Politik

Auch der Straßenbau ist betroffen vom geplanten Streichkonzert. Foto: dapd

10.12.2010

Bibbern vor dem Kahlschlag

Wegen anstehender Stellenstreichungen bei der staatlichen Bauverwaltung fürchtet die Branche um die Qualität auf dem Bau

Der staatlichen Bauverwaltung im Freistaat droht in den nächsten Jahren ein Job-Kahlschlag. 2005 hatte die damalige CSU-Landesregierung beschlossen, bis zum Jahr 2019 mehr als 1000 Stellen zu streichen. Bis Anfang 2009 wurden allerdings erst gut 200 Stellen vor allem beim Straßenbau nicht mehr wiederbesetzt. Wegen der aufwändigen Abwicklung der beiden Konjunkturpakete setzte die Staatsregierung die Streichpläne in den vergangenen beiden Jahren teilweise aus.
Doch in den kommenden neun Jahren sollen laut einem Sprecher des bayerischen Innenministeriums über 800 weitere Stellen wegfallen. „Dabei sind die staatlichen Baubehörden schon heute am Limit“, klagt Matthias Pfeil, Chef des Verbandes der höheren Verwaltungsbeamten. Für Pfeil ist klar: „Die Qualität leidet bereits. Wenn weiter gespart wird, geht das irgendwann auch auf Kosten der Sicherheit der Gebäude.“
Der bereits entstandene finanzielle Schaden sei beachtlich: Viele eigentlich bei den Baubehörden angesiedelte Aufgaben werden an private Dienstleister vergeben. Das Problem: „Nicht jedem freiberuflichen Ingenieurbüro ist genau wie der staatlichen Verwaltung daran gelegen, die Ausgaben bei der Planung eines staatlichen Bauprojekts gering zu halten“, ist Pfeil überzeugt. Doch in der Praxis fehle schon jetzt das Personal, um zu überprüfen, ob Architekten und Ingenieure tatsächlich „die günstigste beziehungsweise beste Wahl getroffen hätten“. Damit stiegen die Kosten für den Steuerzahler.
Fakt ist: Der Anteil der von der Staatsbauverwaltung outgesourcten Dienstleistungen ist erheblich gestiegen: Zahlte der Freistaat in den Bereichen Planung, Bau und Betriebsdienst im Jahr 2005 noch 33 Millionen und Euro an an private Dienstleister oder Freiberufler, waren es im vergangenen Jahr bereits fast 55 Millionen Euro. Im Bereich Hoch- und Tiefbau stiegen die Ausgaben allein von 2007 bis 2009 um 45 Prozent von knapp 115 Millionen auf über 166 Millionen Euro.
Ein Großteil des Stellenabbaus soll den Hoch- und Straßenbau betreffen. Angesichts des erheblichen Bau- und Sanierungsbedarfs des Straßennetzes im Freistaat erscheint dies zumindest gewagt. Pfeil fordert, auf die Streichungen zu verzichten.
Auch die IG Bau hält den Stellenabbau für falsch. „Dadurch werden die Kosten steigen und die Kontrolle der Maßnahmen kann nicht mehr gewährleistet werden“, so ein Sprecher. Unterstützung bekommen die Beamten zudem von den Bayerischen Baugewerbeverbänden. „Sollte der vom Freistaat geplante Stellenabbau realisiert werden, sehen wir die ernste Gefahr, dass die geltenden materiell-rechtlichen Vergaberegelungen in der Praxis wegen Personalmangels nicht mehr angewandt werden können“, sagt deren Sprecher Holger Seit.
Bayern brauche eine funktionierende Bauverwaltung. Der Sprecher sieht bei einer weiteren Personalreduzierung „die Qualität am Bau ernsthaft gefährdet“. Er fürchtet, dass die „Qualität der Ausschreibungen und damit auch die Qualität der Planung von Bauvorhaben und deren Ausführung deutlich leiden“ würde. „Eine jahrzehntelang bewährte Partnerschaft von staatlicher Bauverwaltung und Bauwirtschaft steht auf dem Spiel“, warnt Seit. Auch der Bauindustrieverband lehnt den Stellenabbau ab.

Die CSU will noch weitergehende Kürzungen


Das Innenministerium sieht dagegen keine Gefahr für die Qualität und Sicherheit bayerischer Bauprojekte. „Von einer Überforderung der Staatsbauverwaltung kann nicht gesprochen werden“, sagt ein Sprecher.
Die bislang bekannten Kürzungen bei der Bauverwaltung dürften jedoch erst der Anfang sein. Denn die schwarz-gelbe Koalition will bis zum Jahr 2020 im gesamten Beamtenapparat rund 10 000 Stellen streichen. Teile von FDP und CSU fordern sogar noch weitgehendere Kürzungen. Da im Schulbereich und bei der Polizei – in diesen Bereichen arbeitet der Großteil der 220 000 Staatsdiener – nicht gekürzt werden soll, dürfte vor allem die Verwaltung betroffen sein.
Beamtenvertreter sehen tausende Jobs in der Bauverwaltung gefährdet. Während Baugewerbe-Sprecher Seit Kürzungen in einer solchen Größenordnung „schlicht verantwortungslos“ nennt, heißt es im Innenministerium, es gebe im Haus derzeit keine Überlegungen zu weiteren Personaleinsparungen. (Tobias Lill)

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