Politik

Cyberangriffe: Die Schutzmaßnahmen der Parteien sind noch nicht ausreichend, warnt der Verfassungsschutz. (Foto: dpa)

14.07.2017

Attacken auf bayerische Politiker

Parteien im Visier von Hackern: Angriffe auf Webseiten und E-Mailkonten nehmen zu

Bayerns Politiker stehen im Visier von Hackern. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) warnt alle Parteien und Fraktionen vor Cyberangriffen. Durch die Bundestagswahl und den bayerischen Wahlkampf ständen sie besonders im Fokus von politisch motivierten Angriffen. Dabei könne es zum Beispiel zu Defacement-Kampagnen, also Manipulationen von Webseiten kommen, erklärt LfV-Regierungsdirektor Markus Schäfert. Tatsächlich sind in Deutschland bereits Webseiten von Ortsverbänden bekannt, auf denen zur Diskreditierung statt Inhalten Potenzmittel oder illegale Kinofilme angeboten wurden. „Ziel der Angreifer kann aber auch sein“, sagt Schäfert der Staatszeitung, „an vertrauliche Informationen zu gelangen, deren Veröffentlichung Einfluss auf das Wahlergebnis haben kann.“

Bereits im amerikanischen und französischen Wahlkampf soll es Versuche gegeben haben, das Wahlergebnis mit gehackten Informationen zu beeinflussen. Das Bundesinnenministerium rechnet auch im Vorfeld der Bundestagswahl im September mit Manipulationsversuchen von Extremisten oder ausländischen Nachrichtendiensten. Beim Cyberangriff auf den Bundestag vor zwei Jahren seien viele Informationen abgeschöpft worden, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) letzte Woche. „Es kann sein, und innerlich rechne ich damit, dass das in den nächsten Wochen teilweise veröffentlicht wird.“

Potenzmittel statt Parteiinformationen

Die Parteien in Bayern versichern in einer BSZ-Umfrage, bisher noch jeden Hackerangriff erfolgreich abgewehrt zu haben. Das LfV weiß allerdings auch von Fällen von Defacements auf Internetseiten bayerischer Parteigliederungen. „Die uns bekannt gewordenen Einzelfälle zeigen, dass gerade bei Parteistrukturen im lokalen Bereich Schutzmaßnahmen zumindest teilweise noch nicht ausreichend sind“, warnt Schäfert. Politische Botschaften seien allerdings bisher nicht hinterlassen worden. Vielleicht waren die Attacken nur ein erster Testballon.

Die Website www.csu.de wurde nach Angaben des Franz Josef Strauß-Hauses bereits mehrfach angegriffen. Die Freien Wähler klagen vor allem über sogenannte Joe-Jobs. Dabei täuscht der Absender einer E-Mail eine falsche Identität vor und erschleicht sich so das Vertrauen des Empfängers. Die Piratenpartei berichtet von gehackten Social-Media-Accounts und übernommenen Mailsystemen. Der Verfassungsschutz empfiehlt den Parteien und den jeweiligen Untergliederungen, ihre Webseiten regelmäßig in Suchmaschinen einzugeben. Manchmal werde die Darstellung auch dort kompromittierend manipuliert.

Die IT-Infrastruktur der Landtagsfraktionen ist an das bayerische Behördennetz angeschlossen. Dieses verzeichnet laut Innenministerium täglich mehr als 40 000 Angriffsversuche – darunter auch von Geheimdiensten. 0,01 Prozent davon führen zu „internen Sicherheitsvorfällen“. „Der Schutz digitaler Daten wird zunehmend aufwendiger“, heißt es aus der CSU-Fraktion. Auch die SPD berichtet von virtuellen Angriffen mit Phishings-Mails oder DoS-Attacken. Die Freie-Wähler-Fraktion hat einen IT-Dienstleister, der sich zusätzlich um den Schutz der Webserver kümmert. Genauso die Grünen. „Dennoch ist klar, dass bei einem konzertierten, professionell ausgeführten Angriff keine hundertprozentige Absicherung möglich ist“, räumt Fraktionsgeschäftsführer Daniel von Hoyer ein.

Parteien, Fraktionen und das Landtagsamt in Bayern versichern, sicherheitstechnisch auf der Höhe der Zeit zu sein. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen speziell zur Bundes- und Landtagswahl müssten daher nicht getroffen werden. „Nach der Wahl ist vor der Wahl“, heißt es häufig. Mitarbeiter würden aufgefordert, regelmäßig die Passwörter zu ändern und auf Phishing-Mails zu achten. Die FDP in Bayern hält das auf Anfrage zumindest für eine „gute Idee“. SPD und Freie Wähler bieten zudem regelmäßig Sicherheitsschulungen für ihre Mitarbeiter an.

Um die Parlamentarier für Sicherheitsfragen zu sensibilisieren, existiert im Landtag eine interfraktionelle Arbeitsgruppe für Informations- und Kommunikationstechnik unter der Leitung von Thorsten Schwab (CSU). Sie führte zum Beispiel gemeinsam mit dem Cyber-Allianz-Zentrum (CAZ) einen Sicherheitsworkshop für alle Abgeordneten durch. Das CAZ-Angebot können alle Politiker wahrnehmen. Bayerns IT-Beauftragter Markus Söder (CSU) plant, im neuen Landesamt für IT-Sicherheit in Nürnberg zusätzliche und ergänzende Angebote bereitzustellen, von denen auch Mandatsträger und Mitarbeiter politischer Parteien profitieren sollen. Das LfV rät dringend, die Angebote anzunehmen. „Keiner sollte meinen: Ich bin doch eh nicht so interessant“, warnt Schäfert. „Treffen kann es jeden.“ (David Lohmann)

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