Politik

Bayern als eigener Staat? Ein Problem: Auch in Franken gibt es eine Unabhängigkeitsbewegung. (Foto: BSZ)

17.09.2014

Bayern könnte es allein - und Franken auch

Die Schotten stimmen über ihre Unabhängigkeit ab. Auch der Freistaat wäre stark genug, wieder eigenständig zu werden

Schottland und Bayern haben eine wesentliche Gemeinsamkeit: Beider Länder Farben sind weiß-blau. Zwar ist das schottische Blau dunkler geraten als das bayerische Himmelblau, doch gibt es noch andere Verwandtschaftsmerkmale. Derzeit inspiriert das schottische Referendum die Unabhängigkeitsbewegten im Freistaat. Doch dabei gibt es eine bayerische Sondersituation: Die Bayernpartei würde sich gerne von Deutschland abspalten - und die fränkische Unabhängigkeitsbewegung von Bayern.  
Obwohl außerhalb der bayerischen Landesgrenzen gern verlacht, wäre eine Unabhängigkeit Bayerns von Historie, Territorium, Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft her gut vorstellbar. Bayern ist älter als Deutschland und hat eine über tausendjährige eigenstaatliche Tradition, die erst der angebliche Märchenkönig Ludwig II. vor knapp 150 Jahren aufgab. Bayern hat mit über 12 Millionen Einwohnern eine größere Bevölkerung als Österreich oder die Schweiz und ist eine der wirtschaftlich stärksten Regionen der Welt.  

Bayern hat mehr Einwohner als Österreich

Doch anders als in Schottland ist die bayerische Unabhängigkeitsbewegung schwach - und geteilt. "Wir würden ein solches Unabhängigkeitsreferendum in Bayern ausdrücklich begrüßen", sagt Florian Weber, der Vorsitzende der Bayernpartei. "Auch wenn eine Mehrheit dafür momentan nicht vorstellbar ist. Da muss man realistisch sein."  
Weber hofft aber, dass die schottische Abstimmung der Bayernpartei hilft: "Früher sind wir immer verlacht worden. Inzwischen lachen da sehr viel weniger."  
Doch Bayern ist nicht gleich Bayern. Ein Teil der bayerischen Bevölkerung fühlt sich bis heute nicht zu Bayern gehörig. Ein unabhängiges Bayern wäre mutmaßlich sofort mit einer fränkischen Unabhängigkeitsbewegung konfrontiert. Die fränkische Zwangsvereinigung mit Bayern zu Beginn des 19. Jahrhunderts haben manche bis heute nicht verschmerzt.  

Auch Franken allein wäre lebensfähig

Der Fränkische Bund strebt zwar keine Unabhängigkeit, aber zumindest ein eigenes Bundesland an. "Ein eigener Staat war noch nie unser Thema", sagt Vorstandsmitglied Jochen Pfeuffer. Doch würde eine ernsthafte Debatte über eine Unabhängigkeit Bayerns ohne Zweifel auch die fränkischen Separatisten beflügeln. So gibt es neben dem Fränkischen Bund noch andere Gruppen fränkischer Patrioten.    
Auch Franken allein wäre lebensfähig und mit über vier Millionen Einwohnern immer noch beträchtlich größer als das respektable EU-Mitglied Slowenien. Sollte Bayern jemals unabhängig werden, würde es daher in Franken "mit Sicherheit Stress geben", sagt daher Joachim Kalb, ein Mitglied des Fränkischen Bunds.
Vielen Bürgern der Bundesrepublik ist nicht bewusst, dass sie ein nur einige Jahrzehnte zurückliegendes Beispiel für die Loslösung von Deutschland in unmittelbarer Nachbarschaft vor Augen haben: Österreich. Es ist noch keine 100 Jahre her, dass die provisorische Nationalversammlung in Wien nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 freiwillig und mehrheitlich - mit den Stimmen der Sozialdemokraten - erklärte, Deutschösterreich sei "Teil der Deutschen Republik". Dieser Beschluss wurde aber von den Siegermächten nicht akzeptiert.  
Den Ausschlag für die endgültige Loslösung gab dann nicht ein friedliches Referendum, sondern der "Anschluss" durch Hitler 1938, der Zweite Weltkrieg und die anschließende Besatzung 1945 durch die Alliierten.  
Egal, wie das schottische Referendum ausgeht: Sowohl bayerische als auch fränkische Separatisten erhoffen einen Nutzen für die eigene Sache. "Wir Franken können einiges davon lernen", sagt Kalb. "Die ganzen englischen Politiker kriechen zu Kreuze und versprechen Verbesserungen, um die Schotten umzustimmen. Wenn wir uns in Franken mehr rühren, könnten wir schon etwas für uns rausholen." (Carsten Hoefer, dpa)

