Politik

Bayerische Fähnchen in Riad. Auf Seehofers Reise stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. (Foto: dpa)

20.04.2015

Botschaft an den König

Seehofer macht in Saudi-Arabien klar, dass er für Rüstungsexporte in das Königreich ist

Seine vielleicht zentrale Botschaft übermittelt Horst Seehofer König Salman unter vier Augen, ohne Berater und Delegation. Im persönlichen Gespräch mit dem saudi-arabischen Herrscher in dessen Palast in Riad macht der CSU-Chef klar, dass er für Rüstungsexporte in das Königreich ist. Er halte den Weg für richtig, "in verantwortlicher Weise auch mit militärischen Gütern Saudi-Arabien zu helfen", sagt Seehofer nachher vor Journalisten.
Damit ist die Nachricht dieses Tages gesetzt - auch deshalb, weil Seehofer bewusst auf Gegenkurs zu seinem Berliner Koalitionspartner SPD geht: SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte in Berlin durchgesetzt, dass Waffenexporte nach Saudi-Arabien vorläufig ausgesetzt werden müssen.
Seehofer setzt die Nachricht auch im vollen Bewusstsein, dass er auf seiner dreitägigen Arabien-Reise unter besonderer Beobachtung ist. Er hat seinen Termin beim König möglicherweise nicht nur als bayerischer Ministerpräsident bekommen, sondern auch, weil er zu den Spitzen der Berliner Koalition und den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel zählt. Deutsche Spitzenpolitiker sind ohnehin nicht häufig zu Gast: Gabriel war zwar im März in Riad. Merkel aber seit Jahren nicht.
Die gesamte deutsche Politik steht in Riad vor einer Gratwanderung: Auf der einen stehen Milliarden-Geschäfte der deutschen Wirtschaft mit und in dem finanzstarken Land, dem derzeit drittgrößten Erdölproduzenten weltweit. 760 Firmen allein aus Bayern unterhalten Geschäftsbeziehungen ins Königreich, darunter Konzerne wie Siemens oder Linde, aber auch Mittelständler. Und darunter sind eben nicht nur Unternehmen wie eine niederbayerische Firma, die Daunenbetten für Tophotels weltweit produziert, sondern auch Rüstungskonzerne.

Es ist für Seehofer eine große Gratwanderung

Auf der anderen Seite aber steht die schwierige Lage der Menschenrechte in dem Land: Dissidenten werden - so steht es auch im entsprechenden Bericht der Bundesregierung - teils ohne Verurteilung inhaftiert, es werden Geständnisse erzwungen. Frauen werden unterdrückt, freie Meinungsäußerung ist "nur teilweise möglich".  
Das alles müsse Seehofer ansprechen, hatte die bayerische Landtags-Opposition vor der Reise lautstark gefordert. Nach seinem Treffen mit dem König berichtet Seehofer nun, dass er dies auch getan habe. Konkret werden will er aber nicht - und auch nicht sagen, ob er das Schicksal des Bloggers Raif Badawi angesprochen hat, der wegen "Beleidigung des Islams" zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde.  
"Solche Dinge muss man mit Fingerspitzengefühl anfassen", sagt er zum Thema Menschenrechte - ein Seitenhieb auf Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause, die dem CSU-Vorsitzenden im "Spiegel" genau dieses außenpolitische Fingerspitzengefühl abgesprochen hatte. Im Übrigen sei es ihm noch nie auf einer Auslandsreise um Schlagzeilen gegangen.
Bause hatte bei Seehofers Chinabesuch im November auf eigene Faust den Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei getroffen - und damit den Zorn Seehofers auf sich gezogen. Vor der Arabien-Reise hatte Seehofer deshalb gesagt, er sei "allergisch gegen öffentliche Aktionismen".
Nach seinem Gespräch beim König versichert Seehofer nun, es gehe ihm persönlich darum, was "den Menschen in dieser Region am meisten hilft". Er meint stille Diplomatie, und er meint die Stabilisierung der Region gegebenenfalls auch mit Hilfe deutscher Rüstungsexporte. 

Grünen-Chefin Bause: "Es ist beschämend"

Harsche Kritik kommt von Bause: "Es ist beschämend, wenn ein bayerischer Ministerpräsident in ein kriegführendes Land reist, um deutsche Waffenlieferungen regelrecht anzudienen." Seehofer habe entweder keine Ahnung von der Krisensituation im Nahen Osten oder er sei skrupellos, weil ihm Rüstungsgeschäfte wichtiger sind als Menschenleben. "Mit den Waffen, die wir heute an vermeintliche Bündnispartner liefern, wird morgen schon auf Unschuldige und Unbeteiligte gezielt. Zum Glück ist Horst Seehofer nur ein dünnes Stimmchen im Konzert der politischen Entscheidungsträger in Deutschland. Seine Position ist daher ebenso peinlich wie irrelevant", so Bause.
"Wie schwierig die Gratwanderung in Riad ist, wird an Seehofers Worten deutlich: Ihm gehe es erstens darum, durch eine Vertiefung der Beziehungen den Menschen zu "dienen". "Und zweitens keinen Zweifel zu lassen, wo wir stehen - aber auch zu berücksichtigen manche kulturellen und anderen Gegebenheiten, die man nicht aus dem Blick verlieren darf, auch was Traditionen angeht, was die Rechtssetzung hier angeht". Auch all dies dürfe man nicht aus dem Blick lassen.
Dass es um die Rechte von Frauen in der westlichen Welt deutlich besser bestellt ist, wurde im Königspalast aber auch auf andere Weise deutlich. Ein kurzer Versprecher der Dolmetscherin, schon wurde die Amtschefin der Staatskanzlei, Karolina Gernbauer, als "Chefin des Königlichen Hofes" vorgestellt. Seehofer war erkennbar amüsiert. (Christoph Trost, dpa/BSZ) (Bild: Horst Seehofer wird auf dem Gelände der King Saud University in Riad (Saudi Arabien) vom Rektor der Universität Badran al Omar verabschiedet; Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

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