Politik

Auto an Auto: In München ist die Schafstoffbelastung besonders hoch. (Foto: dpa)

19.07.2017

Bayerns Luft muss sauberer werden

Saubere Luft gibt es nicht zum Nulltarif. Damit die bayerische Landeshauptstadt nicht in Abgasen erstickt, will die Regierung viel Geld investieren. Kritiker fürchten aber, dass das nicht ausreicht

Mehr Elektromobilität, bessere ÖPNV-Angebote, mehr Radwege, Dieselnachrüstungen, Kaufanreize für neue Autos: Mit vielen Einzelmaßnahmen für bessere Luft will die Staatsregierung die Schadstoff-Belastungen in Bayerns Städten senken und so drohende Diesel-Fahrverbote verhindern.

"Wir wollen und müssen im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger die Stickstoffdioxidbelastung in bayerischen Innenstädten schnellstmöglich reduzieren", sagte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München. Während die Staatsregierung die Maßnahmen lobte, sind Umweltverbände und Opposition skeptisch.

Insbesondere in den großen Städten soll die Schadstoffbelastung durch Diesel-Fahrzeuge rasch gesenkt werden. Konkret setzt die Regierung auf eine zügige Nachrüstung von Euro-5-Dieselautos, Kaufanreize für neue Diesel-Fahrzeuge, eine massive Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sowie des Radverkehrs und einen schnelleren Ausbau der Elektromobilität.

Kaufanreize für neue Diesel-Fahrzeuge

Geplant sind zudem Fördermaßnahmen für die Modernisierung von Bussen. Rund 400 Millionen Euro sollen in den nächsten fünf Jahren fließen, für Preisvorteile für Pendler im Münchner ÖPNV, mehr Park- & Ride-Angebote, bessere Taktungen bei S- und U-Bahnen sowie attraktivere Radfahrmöglichkeiten.

"Wir wollen keine Funktionalität einer Stadt lahmlegen", sagte Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Die CSU sei weiter gegen ein pauschales Diesel-Fahrverbot. Seehofer sprach gar von einer Entscheidung mit "historischem Maß". "Es bricht ein neues Zeitalter an", betonte er. Die Mobilität in den Großstädten umweltfreundlicher zu ordnen, sei nicht nur der Luftreinhaltung geschuldet. "Solche Projekte werden auch notwendig in den Städten, in denen wir die Luftreinheit-Problematik nicht haben."

Die Umrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge soll laut Staatsregierung von den Autoherstellern bezahlt werden. Eine endgültige Zusage der bayerischen Konzerne werde es zwar erst bei einem für 2. August geplanten Autogipfel in Berlin geben, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber, betonte aber: "Sie werden das machen, haben sie uns gesagt." Bei der Konferenz von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), an der auch Seehofer teilnehmen will, gehe es auch um die Einführung eines Förderfonds für den öffentlichen Personennahverkehr.

Euro-5-Diesel sollen nachgerüstet werden - aber reicht das aus?

Zur Abwendung drohender Diesel-Fahrverbote hatten die bayerischen Autohersteller Audi und BMW bereits angekündigt, die Hälfte ihrer in Deutschland zugelassenen Euro-5-Diesel technisch nachzurüsten. Damit soll der Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide gesenkt werden. Kritiker bemängeln jedoch, dass dies nicht ausreicht, da die noch schmutzigeren Euro-3 und Euro-4-Diesel nicht berücksichtigt werden.

In München werden die Stickstoffdioxid-Grenzwerte vielerorts überschritten, teilweise sogar massiv. In einem Viertel aller Hauptstraßen, in 123 von 511 Kilometern, liegen die Belastungen über dem Grenzwert. 27 Kilometer davon weisen deutlich erhöhte Werte auf, 16 Kilometer sogar extrem erhöhte Werte. Das geht aus einer Studie hervor, die die Staatsregierung am Dienstag mit mehrwöchiger Verzögerung im Internet veröffentlichte.

Unter den Straßen mit deutlichen oder extremen Belastungen sind zentrale Verkehrsadern der Landeshauptstadt wie der Mittlere Ring. "Wenn knapp 25 Prozent eines Straßennetzes bei Stickstoffoxiden betroffen sind, dann ist das schon ein Alarmzeichen, dem wir Taten folgen lassen müssen", sagte Seehofer.

Grüne: Maßnahmenpaket ist eine Mogelpackung

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezeichnete die Maßnahmen als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. "Dass die Mittel für den Öffentlichen Nahverkehr spürbar erhöht werden sollen, kann ich nur begrüßen. Das bedeutet eine deutliche Entlastung der Kommunen, greift aber nur mittel- beziehungsweise langfristig." Ob die Maßnahmen insgesamt geeignet seien, die Stickoxidbelastung schnell in den Griff zu bekommen und damit Fahrverbote dauerhaft verhindert werden können, werde man sehen. "Entscheidend ist, dass die Automobilindustrie alle betroffenen Dieselfahrzeuge innerhalb eines Jahres nachrüstet."

Während die Wirtschaft die Maßnahmen begrüßte, zeigten sich etwa die Grünen im Landtag skeptisch: Fraktionschef Ludwig Hartmann glaubt nicht, dass das Maßnahmenpaket ausreicht: "Manche Stellschrauben sind sogar völlig widersinnig - etwa die Schaffung zusätzlicher Steuervergünstigungen für den Kauf neuer Dieselfahrzeuge."

Das Maßnahmenpaket sei eine Mogelpackung, die nur wenige Lichtblicke bei der Förderung der Alternativen zum Autoverkehr enthalte, sagte Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz. "Es ändert nichts Grundlegendes an der vorsätzlichen Vergiftung der Bewohner an hochbelasteten Straßen in bayerischen Großstädten." (dpa)

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