Politik

Die Widerstände gegen Gen-Food sind beträchtlich. Auch deshalb werden entspechende Pflanzen in der EU kaum angebaut. (Foto: dpa)

20.06.2014

Bewährungsprobe fürs Europaparlament

Wie viel Macht sollen Konzerne bei der Zulassung genmanipulierter Pflanzen haben? Innerhalb der EU herrscht hierüber Dissens

Es klingt verrückt: Wenn ein Konzern gentechnisch veränderte Pflanzen innerhalb der EU anbauen will, soll das Land dies nur verbieten können, wenn der Konzern zustimmt. Geht’s noch? Konzerne diktieren Staaten, was sie dürfen? Normalerweise läuft es andersherum.
Ausgeheckt haben die absurde Idee unlängst die EU-Umweltminister; auch die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) stimmte dafür. Sie ergänzten damit einen Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2010. Die wollte damals den bis dato rechtsfreien Raum in puncto Gentechnik beenden und die Möglichkeit von Anbauverboten eröffnen.
Allerdings muss es nicht so weit kommen, dass Konzerne über eine so genannte Opt-out-Regelung mitreden dürfen bei geplanten Gentechnik-Verboten. Das Europäische Parlament muss dem Vorhaben nämlich zustimmen. Ende 2014 steht dort die abschließende zweite Lesung des Gentechnik-Pakets an. Wie die Abstimmung ausgeht, ist offen. Denn nach der Neuwahl des Europaparlaments im Mai sind die Mehrheitsverhältnisse noch unklar.

Grüne und CSU ärgern sich gleichermaßen


Der wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, hofft, dass das Parlament die Opt-out-Klausel kippt: „Das Einführen eines Vetos für Konzerne ist für das Europaparlament inakzeptabel.“ Auch Agrarpolitiker im bayerischen Landtag laufen Sturm gegen das Opt-out. So empört sich die Grüne Rosi Steinberger über die „windelweiche Regelung“. Es könne nicht sein, dass „ein Unternehmen zum gleichberechtigten Gegenspieler ganzer Staaten“ erhoben werde, sagt Steinberger. Dem Freien Wähler Leopold Herz graut ebenfalls davor, dass Staaten bei Gentech-Verboten „zu Bittstellern gegenüber den Agrochemiekonzernen werden“.
Sollte das neu gewählte Europäische Parlament dafür votieren, die Opt-out-Regelung aus dem Gentech-Dossier zu streichen, kommt es zu einem Vermittlungsverfahren zwischen Europaparlament und den Umweltministern der 28 Mitgliedsstaaten.

Für gentechnikfreie Zonen gibt es noch keine Rechtssicherheit


Was dabei nicht passieren sollte ist, dass über dem Zoff ums Opt-out das ganze Gentechnik-Paket scheitert. Denn dann würde ein rechtsfreier Raum herrschen – wie bisher. Tatsächlich ist innerhalb der EU nicht geklärt, ob Regionen oder ganze Staaten sich zur gentechnikfreien Zone erklären können. Einige haben das getan – allerdings ohne rechtliche Sicherheit.
Fakt ist aber auch: Der Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen ist innerhalb der EU bislang die Ausnahme. Denn bei den Bürgern gibt es, was Gen-Food angeht, große Vorbehalte. Und Lebensmittel, die gentechnisch manipulierte Pflanzen enthalten, sind kennzeichnungspflichtig. Bayern hat sich – wie Ungarn und Österreich – ohnehin zur gentechnikfreien Zone erklärt. Ob einzelne Regionen das dürfen sollen oder nur Staaten, wird noch geklärt. 2009 hatte das Europaparlament hierzu bereits eine klare Meinung: Anders als die Kommission befürwortete es neben nationalen auch regionale Anbauverbote.
Die Abstimmung im Europaparlament Ende des Jahres wird also spannend: Neben inhaltlichen Fragen geht es darum, ob das neu gewählte Europaparlament bereit ist, Front zu machen gegen die bis dato übermächtige EU-Kommission und auch gegen die Vorstellungen der nationalen Umweltminister. (Waltraud Taschner)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 20.06.2014
    Wieder ein Beispiel, wie die Bürger Europas verschaukelt und verkauft werden sollen. Wofür bekommt unsere Umweltministerin eigentlich ihr Gehalt? Und warum sagt Ihr die Bundeskanzlerin und ehemalige Umweltmnisterin nicht, wie sie abzustimmen hat?

    Mit solchen Entscheidungen, die eindeutig Volkes Wille widersprechen, verprellt man die Wähler noch mehr. Scheint wieder eine Bestätigung dafür zu werden, wie wenig der Wille der Bürger interessiert, wenn es um Konzeninteressen geht.

    Das Volk darf seine Stimme abgeben, danach hat es logischerweise nichts mehr zu sagen.
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