Politik

Ministerpräsident Horst Seehofer (links) und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

16.10.2017

Ausflug nach Jamaika

Die CSU-Spitze berät über Seehofer, Parteikrise und Niedersachsenwahl. Der Partei-Chef betont: Die Wahl hat keine Folgen für Jamaika-Gespräche

Die CDU-Niederlage bei der Niedersachsen-Wahl hat nach Ansicht von CSU-Chef Horst Seehofer keine Konsequenzen für die Jamaika-Gespräche in Berlin. "Es wäre auch sonst nicht leicht geworden. Es ist ein anspruchsvolles Unternehmen", sagte Seehofer der Sitzung des Parteivorstandes. Eine der Lehren der vergangenen beiden Jahre sei es, dass es in Deutschland eine veränderte politische Landschaft gebe. "Fünf, sechs, sieben Parteien in einem Parlament sind jetzt im Moment die Regel."

Für die Union bleibe es mit Blick auf die Verhandlungen mit FDP und Grünen von besonderer Bedeutung, dass dort "die Handschrift von CDU und CSU deutlich wird, für eine bürgerlich-konservative Zukunft in Deutschland", sagte Seehofer. Von Mittwoch an will die Union mit FDP und Grünen in Berlin sondieren. Die CSU werde mit der gleichen Verhandlungslinie und dem gleichen Kursbuch in die Gespräche gehen und versuchen, möglichst viel davon zum Tragen zu bringen. "Das ist völlig unabhängig von Niedersachsen", sagte Seehofer.

Der CSU-Chef rechnet mit einer schwierigen Regierungsbildung in Niedersachsen. Nachdem Rot-Grün in Hannover keine Mehrheit mehr habe, werde möglicherweise die CDU zum Regieren gebraucht. "Das ist eine auch dort nicht einfache Situation."

Scheuer: "Mal sehen was der Ausflug nach Jamaika so bringt"

Die CSU müsse sich künftig besser auf die sich rasant ändernden Stimmungen in Deutschland einstellen. "Das heißt, die ganze Situation ist schwieriger und anspruchsvoller geworden und dem muss sich auch die CSU stellen. Da hat sich was geändert. Darauf müssen wir reagieren", betonte Seehofer. Der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: "Jetzt machen wir mal einen Ausflug nach Jamaika (...) und dann sehen wir, was der Ausflug bringt. Er wird nicht geprägt sein von Reggae und Bob Marley und irgendeinem lässigen Style. Sondern es wird ein sehr schweres Stück Arbeit." Seiner Ansicht nach sind die potenziellen Jamaika-Partner CDU/CSU, FDP und Grüne "inhaltlich meilenweit" voneinander entfernt. "Wie sich das zusammen ruckelt, das kann ich Ihnen heute noch nicht voraussagen", sagte Scheuer. Vor allem für die CSU würden die Jamaika-Gespräche ein harter Weg.
 
Der CSU-Generalsekretär wies darauf hin, dass bei der Wahl in Niedersachsen alle Jamaika-Partner Stimmen verloren hätten. Daher müsse man besonders konzentriert in die Gespräche gehen. "Wir brauchen eine Maximalabdeckung des Bürgerlichen, damit wir zu alter Stärke zurückkehren, um dann auch wieder erfolgreich zu sein bei der Landtagswahl 2018 in Bayern", sagte Scheuer mit Blick auf die Situation seiner eigenen Partei.

Massive Kritik daran, dass der Begriff Obergrenze fehlt

Im Mittelpunkt der Vorstandsitzung steht aber vor allem einmal mehr die Lage der CSU sowie die Situation von Parteichef Horst Seehofer nach dem verhandelten Kompromiss mit der CDU zur Obergrenze für Flüchtlinge.

Vor einer Woche hatten CDU und CSU ihren Dauerstreit beigelegt und sich für die Einführung eines Richtwertes von maximal 200 000 Zuwandererm ausgesprochen. Während Seehofer und andere aus der CSU dies als großen Erfolg feiern, gibt es auch massive Kritik, da das Wort Obergrenze nicht im Beschluss zu finden ist.

Der 68-Jährige steht seit der Bundestagswahl vor knapp drei Wochen innerparteilich massiv unter Druck. Die Bezirksverbände Oberfranken und Oberpfalz haben bereits einen personellen Neuanfang gefordert, auch aus anderen Regionen meldeten sich immer wieder Kritiker zu Wort und forderten Seehofers Rücktritt, darunter auch Mandatsträger aus dem Bundestag sowie dem Landtag. Zuletzt hatten auch einige Kreisvorsitzende aus München Seehofer attackiert.

Seehofer verliert deutlich an Rückhalt auch in der Bevölkerung

Laut einer aktuellen Umfrage verliert Seehofer auch in der Bevölkerung deutlich an Rückhalt. Demnach haben sich zwei Drittel der Befragten gegen eine erneute Spitzenkandidatur des 68-Jährigen bei der Landtagswahl 2018 ausgesprochen. Zudem geht aus der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag) hervor, dass 57,7 Prozent der Befragten mit der Arbeit Seehofers als Ministerpräsident nicht zufrieden sind.

Seehofer selbst lehnt aber einen Rücktritt von seinen Ämtern als Ministerpräsident und Parteichef nach wie vor kategorisch ab und hält weiter an seinem Plan der Spitzenkandidatur für die Landtagswahl in einem Jahr fest. Nach der Bundestagswahl hatten sich Parteivorstand und die CSU-Parlamentarier im Bundestag sowie im Landtag auf ein Ende der Personaldebatte bis zum Parteitag Mitte November geeinigt, um die von Seehofer geführten Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht zu gefährden. Daran hielten sich zuletzt aber nicht alle Kritiker.

Bei der Bundestagswahl am 24. September war die CSU nur auf 38,8 Prozent gekommen, ein für sie historischer Tiefstwert. In der Partei machen viele Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür verantwortlich. Nach bisheriger Planung soll Merkel auch zum Parteitag eingeladen werden. Vor einem Jahr war sie wegen des Streits um die Obergrenze nicht zum CSU-Parteitag gekommen.
(dpa)

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