Frauen haben dieses Jahr bis Samstag umsonst gearbeitet. Laut Statistischem Bundesamt verdienen sie mit 15,83 Euro Bruttostundenverdienst durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als Männer. Wird dieser Wert in Tage umgerechnet, kommt der 19. März heraus – der Equal Pay Day. Anlässlich des Aktionstags für Entgeltgleichheit ruft das bayerische Arbeitsministerium Frauen dazu auf: „Seid nicht bescheiden – verhandelt, was ihr wert seid!“ Doch selbst im öffentlichen Dienst des Freistaats haben Frauen mit durchschnittlich 3274,72 Euro am Monatsende 281,21 Euro weniger auf dem Konto als Männer. „Das liegt daran, dass Männer in höheren Besoldungsgruppen sind und mehr Zulagen erhalten“, fasste Tilmann Knittel von der Prognos AG diese Woche den von der Staatsregierung vorgelegten Gleichstellungsbericht im Ausschuss öffentlicher Dienst zusammen.
Insgesamt ist der Frauenanteil in der staatlichen und kommunalen Verwaltung Bayerns seit 2008 um 0,7 auf 56,5 Prozent leicht gestiegen. Doch je höher die Qualifikation, desto niedriger ist der Frauenanteil: Im höheren Dienst liegt er bei 45 Prozent. Im staatlichen Bereich gab es eine Zunahme beim weiblichen Personal um 2,4 Prozent auf 52,4 Prozent – hier sind sogar nur 37,4 Prozent in Führungspositionen. Wenn der Schulbereich herausgerechnet wird, liegt der Anteil nur noch bei 24,7 Prozent. „Festzustellen ist auch, dass bei näherer Betrachtung der Frauenanteil in Führungspositionen gemessen an der jeweiligen Personalstruktur besonders im Schulbereich zurückbleibt“, ergänzt die Ausschussvorsitzende Ingrid Heckner (CSU). Auch haben Chefinnen mit 62,4 Prozent seltener Kinder als Chefs (81,2 Prozent). Und bei der Teilzeit gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede: 57,2 Prozent der Frauen, aber nur 18,8 Prozent der Männer nehmen sie in Anspruch.
Nachholbedarf gibt es auch bei der Erstellung von Gleichstellungskonzepten: Nur 78,4 Prozent der Dienststellen in der öffentlichen Verwaltung sind ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Ebenso haben lediglich 81,7 Prozent der Dienststellen des Freistaats eine/n Gleichstellungsbeauftragte/n ernannt und 42,9 Prozent aller Dienstellen entgegen des Gleichstellungsgesetzes Frauen nie extra aufgefordert, sich auf Führungspositionen zu bewerben. Eine von der Opposition geforderte Verschärfung des Gesetzes lehnte die CSU dennoch ab. Stattdessen soll jedes Ressort Zielvorgaben entwickeln, um wie viel es den Frauenanteil in Führungspositionen bis 2020 erhöhen will. „Das heißt, Lehrerinnen werden weiter im großen Stil schlechter beurteilt, haben weiter schlechtere Karrierechancen und infolgedessen auch geringere Pensionsbezüge als ihre männlichen Kollegen“, schimpft die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann.
Im staatlichen Bereich sind nur 37,4 Prozent der Chefs weiblich
Ob freiwillige Maßnahmen ausreichen, darf bezweifelt werden. In der freien Wirtschaft jedenfalls haben Selbstverpflichtungen wenig gebracht. Daher gilt seit diesem Jahr eine feste Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten der DAX-Konzerne. In Bayern liegt der Anteil laut Arbeitsministerium immerhin bei rund 25 Prozent. Bundesweit erfüllen nur 23,1 Prozent der Unternehmen die Vorgabe. Und in den Vorständen stagniert der Frauenanteil bei 5,5 Prozent – das ergab eine Untersuchung der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR). Bemerkenswert: 23 der 108 befragten Unternehmen, die derzeit keine Frau auf Vorstandsebene haben, gaben als Zielgröße für die Zukunft an: null Prozent. Dabei wären jetzt konkrete Ziele nötig, meint Carola Eck-Philipp von „Wege in den Aufsichtsrat“. „Es gibt genügend qualifizierte Frauen, die wollen und können – man muss sie nur vorschlagen.“
Doch der Bayerische Industrie- und Handelskammertag sieht die Geschlechtervorgabe als einen „Eingriff in die Autonomie der Unternehmen“ und lehnt auch das geplante Bundesgesetz zur Entgeltgleichheit ab. Stattdessen sollen Programme wie „Führung in Teilzeit“ helfen, tradierte Rollenvorstellungen abzubauen. Lohnunterschiede, glaubt die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), erklärten sich fast ausschließlich dadurch, dass Frauen seltener besser bezahlte technische Berufe wählen und längere familiäre Auszeiten haben. Die vbw wünscht sich daher eine „passgenaue Infrastruktur“ für die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen.
Bessere Rahmenbedingungen für Frauen wünscht sich auch die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Bayern, Verena Di Pasquale: „In puncto Betreuung von unter Dreijährigen ist Bayern auf dem drittletzten Platz im Bundesländervergleich“, sagt Di Pasquale der Staatszeitung. Dadurch würden Frauen in eine Teilzeitfalle rutschen, die ihnen eine Karriere erschwert. Die Folgen machen sich auch im Alter bemerkbar: Im Schnitt müssen bayerische Renterinnen mit durchschnittlich 569 Euro Rente pro Monat auskommen – das sind 43 Prozent weniger, als männliche Rentner zur Verfügung haben. (David Lohmann)
Kommentare (3)