Politik

Im Dezember wurde die neue Repräsentanz des Freistaats in Prag eröffnet. Im August fand in der bayerischen Vertretung in Kanada das Festibière de Québec statt. Bereits 2007 unterzeichnete Edmund Stoiber das Partnerschaftsabkommen mit dem indischen Bundesland Karnataka. (Fotos: dpa, BSZ)

12.12.2014

Bayerische Botschafter

Der Freistaat investiert kräftig in Auslandsrepräsentanzen – Anfang Dezember eröffnete die bayerische Vertretung in Prag

Unübersehbar weht die bayerische Flagge in der Prager Altstadt. Anfang Dezember hat der Freistaat das historische Stadtpalais in der schmalen Michalska-Gasse übernommen. Hinter dem Schreibtisch des Büroleiters Hannes Lachmann prangt bereits zur Eröffnung ein riesiges Bild der Bavaria auf der Münchner Theresienwiese. Mit der neuen Vertretung will Bayern seine Beziehungen zur tschechischen Regierung, Gesellschaft und Wirtschaft weiter intensivieren. „Unsere Repräsentanz soll ein Ort sein für Dialog, Freundschaft und Miteinander“, erklärte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Einweihungsfeier. Deswegen plant Lachmann mit seinen zwei Mitarbeitern auch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen und Ausstellungen.

Bayerische Gesandtschaften existieren schon seit rund 400 Jahren. Im 19. Jahrhundert bestanden diplomatische Vertretungen des Königreichs bei fast allen größeren europäischen und deutschen Staaten. Erst nach der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung im Jahr 1919 mussten die bayerischen Auslandsvertretungen aufgehoben werden. In den 1980er-Jahren begann die Staatsregierung damit, ein neues Repräsentantennetzwerk aufzubauen. Die erste „kleine Botschaft“ eröffnete 1988 in Tokio, um japanische Investoren für Bayern zu begeistern – mit Erfolg. Mittlerweile ist der Freistaat der zweitgrößte Standort japanischer Unternehmen in Deutschland. Bereits seit 25 Jahren verbindet Bayern und das kanadische Québec eine besonders intensive Partnerschaft mit rund 600 Projekten in den Bereichen Wirtschaft, Technologie, Wissenschaft, Politik, Bildung und Kultur. Das Büro in Montreal ist zusammen mit dem in Prag die einzige Repräsentanz ohne ausschließlichen Wirtschaftsbezug. Zusammen mit der 30-köpfigen Vertretung in Brüssel sind sie organisatorisch eine Abteilung der Staatskanzlei und unterstehen Europaministerin Beate Merk (CSU).

In den folgenden Jahren eröffneten unter dem Dach des Wirtschaftsministeriums weitere bayerische Vertretungen: 1995 in Südafrika und Russland, 1996 in der Ukraine und in den USA, 1997 in China sowie 1999 in Brasilien. Seit dem Jahr 2000 kamen noch die Standorte Mexiko, Bulgarien, Israel, Kroatien, Österreich, Polen, Rumänien, Schweiz, Ungarn, Vietnam, Indien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate und 2013 Südamerika mit dem Headoffice in Santiago de Chile hinzu. Das Ministerium unterscheidet dabei zwischen Vollrepräsentanzen für Außenwirtschaft, Vollrepräsentanzen für Standortmarketing und Repräsentanzen der Auslandshandelskammer. Finanziert werden die 25 Büros aus dem laufenden Haushalt. „Insgesamt fließen jedes Jahr knapp drei Millionen Euro in das Auslandsrepräsentantennetzwerk“, erläutert eine Sprecherin von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Dafür seien allein im letzten Jahr 54 Investitionsprojekte auf den Weg gebracht und in Bayern und der Welt knapp 3000 Arbeitsplätze geschaffen worden.

Die Auslandsrepräsentanten sind für interessierte Unternehmen der erste Ansprechpartner. Sie sind entweder lokale Mitarbeiter mit einem starken Bezug zu Deutschland oder vom Wirtschaftsministerium entsandt – vor allem an Standorten mit dem Schwerpunkt Marketing. Einer davon ist John Kottayil. „Mit Bayern ist meine Beziehung nun über 25 Jahre alt“, erzählt der Leiter der bayerischen Vertretung in Bangalore im Gespräch mit der Staatszeitung. Nach seinem Studium an der Uni München sei er im Bereich der Unternehmensberatung tätig gewesen. „Durch Zufall kam ich zusammen mit meinem Chef in Kontakt mit dem damaligen Staatskanzlei-Leiter Erwin Huber, der ein Büro in Indien aufzubauen plante.“ Seit 2001 ist Kottayil jetzt für den Freistaat im Land der heiligen Kühe unterwegs, hält Vorträge, knüpft Firmenkontakte und berät indische Firmen bei der Expansion nach Bayern. „Unser Büro ist ein offenes Haus, in das viele Leute auch mal einfach so reinkommen“, freut sich Kottayil.

Für seinen Kollegen Martin Langewellpott aus Brasilien macht neben der Förderung von Wirtschaft und Forschung vor allem die „Vermarktung“ der bayerischen Lebensart und Kultur die Arbeit interessant. „Die Repräsentanz war bei den ersten beiden Oktoberfesten in São Paulo offizieller Kulturpartner und hat selbstverständlich zur Originalveranstaltung nach München eingeladen“, sagt er. Aktuell berät er 20 bayerische Firmen rund um die Fragen zum Markteintritt im Land des Sambas. „Derzeit sucht beispielsweise eine traditionsreiche Brauerei einen Vertriebspartner und braucht zusätzliche Informationen zur Registrierung beim brasilianischen Landwirtschaftsministerium.“ Die Büroleiterin Dalia Abu Samra-Rohte in Abu Dhabi hingegen betreut zurzeit Unternehmen wie Siemens, Linde oder Dallmayr. Der Markt für bayerische Firmen sei weiterhin interessant, versichert sie der BSZ. „Besonders im Bereich Infrastruktur, Lebensmittel und Medizintechnik bieten sich Möglichkeiten.“

So verwundert es nicht, dass andere Bundesländer ebenfalls Kooperationsbeauftragte in wichtigen Auslandsmärkten berufen haben. In Hessen sind das neben Brüssel China, Polen, Russland, Kuba, Türkei, Brasilien, Polen, Saudi-Arabien und die USA. Sachsen hingegen unterhält eine Landesvertretung in Berlin mit 24 Mitarbeitern als Kontaktstelle zur Bundesregierung sowie Verbindungsbüros in Polen, Brüssel und Tschechien. In Baden-Württemberg befindet sich in China eine Repräsentanz der Landesregierung, in Brasilien ein Fachinformationszentrum und in Indien, Indonesien, Mexiko sowie Singapur so genannte German Centres. Thüringens Auslandsdependancen sind außer in Brüssel ebenfalls keine Repräsentanzen im Sinne eigener Büros. Vielmehr arbeiten in den Ländern Leute, die für die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen tätig sind.

„Menschliche Begegnungen mit gegenseitigem Respekt und Achtung bringen wirtschaftliche Kooperation und Zusammenarbeit mit sich“, betont der indische Büroleiter Kottayil. „Damit“, ist er überzeugt, „sichern wir auch den Frieden in der Welt.“ (David Lohmann)

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