Kommentare (2)

  1. Frankundbaldfrei am 19.09.2014
    Welche anderen "Verwandschaftsmerkmale" als die unglaublich aussagekräftigen (fast) gemeinsamen Farben gibt es denn jetzt noch zwischen Bayern und Schottland? Es wird ja nichts mehr erwähnt...

    Kein Wunder zudem, wenn bei der recht einseitigen und nicht immer an der Wahrheit orientierten Informationspolitik bayrischer Medien südlich der Donau der Glaube vorherrscht, man könne es auch alleine und dies sei auch noch richtig. Denn: Der Freistaat Bayern in seiner heutigen Form ist gerade mal 200 Jahre alt. Die These, Bayern sei älter als Deutschland trifft also nur dann zu, sofern man sich auf die 2te Reichsgründung 1871 beruft. Das Deutsche Reich wurde im 10. Jhd. als Rechtsnachfolger des Frankenreiches gegründet. Hier gehörte das Gebiet des heutigen Bundeslandes aber gänzlich dazu. Dies bis 1806, eine tausendjährige absolut unabhängige Eigenstaatlichkeit, wie oben postuliert, gab es so, wenn überhaupt, nur im Frühmittelalter! Und was damals relativ schnell von den Franken besiegt wurde, war das bairische Stammesherzogtum, welches sich über das heutige Altbayern, Südtirol und den größten Teil Österreichs erstreckte. Eine nahtlose Historie mit dem heutigen Bayern ist nicht gegeben, insbesondere weil der fränkische und schwäbische Teil hier nicht hinzugezählt werden kann.
  2. Super Horsti am 19.09.2014
    "Do not let them tell us we can not!" Scotlands future in Scotlandś hands. Und unsere Zunkunft in unserer Hand. Die Bundesrepublik ist staatsrechtlich nur eine Verwaltungseinheit auf deutschem Boden aber zugegebenermaßen keine schlechte. Es lebt sich hier gut, niemand muß hungern und wir haben Frieden. US-Präsident Obama hat in Rammstein gesagt als die dortigen Mitarbeiter Angst um ihre Arbeitsplätze hatten: "Deutschland ist nach wie vor ein besetztes Land, und das wird auch so bleiben!" Bundesfinanzminister Schäuble hat gesagt "Deutschland ist nach dem 08. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen".

    Wir stehen also nach wie vor unter Kuratell, es gibt immer noch keinen Friedensvertrag. Aber wenn man mal ehrlich ist, möchten die Menschen in Deutschland die Verantwortung ganz alleine entscheiden zu können gar nicht wirklich übernehmen. Schottland hätte jetzt die Möglichkeit gehabt. Die Mehrheit hat sich für den Verbleib beim Britischen Empire entschieden.

    Es gab schon andere Staaten die gemeint haben sie könnten 1000 Jahre bestehen. Das wird auch dieser Staat nicht schaffen, egal wie autoritär er noch wird und wie sehr Bürgerrechte durch die Hintertür eingeschränkt werden. Irgendwann vielleicht werden die Menschen anfangen wieder selbst zu denken.

    Wir könnten, wenn wir wollten. Die Allierten würden nicht einmarschieren, die Bundeswehr bliebe in ihren Kasernen. Wenn das wirklich unser Wille wäre das Königreich Bayern wieder zu gründen, dann könnten wir das. Aber es liegt leider am Wollen!
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