gefordert und bedenklich undifferenziert vor einer wachsenden Kriminalitätsgefahr gewarnt. Zudem sind Aiwangers Freie Wähler nach dem Geschmack Muthmanns über Gebühr darauf bedacht, das Bestehende zu bewahren, anstatt Veränderungen zum Beispiel in der Agrarpolitik anzunehmen und zu gestalten. Der Verband sei auch zu sehr Ein-Mann-Betrieb geworden. Aiwanger sei Landes-, Bundes- und Fraktionschef, oft fehle zu dessen Positionen ein Korrektiv.

Schrumpft die Fraktion demnächst noch weiter zusammen?

Der abtrünnige Niederbayer steht damit nicht allein. „Die Kritik ist nicht unberechtigt“, urteilt ein Fraktionär. Immer wieder bekomme er auch von Bürgern Unmut über „euren Alleinunterhalter da droben“ zu hören. Es könne daher nicht schaden, „sich personell ein bisschen breiter aufzustellen“. Doch die Zahl der fundamentalen Aiwanger-Kritiker in der Fraktion ist klein. Bei dessen Wiederwahl zum Fraktionschef im Februar 2016 stimmten drei Abgeordnete gegen Aiwanger, drei enthielten sich. „Die Gegenstimmen sollten eigentlich Anlass sein, sich selbst zu hinterfragen und auf Zwischentöne in der Fraktion zu hören“, meint einer rückblickend. Die Mehrheit glaubt aber weiter an die Strahlkraft des Chefs und nimmt ihm nicht übel, dass er seine Führungsrolle offensiv wahrnimmt.

Aiwanger selbst sagt, er sei mit sich im Reinen. „Ich denke über jede Kritik intensiv nach“, bekundet er. „Ich will auch nicht alleine herrschen, ich bin kein Diktator.“ Er bemühe sich, alle mitzunehmen und niemanden vor den Kopf zu stoßen. Dass Muthmann gegangen sei, liegt aus Aiwangers Sicht in dessen Persönlichkeit begründet: „Er war es, der immer wieder von der vereinbarten Fraktionslinie abgewichen ist, er hat den Bruch provoziert.“ Zudem sei Muthmanns Argumentation widersprüchlich. Dessen Vorwurf an Aiwanger, zu autoritär zu sein, passe nicht zu der Klage, in vielen Punkten zu viel Nachsicht zu zeigen.

Es mag grummeln in der FW-Fraktion, Auflösungserscheinungen gibt es aber nicht – so sehr FDP-Chef Duin auch zündelt. Ist der Wechsel Muthmanns zu den Liberalen also kein Fanal? „Die FDP ist gerade im Aufwind, für uns sind die Prognosen nicht ganz so toll – das mag bei Muthmanns Zukunftsplänen eine Rolle gespielt haben“, hört man. Weitere Überläufer seien nicht in Sicht. Fraktionsvize Thorsten Glauber ist jedenfalls überzeugt: „Was die FDP da veranstaltet, ist ein Sturm im Wasserglas.“
(Jürgen Umlauft)

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