Politik

Viele Richter, Gymnasiallehrer und höhere Verwaltungsbeamte sind mit dem neuen Dienstrecht unzufrieden. (Foto: Bilderbox)

22.07.2011

Aufstand der Staatsdiener

Mehrere Beamtenverbände erwägen eine Klage gegen Bayerns neues Dienstrecht

Bayerns Finanzmister Georg Fahrenschon (CSU) droht neuer Ärger mit seinen Staatsdienern: Teile der Beamtenschaft machen gegen das seit Januar geltende neue Dienstrecht mobil – eines der wichtigsten Projekte der Landesregierung. „Wir prüfen derzeit, ob wir gegen Teile des neuen Dienstrechts klagen werden“, sagt Max Schmidt, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands der Staatszeitung.
Acht Beamtenverbände wollen sich deshalb nach BSZ-Informationen zur Arbeitsgemeinschaft der Akademischen Beamten und Richter in Bayern (AABR) zusammenschließen. Darunter sind neben den Gymnasiallehrern der Bayerische Richterverein (BRV) sowie der Verband der höheren Verwaltungsbeamten (VHBB) – allein die Vertretung der Philologen hat 23 000 Mitglieder. Die Gründung der AABR läuft auf vollen Touren. „Wir planen gerade den Internetauftritt und werden in den kommenden Monaten einen Sprecher wählen“, sagt Schmidt. Alle acht Verbände vertreten Mitarbeiter des bisherigen höheren Dienstes.
Grund für den Aufstand: Der seit Januar deutlich erleichterte Aufstieg für Nicht-Akademiker in der Beamtenhierarchie. Dieser stößt manchen studierten Staatsdienern bitter auf. „Laut neuem Dienstrecht können Beamte auch ohne relevante Prüfungen oder vergleichbare Leistungsabfrage deutlich einfacher als bisher in höhere Gehaltsklassen vorstoßen“, moniert Matthias Pfeil, Chef des Verbandes der höheren Verwaltungsbeamten (VHBB).
Tatsächlich genügen einige wenige Seminare, samt abschließender Prüfung. Doch diese sogenannten Module seien in ihrer jetzigen Form nicht ausreichend, findet Pfeil. Für ihn ist klar: „Es darf nicht sein, dass ein paar mehrtägige oder mehrwöchige Module ausreichen, ein ganzes Studium zu ersetzen.“
Pfeil und Philologe Schmitt fürchten, dass so zunehmend auch zweitklassiges Personal in Führungspositionen gelangen könnte. „Der hohe Leistungsstandard der bayerischen Beamten ist in ernsthafter Gefahr“, prophezeit Schmidt. Architekt Pfeil berichtet, wie schwer es der staatlichen Bauverwaltung angesichts sinkender Mitarbeiterzahlen schon jetzt falle, ihre Aufgaben zu erfüllen. „Es ist kaum vorstellbar, dass ein Angestellter ohne entsprechendes Uni-Studium die Arbeit privater Bauträger überwachen soll.“
Auch die erleichterten Verbeamtungen für Quereinsteiger treiben die höheren Beamten um. Vor allem die Möglichkeit, externe Bewerber künftig sofort auf Lebenszeit zu verbeamten, sieht Pfeil kritisch. Für ihn ist klar: „Wenn klare und nachvollziehbare Einstellungskriterien und Kontrollmöglichkeiten fehlen, besteht immer die Gefahr der Vetternwirtschaft.“ Die Beamtenverbände haben ein Rechtsgutachten zum neuen Dienstrecht in Auftrag gegeben. „Das stützt unsere Position“, sagt Philologe Schmidt.
Das federführende Finanzministerium weist die Kritik zurück: „Man darf keine Äpfel mit Birnen vergleichen“, sagt eine Sprecherin. Das berufliche Vorankommen im Rahmen der modularen Qualifizierung beruhe „nicht allein auf den Leistungen in den verschiedenen Modulen“. Es würden nur die Beamten zur modularen Qualifizierung zugelassen, die sich in langjähriger Berufstätigkeit als die Besten erwiesen hätten. „Gerade die Mischung aus erfolgreicher Berufserfahrung gepaart mit sinnvollen Qualifikationsmaßnahmen zum einen und den akademisch ausgebildeten Führungskräften zum anderen sichert die hohe Qualität der Führungskräfte insgesamt“, so die Sprecherin.
Unterstützung bekommt das Ministerium vom Bayerischen Beamtenbund (BBB), der die Mehrzahl der Staatsdiener im Freistaat vertrtitt. „Ich mache mir keine Sorgen um die hervorragende Kompetenz des öffentlichen Dienstes – auch in der Zukunft“, sagt BBB-Chef Rolf Habermann. Das aktuelle Dienstrecht in Bayern unterliege wie jedes andere deutsche Recht dem Grundgesetz. Und das schreibe vor, dass sich das berufliche Fortkommen nach Eignung und Leistung zu richten habe. „Daran wird sich nichts ändern“, ist Habermann überzeugt. Für ihn ist klar: „Wo eine Amtsposition mit der ihr eigenen Tätigkeit eine Universitätsausbildung verlangt, wird auch in Zukunft niemand sitzen, der diese Ausbildung nicht hat.“ (Tobias Lill)

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